ProSiebenSat.1: Tschechischer Investor im Aufsichtsrat
Im Gegensatz zum italienischen Großinvestor MFE sollte die tschechische PPF vorerst nicht in den Aufsichtsrat der ProSiebenSat.1 Media SE einziehen. Das soll sich nun allerdings kurzfristig ändern, denn Erik Huggers wird sein Aufsichtsratsmandat voraussichtlich zum 30. Juni niederlegen. Er will sich künftig auf seine Tätigkeit als Senior Advisor der EQT Group und Chairman mehrerer Portfoliounternehmen konzentrieren.
Richtungsstreit im Aufsichtsrat
Klára Brachtlová zieht für Großinvestor PPF in den Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 ein
Foto: PPF Group
Neues Mitglied im ProSiebenSat.1-Aufsichtsrat wird laut Mitteilung der Sendergruppe Klára Brachtlová. Die tschechische Medienmanagerin ist bislang Chief External Affairs bei der PPF-Mediengruppe Central European Media Enterprises. Zuvor bekleidete sie unter anderem Führungspositionen als Co-CEO und Deputy-CFO beim tschechischen Privatsender TV Nova, welcher ebenfalls zu CME gehört.
Die Personalie ist durchaus pikant, denn wie auch der italienische Hauptaktionär MFE handelt es sich bei PPF/CME um einen strategischen Investor, der eine paneuropäische Mediengruppe betreibt. Beide Anteilseigner werden vermutlich versuchen, ProSiebenSat.1 im Kontext ihrer europäischen Expansionspläne auszurichten. Bei den Italienern ist dies bereits klar, über CME weiß man bislang allerdings nur vergleichsweise wenig.
Langfristiger Investor
PPF-Investmentchef Didier Stoessel betrachtet PPF bei ProSiebenSat.1 als verlässlichen Aktionär mit hoher Expertise im TV-Geschäft. Gleichzeitig sieht er die Sendergruppe jedoch auch als Sanierungsfall. Zumindest in dieser Hinsicht dürfte man mit MFE auf einer Wellenlänge liegen. Auch deren Vertreterin im Aufsichtsrat Katharina Behrends monierte deutliche Managementfehler in der Sendergruppe.
Zwischen den Stühlen sitzt nun ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets. Der Niederländer war vorher Topmanager bei RTL und sollte die schwächelnde Sendergruppe nun wieder auf Kurs bringen. Doch auch er ging wie Vorgänger Rainer Beaujean bislang auf vorsichtige Distanz zu MFE, da man gerade im Bereich Inhalte wenig Synergien mit den Italienern sehe.
Europäischer Streaming-Dienst
Mit CME hingegen gibt es zumindest eine Gemeinsamkeit: Die Tschechen setzen ebenfalls stark auf Digital und on demand. Ihre Streaming-Marke "Voyo" ist derzeit in fünf Ländern aktiv, dementsprechend wäre Joyn in Deutschland und Österreich für CME eine attraktive Ergänzung zum bestehenden Portfolio. Im Gegensatz dazu konzentriert sich MFE immer noch stark auf das lineare TV-Geschäft, im Streaming existieren darüber hinaus verschiedene Marken wie beispielsweise Mediaset Infinity in Italien oder die Online-Plattform "Mitele" von Mediaset Spanien.
Die völlig gegensätzlichen strategischen Interessen bei ProSiebenSat.1 dürften sich nur schwer unter einen Hut bringen lassen, zumal bislang völlig unklar ist, ob und wie beide Großaktionäre ihre Beteiligungen weiter ausbauen wollen. Zumindest für MFE kündigen sich dabei auch politische und wettbewerbsrechtliche Probleme an. Aktuell bleibt MFE bei einer potenziellen strategischen Kontrolle von ProSiebenSat.1 in der Führungsposition.
In einer weiteren Meldung zum Thema geht es um: ProSiebenSat.1: Investor stockt vor Hauptversammlung auf.