MMS: Vodafone hört auf - o2 hat noch kein Datum
Als der digitale Mobilfunk anfing, konnte man über GSM mobil sprach-telefonieren. Mehr ging nicht. Eher als "Abfall-Produkt" wurde dazu zuerst die SMS (Short Message Service), also die Kurznachricht erfunden, und in diesen Tagen vor genau 30 Jahren erstmals im Netz von Vodafone verschickt. Die MMS (Multi Media Service) kam erst später.
Auf die Geschichte der SMS gehen wir noch näher ein, soviel vorab: SMS waren als Kurzinformationen für Handynutzer gedacht, wenn beispielsweise ein Anruf auf der Mailbox vorlag. Die Mailbox sollte Anrufe entgegennehmen, wenn der Kunde im Funkloch ist oder gerade nicht ans Telefon gehen konnte.
MMS bei der Telekom noch mindestens bis Ende 2023, bei o2 bislang unbegrenzt.
Foto: Picture-Alliance/ dpa
Die SMS hatte einen wesentlichen Nachteil: Sie konnte keine Bilder, Töne oder Dateien übermitteln und mobile E-Mail gab es damals auch noch nicht.
MMS als Erweiterung
Also erfand die Branche die MMS (Multi Media Messaging System). Die MMS blieb weit hinter den Erwartungen zurück, denn die Netzbetreiber wollten dafür gruselige 39 Cent pro Nachricht. Beim Roaming im Ausland sollten sogar ankommende Nachrichten etwas kosten. Die Folge: Die MMS wurde von den Kunden kaum genutzt.
Mit dem Auftauchen von Messengern wie WhatsApp und anderer Angebote war das Todesurteil für die MMS gesprochen. Wer etwas zu verschicken hatte, nahm WhatsApp.
iMessage von Apple
Apple iPhone-Nutzer verschicken von ihren Handys eine iMessage. Die hat prinzipiell die gleichen Möglichkeiten wie MMS, aber die Übermittlung von Bildern, Tönen oder Dateien kostet den iPhone-Nutzer nichts, außer dem benötigten Datenvolumen. iMessage funktioniert aber nur zu anderen Apple-Geräten.
Teuer wird es nur, wenn Apple-Nutzer per iMessage an einen Nicht-Apple-Nutzer Anhänge verschicken wollen: Das iPhone schaltet auf MMS um, und 39 Cent sind weg. Man kann das aber tief in den Apple-Einstellungen (unter Nachrichten - SMS/MMS) auch ausschalten.
MMS ist beschränkt
Eine MMS kann maximal 1000 Textzeichen (Character) oder eine Bild- oder Tondatei von maximal 300 kB übertragen. Mehr geht nicht. Heutige Messenger-Dienste können wesentlich mehr.
Ist RCS eine Alternative?
Die Mobilfunkbranche wollte mit RCS-e (zwischendurch auch "Joyn") genannt, eine Alternative zur SMS mit Multimedia-Fähigkeiten schaffen. Der Start war halbherzig und holprig und es hätte pro Nachricht eigentlich Geld kosten sollen. Doch da hatte die kostenlose Messaging-Welt schon Fakten geschaffen.
Apple spielt bei RCS nicht mit
Letzter Anschub für die RCS-Nachrichten war Google, die ihren Messages-Client für Android um RCS ergänzten. Nur Erzkonkurrent Apple spielt bei RCS nicht mit und hat es auch nicht vor.
Das führt zu kuriosen Situationen. Android-Nutzer, die eine Nachricht an Apple-Nutzer schicken, erleben, dass diese Nachricht im Nichts verschwindet, also nicht ankommt. Solange es noch RCS-Programme für Apple gab (z.B. bei der Telekom), konnte man diese "verschwundenen" Nachrichten noch empfangen.
Die Telekom hatte eine spezielle App im Angebot, aber eines Tages war sie aus dem App-Store kommentarlos verschwunden. Niemand weiß, warum oder wieso.
Sucht man im Apple-Appstore nach "RCS" oder "Joyn", bekommt man allerlei Programme, die absolut nichts mit RCS-e (Rich Communication Suite enhanced) zu tun haben. Joyn ist heute beispielsweise ein TV-Angebot der ProSiebenSat1-Grupoe und "RCS" hat eher mit Business-Management zu tun.
Im Netz der Telekom kann RCS (mit Android) weiter genutzt werden, wenn man Kunde bei Original Telekom oder den meisten Service-Providern oder Discount-Marken ist, außer bei Kaufland Mobil - da geht es offenbar nicht. Insider berichten, dass die Kaufland-Gruppe "vergessen" hätte, diesen Dienst bei der Telekom zu bestellen. Offenbar sieht man dort auch keinen Sinn drin, weil die Einrichtung des Dienstes wohl extra kosten würde und eine Bepreisung "schwierig" wäre.
Wann kommt das Ende für MMS?
Schon öfters hatten verschiedene Netzbetreiber das Ende von MMS angekündigt. Einige genannten Termine wurden immer wieder verschoben. Wir haben sicherheitshalber nochmal aktuell nachgefragt.
Telekom: Mindestens bis 31.12.2023
Die Telekom wollte ursprünglich am 31.12.2022 aufhören, machte dann aber einen Rückzieher. Auf aktuelle Nachfrage wurde bestätigt, dass der Dienst - "vorbehaltlich einer Verlängerung" – bis zum 31.12.2023 möglich sei. Wer es uns nicht glaubt, kann das in einem AGB-Dokument als Hinweis am Fuß von Seite 6 [Link entfernt] nachlesen: Dort sieht man auch den Preis: 39 Cent das Stück im deutschen Netz der Telekom und 79 Cent das Stück im Roaming-Fall.
Vodafone: Definitiv Ende "ab Januar 2023"
Vodafone hat am 27.11.2022 nochmals offiziell bestätigt, den MMS-Dienst "ab Januar 2023" abzuschalten (siehe ganz am Ende des SMS-Artikels). Ob das der 31.01.23 oder ein Datum im Februar oder später sein wird, bleibt offen.
Telefónica (o2): Kein Enddatum
Telefónica (o2) Germany hat bislang kein Enddatum bekannt gegeben, wie uns das Unternehmen auf Anfrage bestätigte. Aus formalen Gründen sei es aber denkbar, das in künftigen Tarifdokumenten doch ein vorläufiges Datum auftauchen könne, das sich dann aber verlängern lasse. Genauere Pläne gebe es nicht.
Nach Januar 2023: Wo landen MMS an Vodafone-Kunden?
Die wenigen Nutzer, die noch MMS verschicken, stellen sich nun die Frage, was denn passiert, wenn (un)bewusst an einen Vodafone-Kunden eine MMS geschickt werden soll, dieses Netz aber diesen Dienst nicht mehr anbietet?
MMS kommen als SMS-Info an
Vodafone-Kunden, die keine MMS mehr empfangen können, werden eine Text-SMS von Telekom bzw. o2 bekommen. Darin ist ein Link aufgeführt, plus ein Einmal-Passwort. Der Nutzer muss dann auf einem Smartphone oder am heimischen PC den Link aufrufen, die eigene Rufnummer im internationalen Format 0049 und das übermittelte Passwort eingeben, und kann die Nachricht lesen und ggfs. auch herunterladen.
Auch iPhone-Nutzer, die den MMS-Dienst aus Kostengründen deaktiviert haben, werden diese SMS bekommen (auch im Telekom- oder o2-Netz).
Gefahr durch Malware-Spammer
Vorsicht ist geboten, denn diese "Lücke" könnten Spam-Versender mit bösen Absichten ausnutzen. So könnten verstärkt SMS-Nachrichten auf dem Handy eingehen, die zum Herunterladen einer Zusatz-App auffordern, um anstehende Nachrichten empfangen zu können.
Ganz klar: Das Laden einer Zusatz-App ist absolut unnötig und auch gefährlich. Meist enthalten diese Apps nur eine Malware, die das eigene Smartphone ausspionieren oder auf eigene Kosten den unsichtbaren SMS-Versand oder gar den Anruf überteuerter Mehrwert-Rufnummern (oft als Kurzwahl) auslöst.
Wann ist mit MMS generell Schluss?
Wenn Vodafone im Januar 2023 "Ernst" gemacht hat, ist davon auszugehen, dass Telekom und o2 gegen Jahresende 2023 wohl gleiches durchführen werden.
Vodafone-Technik-Chefin Tanja Richter findet, "die MMS hat im Vergleich zur SMS immer ein Schattendasein geführt. Die Technik ist veraltet und der Kundennutzen minimal. Bilder und Videos werden heute fast ausschließlich per Messenger an einzelne Empfänger oder Gruppen versendet". Womit sie absolut recht hat.
Was passiert, wenn WhatsApp ausfällt, hat o2 untersucht.