Bunter Lernspaß auf dem Tablet: Was Lern-Apps für Kinder taugen
Conni Buchstaben von Carlsen Verlag GmbH
Screenshot: Apple App Store über carlsen.de
Tablet-PCs und Smartphones werden vermehrt auch von
Kindern und Jugendlichen genutzt. Dabei steht nicht nur das Spielen und
Surfen im Internet im Mittelpunkt. Auch Apps für das Lernen mit
iPad und Co. finden immer häufiger
Verwendung. Die Anwendungsprogramme bringen den Lernstoff dem
Kind dabei interaktiv näher und ein Tippen mit dem Finger genügt
bereits, um die nächste Aufgabe oder eine neue Oberfläche zu
öffnen. Experten warnen jedoch davor, zu viel
mit diesen sogenannten Lern-Apps zu üben.
Conni Buchstaben von Carlsen Verlag GmbH
Screenshot: Apple App Store über carlsen.de
Ein Herausgeber dieser Lern-Apps ist beispielsweise der
Cornelsen-Verlag. Zum Portfolio des Verlages gehört unter anderem
auch die Anwendung "Lernsnacks" - Mathe-Apps für 13- bis 17-Jährige,
wie Nico Enger, Sprecher der Cornelsen-Schulverlage in Berlin
erklärt. Zins- und Prozentrechnungen können damit ebenso geübt
werden wie binomische Formeln und Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Doch auch Grundschulkinder können laut Enger mit den modernen Programmen lernen: Mit den Bildwörterbuch-Apps sollen Sechs- bis Zehnjährige ihre ersten Worte in Englisch, Spanisch, Italienisch oder Französisch pauken können. Ähnliche Programme gibt es bei anderen Anbietern, darunter solche, bei denen Kinder Tierstimmen zuordnen können oder eine Uhr lesen lernen.
Angebot genau prüfen
Das Angebot diverser Lern-Apps ist recht unübersichtlich und sollte daher vor einer Entscheidung genau geprüft werden. "Gezielt eingesetzt und als zusätzliches spielerisches Element können Apps durchaus ihre Berechtigung haben", findet Prof. Gudrun Schwarzer, Leiterin der Abteilung für Entwicklungspsychologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
"Ich finde es aber erschreckend zu sehen, welche fundamentalen Dinge teilweise über eine App angeboten werden." Immerhin sollten Kinder vieles auch gemeinsam mit ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen lernen. "Es geht ja nicht nur um die Vermittlung von Wissen, sondern auch um die emotionale und soziale Ebene." So sei es etwas anderes, Tierstimmen mit seinen Eltern zu lernen als mit dem Handy. "Zu früh sollte man Apps keinesfalls einsetzen."
In anderen Fällen könnten Apps aber nützlich sein. "Wenn Kinder und Jugendliche keine Lust auf das Lernen bestimmter Dinge haben, können Apps von Vorteil sein, weil sie die Lust der Mädchen und Jungen auf schnelle und effektreiche Visualisierung befriedigen", sagt Schwarzer. Das könne beispielsweise beim Vokabellernen und bei Rechenaufgaben helfen. "Das ist relativ stupides Lernen und Abfragen, das mit einer App attraktiver wirken kann."
Die Grenzen der Lern-Apps
CoboCards Karteikarten für iOS
Screenshot: Apple App Store über cobocards.com
Bei komplexeren Sachverhalten stoßen Apps allerdings an ihre
Grenzen. "Apps könnten geeignet sein für Dinge, die man mechanisch
lernt", sagt Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes in
Berlin. "Doch komplexere Aufgaben wie eine Textanalyse für den
Geschichtsunterricht oder eine Analyse für das Fach Deutsch kann man
damit nicht lösen." Entwicklungspsychologin Schwarzer ergänzt:
"Besonders bei den Anforderungen in höheren Schuljahren können Apps
nicht viel nützen."
Kraus, Schulleiter eines Gymnasiums im bayerischen Kreis Landshut, sieht ein weiteres Problem: "Wir haben in jedem Bundesland andere Lehrpläne, die sich teilweise auch noch von Schule zu Schule unterscheiden." Die Folge: Ein Neuntklässler in Hamburg muss möglicherweise andere Vokabeln lernen als ein Neuntklässler seiner Nachbarschule oder in Köln.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass Apps so differenziert angeboten werden", sagt Kraus. Eine App mache jedoch nur dann richtig Sinn, wenn sie auf den Lehrplan der betreffenden Schule abgestimmt sei. Zum Beispiel, wenn man die benötigten Vokalen selbst speichern und die App wie Karteikarten zum Abfragen nutzen könne. Er rät daher: "Am besten die Lehrer des Kindes fragen, was sie für sinnvoll halten."
Doch auch dann sollten Eltern keine Wunder erwarten. "Kinder werden ihre Handys immer mehr für kommunikative Zwecke nutzen als fürs Lernen", sagt Kraus. "Sie werden wohl nicht im Bus oder im Zug in Lerneifer ausbrechen und dafür ihr Handy nutzen." Zu Beginn gebe es zwar durchaus einen Neugier-Effekt mit dem Handy zu lernen. "Doch schon bald wird das Gerät wieder interessanter zum SMS-Schreiben und Telefonieren."
Apps haben darüber hinaus auch noch einen anderen Haken. "Meine Sorge ist, dass Schüler so vermittelt bekommen 'Alles Lernen geht häppchenweise'", sagt Kraus. Die Vision vom spielerischen Lernen habe sich bisher jedoch immer zerschlagen. "Lernen wird auch mit einer App nicht wirklich attraktiver. Lernen geht nicht ohne Anstrengung und Mühe."
Umgang mit Apps üben
Eltern sollten nicht nur die Apps für ihre Kinder genau aussuchen. Sie sollten ihnen auch den Umgang damit beibringen, sagt Entwicklungspsychologin Gudrun Schwarzer. "Je jünger Kinder sind, desto mehr Betreuung brauchen sie, wenn sie mit einer App lernen." Wichtig sei, dass Mädchen und Jungen erkennen, wo ihre Schwächen und Lücken sind und wie sie einen zu lernenden Stoff strukturieren müssen. "Das bringt einem die App nicht bei."