Hintergrundgespräch

Kabel Deutschland bereitet eigenes Mobilfunk-Angebot vor

Noch in diesem Jahr stellt KDG auf höhere Internet-Bandbreite um
Von Björn Brodersen

Der Kabelnetz-Betreiber Kabel Deutschland (KDG) steht in den Startlöchern: Für die kommenden Wochen und Monate plant der größte deutsche Kabel-Internet-Anbieter die Einführung zahlreicher neuer Produkte, unter anderem wird noch in diesem Jahr die Bandbreite für die schnellen Internetanschlüsse weiter angehoben, das bestehende Triple-Play-Angebot (Fernsehen, Internet, Telefon) um Mobilfunk ergänzt und ein Video-on-Demand-Dienst eingeführt. Zusätzlich will Kabel Deutschland neben den drei bestehenden weitere HD-Sender in sein Fernsehprogramm aufnehmen, die Verbreitung digitaler Videorekorder mit Timeshift-Funktion vergrößern und die Programmierung des Videorekorders von unterwegs ermöglichen. Das erklärte Dr. Adrian von Hammerstein, Vorsitzender der KDG-Geschäftsführung, bei einem Gespräch im Vorfeld des Cable Congress in Berlin.

Noch in diesem Jahr Datenübertragungsraten von über 50 MBit/s

Dr. Adrian von Hammerstein, Foto: KDG Zum Start eines eigenen Mobilfunk-Angebots machte von Hammerstein uns gegenüber keine weiteren Angaben. Dies lässt vermuten, dass die Planungen zum Quadruple-Play schon weit gediehen sind und mit einer offiziellen Ankündigung schon bald gerechnet werden kann. Bereits in der Vergangenheit hatte es Spekulationen über Handy-Anschlüsse von Kabel Deutschland gegeben. Im Oktober 2007 hatte von Hammerstein ebenfalls vor Journalisten erklärt, KDG verhandle mit Mobilfunkbetreibern. Als möglicher Partner des Kabel-Internet-Anbieters stand damals vor allem der Name E-Plus im Raum. Laut einem Bericht des Handelsblatts vom Dezember 2008 hat auch der Düsseldorfer Mobilfunknetzbetreiber Vodafone Interesse an einer Übernahme von KDG gezeigt. "Bislang haben wir keine Notwendigkeit für eigene Mobilfunkanschlüsse gesehen, doch jetzt arbeiten wir intensiv an einem solchen Angebot", versicherte von Hammerstein jetzt.

Unabhängig davon wird Kabel Deutschland noch in diesem Jahr mit der Aufrüstung auf DOCSIS 3.0 beginnen und die Bandbreite in seinem Kabelnetz auf jenseits 50 MBit/s im Downstream erhöhen. Damit erreicht Kabel Deutschland höhere theoretische Datenübertragungsraten als die Deutsche Telekom in ihrem in 50 Städten zumindest teilweise ausgebauten VDSL-Netz. Auf lange Sicht sieht sich der Kabelnetz-Betreiber fürs Thema Bandbreite bestens gerüstet: "Das TV-Kabel ist für Datenraten von bis zu 5 GBit/s ausgelegt", erläuterte von Hammerstein. "Ein großer Teil davon wird für die Übertragung von TV-Programmen genutzt, ein zunehmender Teil jedoch auch für interaktive Dienste wie Internet und Telefon." Zum Vergleich: VDSL2 kann auf 30 MHz beziehungsweise 0,1 GBit/s zurückgreifen.

Der Kabel-Internet-Standard DOCSIS 3.0 (Data Over Cable Service Interface Specification) wurde bereits im vergangenen Jahr in einem Feldversuch in Hamburg getestet, wobei Datenübertragungsraten von bis zu 200 MBit/s erreicht wurden. Von Hammerstein wies im Gespräch auf den Kostenvorteil bei der Umstellung auf höhere Datenraten gegenüber dem Netzausbau bei VDSL hin: "Die Netzaufrüstung für VDSL kostet rund 300 Euro pro Haushalt, die Aufrüstung von DOCSIS 2.0 auf DOCSIS 3.0 nur rund 30 Euro pro Haushalt", rechnete er vor. Der Kostenunterschied rühre daher, dass für die Aufrüstung im bereits rückkanalfähigen Kabelnetz lediglich Hard- und Software-Upgrades notwendig seien, jedoch keine zusätzlichen Tiefbauarbeiten.

Marktanteil von 20 Prozent am Breitbandmarkt bis 2013 anvisiert

Weitere Vorhaben bei Kabel Deutschland: Das Unternehmen will laut seinem Geschäftsführer die Digitalisierungsquote von derzeit 20 Prozent weiter steigern und mehr Videorekorder mit Timeshift-Funktionen, mit denen zeitversetztes Fernsehen möglich ist, unter die Kunden bringen. "Mit diesen Geräten steigt die Kundenzufriedenheit", berichtete von Hammerstein, "und die Boxen werden immer besser." Zu einem noch nicht bekannten Zeitpunkt sollen Kunden auch die Möglichkeit haben, unterwegs per Internetzugriff aufs Kundenportal den Elektronischen Programmführer (EPG) einzusehen und den heimischen Videorekorder zu programmieren. Ebenfalls noch keine Einführungstermine nannte von Hammerstein zu den angekündigten neuen HD-Sendern und dem in Vorbereitung befindlichen Video-on-Demand-Angebot. HD-Fernsehen sieht von Hammerstein als den Treiber für die Nachfrage nach mehr Bandbreite.

Kabel Deutschland gewinnt nach eigenen Angaben zurzeit täglich 2 000 neue Kunden für Breitband per Fernsehkabel hinzu. Das bis Ende März anvisierte Geschäftsjahresziel von 750 000 Neukunden habe das Unternehmen bereits übertroffen. Zusammen besitzen die deutschen Kabelnetz-Betreiber mit 1,8 Millionen Breitband-Kunden einen Marktanteil im deutschen Breitbandmarkt von acht Prozent, so von Hammerstein. Über die Hälfte der Neukunden seien abwandernde Kunden von DSL-Providern. Der KDG-Chef ist der Ansicht, dass die Kabelanbieter bis 2013 einen Marktanteil von 15 bis 20 Prozent am deutschen Breitbandmarkt erreichen könnten. Als Wettbewerber sieht er auf längere Sicht drei bis vier große, international operiernde Telekommunikationskonzerne aus dem Festnetz- und DSL-Bereich.

Im Rahmen ihrer Breitband-Strategie will die Bundesregierung bis zum Jahr 2010 allen Haushalten in Deutschland Zugang zum Internet mit einer Bandbreite von mindestens 1 MBit/s im Downstream sowie bis 2014 75 Prozent aller Haushalte Zugang zum schnellen Internet mit mindestens 50 MBit/s verschaffen.

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