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Viber-Messenger: Kann er WhatsApp & Signal einholen?

Der über­wie­gend in Asien und Osteu­ropa verbrei­tete Messenger Viber schickt sich an, auch in Deutsch­land dem Platz­hirsch WhatsApp Markt­anteile abzu­jagen. Ob und wie das gelingen kann, darüber unter­halten wir uns mit Nadav Melnick, VP Product von Viber.
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Interview zum Viber-Messenger Interview zum Viber-Messenger
Bild: Rakuten Viber
Schaut man sich die welt­weit am meisten genutzten Smart­phone-Messenger an, kann die Statistik je nach Region ganz anders aussehen. Beispiel Asien: Obwohl dort natür­lich auch WhatsApp, Tele­gram, Skype und der Face­book-Messenger viel genutzt werden, gibt es dort Schwer­gewichte wie die Messenger WeChat, Line, Viber oder Tencent QQ. Diese werden in Europa hingegen deut­lich weniger genutzt, höchs­tens noch von Personen, die regel­mäßig persön­liche Kontakte nach Asien haben.

Was muss ein Messenger nun bieten, der sich anschickt, vermehrt den euro­päi­schen Markt zu erobern? Viber möchte genau das - und hat dazu anläss­lich der Querelen um die neuen WhatsApp-AGB auch in Deutsch­land eine Kampagne gestartet. Der inzwi­schen zum japa­nischen Riesen-Konzern Rakuten gehö­rende Messenger Viber hat mitt­ler­weile auch in osteu­ropäi­schen Ländern, Russ­land, Indien und im Mitt­leren Osten einen gewissen Markt­anteil erobert. Welt­weit hat die App nach eigenen Angaben rund 250 Millionen aktive Nutzer und ist auf 13 Prozent aller west­euro­päi­schen Smart­phones instal­liert. In Europa zählen aller­dings inzwi­schen Signal, Threema und Tele­gram zu den belieb­testen WhatsApp-Alter­nativen.

Interview zum Viber-Messenger Interview zum Viber-Messenger
Bild: Rakuten Viber
Viber wirbt damit, als WhatsApp-Konkur­rent Funk­tionen wie Ende-zu-Ende-Verschlüs­selung, versteckte und sich selbst­zer­stö­rende Chats, editier­bare Nach­richten sowie Kurzum­fragen in Grup­pen­chats mitzu­bringen. Über die Funk­tion Viber Out können die Nutzer (ähnlich wie bei Skype Out) bezahl­bare Auslands­gespräche zu Bekannten ohne Viber-Messenger führen. Doch reicht das, damit Viber in Deutsch­land weiter Fuß fassen kann - und was muss der Messenger sonst noch bieten? Darüber haben wir uns mit Nadav Melnick, VP Product von Viber unter­halten:

teltarif.de: Inwie­weit kann sich Viber in Europa erfolg­reich gegen die wich­tigsten WhatsApp-Alter­nativen Signal und Threema posi­tio­nieren?

Nadav Melnick: Heut­zutage gibt es unzäh­lige Messa­ging-Apps. Die Bedürf­nisse der Menschen ändern sich ständig, und so auch der Markt. Neben einigen großen Face­book-eigenen Apps sind wir eine der größten alter­nativen Messa­ging-Apps der Welt. Viber ist derzeit auf 13 Prozent aller west­euro­päi­schen Smart­phones instal­liert und allein die Viber-Commu­nity in Deutsch­land hat 535.000 Follower. In anderen euro­päi­schen Ländern wie Weiß­russ­land, Bulga­rien, Grie­chen­land, Serbien und der Ukraine hat Viber einen Markt­anteil von mehr als 90 Prozent. In den Märkten, in denen wir nicht domi­nieren, konkur­rieren wir haupt­säch­lich mit Platt­formen, die Face­book gehören. Wir haben Viber so weit wie möglich von Face­book distan­ziert. Wir haben die Inte­gra­tion mit der GIF-Such­platt­form GIPHY entfernt, die vor einiger Zeit von Face­book gekauft wurde.

Viber ist eine der wenigen Messa­ging-Platt­formen, die es geschafft haben, profi­tabel zu sein, indem sie nicht dem WhatsApp-Geschäfts­modell folgen - wir sammeln keine Daten und sind voll­ständig GDPR-konform. Viber ist ein Dienst, der als VoIP-App begann und allmäh­lich um Dinge wie Text­nach­richten, Sprach­anrufe, Grup­pen­nach­richten und Grup­pen­video­anrufe, voll­ständig synchro­nisierte Desktop- und Mobil-Apps und vieles mehr erwei­tert wurde. Wie andere Dienste ist auch Viber End-to-End-verschlüs­selt, verfügt aber über einzig­artige Funk­tionen wie AR-gesteu­erte Selfie-Lenses (in Part­ner­schaft mit Snap­chat), Gruppen-Video­anrufe und eine "Commu­nities"-Funk­tion, bei der es sich im Grunde um ein soziales Netz­werk handelt, in dem Menschen auf der ganzen Welt bestimmte Themen von Inter­esse disku­tieren können.

Was kann Viber besser machen als Signal und Threema?

Viber hat einige Funk­tionen, die Threema nicht hat. Schauen wir uns auch Signal an, wie Sie vorge­schlagen haben. Wir haben einige groß­artige Kern­funk­tionen und prak­tische Features, die Nutzer dazu bringen, unsere App anderen vorzu­ziehen. Viber ist eine voll­wer­tige Kommu­nika­tions-App: Egal, ob man per Text, Sprache, Video oder Augmented Reality kommu­nizieren möchte. Egal, ob es sich um einen Frei­zeit-Chat oder um die Arbeit handelt. Wir stellen zum Beispiel fest, dass Viber ein Zuhause für Commu­nities ist, die rele­vante Nach­richten, eine Akti­vität oder eine Leiden­schaft verfolgen - zum Beispiel haben wir sehr enga­gierte Nutzer in unserer World Wilder­ness Fund 1,1M Commu­nity, die sich intensiv mit Umwelt­themen ausein­ander­setzen und austau­schen. Wir sind die Heimat für einige der größten Commu­nities wie den Fußball­club Barce­lona, und wir helfen Orga­nisa­tionen wie der Welt­gesund­heits­orga­nisa­tion, Menschen auf der ganzen Welt zu infor­mieren.

Wurde die Ende-zu-Ende-Verschlüs­selung inzwi­schen externen Audits (Sicher­heits­über­prü­fungen) unter­worfen? Falls nein: warum nicht?

Wir haben in der Vergan­gen­heit mehrere externe Audits für unsere E2EE-Imple­men­tie­rung durch­geführt, aber wir veröf­fent­lichen sie nicht. Die Veröf­fent­lichung eines Algo­rithmus würde Sicher­heit ad absurdum führen, da zum Beispiel Spammer dann wüssten, wie sie unsere Systeme umgehen und Nutzer*innen angreifen können. Wir über­wachen Viber Commu­nities auf die Verbrei­tung ille­galer oder schäd­licher Inhalte in öffent­lichen Foren, wir können und werden jedoch nicht auf die privaten Unter­hal­tungen der Nutzer*innen zugreifen oder diese analy­sieren. Wir verlassen uns darauf, dass Viber Commu­nities uns auf Inhalte aufmerksam machen, die gegen unsere Nutzungs­bedin­gungen verstoßen. Wir glauben, dass Verbrau­cher*innen ein Recht auf sichere, private Unter­hal­tungen haben und dass eine stan­dard­mäßige End-to-End-Verschlüs­selung die einzige Möglich­keit ist, um sicher­zustellen, dass die Nach­richten und Inhalte der Nutzer*innen privat bleiben. Wir sehen keinen Nutzen für die Gesell­schaft oder die Welt im Abfangen und Über­wachen der persön­lichen Kommu­nika­tion von Privat­per­sonen.

Wird die Ende-zu-Ende-Verschlüs­selung inzwi­schen für Nutzer aller Soft­ware-Versionen ange­boten?

Alle privaten Nach­richten werden verschlüs­selt, wenn sie über das Internet vom Absender zum Gerät des Empfän­gers gesendet werden, und dies gilt für alle Soft­ware­ver­sionen seit 2016. Die Verschlüs­selungs­schlüssel befinden sich ausschließ­lich auf den Endge­räten. Das bedeutet, dass keine dritte Partei - auch nicht Viber - die gesen­deten Nach­richten lesen kann. Nichts, was zuge­stellt wurde, wird auf Viber-Servern gespei­chert. Die Ende-zu-Ende-Verschlüs­selung wird auto­matisch für alle privaten Chats, Grup­pen­chats und persön­liche Viber-Sprach- und Video­anrufe einge­stellt. Private Unter­hal­tungen auf Viber können nicht für das Ad-Targe­ting verwendet werden.

Plant Viber, seinen Nutzern eine plau­sible Abstreit­bar­keit zu bieten (d.h. eine Nutzung ohne Daten­spuren, die von Geheim­diensten und Ermitt­lungs­behörden zurück­ver­folgt werden können)?

Viber bietet stan­dard­mäßig End-to-End-Verschlüs­selung für private Chats, und wir können diese Gespräche weder lesen noch Dritten Zugang dazu gewähren. Wir arbeiten mit demo­kra­tischen Ländern zusammen, wenn wir dazu beitragen können, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, ohne dabei unsere End-to-End-Verschlüs­selung zu gefährden.

Gewährt Viber Geheim­diensten und Ermitt­lungs­behörden Zugriff auf die Kommu­nika­tion?

Nein. Eine durch­gän­gige Verschlüs­selung bedeutet auto­matisch, dass wir dies nicht tun.

Wird es in Zukunft möglich sein, Viber webba­siert im Browser zu nutzen (wie WhatsApp oder Threema)?

Derzeit planen wir nicht, daran zu arbeiten, aber wir sind immer bestrebt, unser Angebot zu verbes­sern und zu erwei­tern.

Mit wie vielen Personen ist aktuell ein Video-Grup­pen­anruf bei Viber möglich und soll das in Zukunft erwei­tert werden im Hinblick auf größere Video-Konfe­renzen?

Aktuell unter­stützt Viber bis zu 35 Teil­nehmer*innen in einem Video­anruf und wir wollen unser Angebot in abseh­barer Zeit für mehr Teil­nehmer*innen erwei­tern.

Herr Melnick, vielen Dank für das Gespräch!

Nicht beant­worten wollte der Manager die Frage, ob der Quell­code von Viber inzwi­schen komplett Open Source ist (Client- und Server-Soft­ware) und falls nein, warum nicht.

Wer bei der Nutzung eines Messen­gers viel tippen muss, nutzt diesen viel­leicht lieber mit Tastatur am Computer. Wir zeigen, wie es bei welcher App geht.

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