David gegen Goliath

Jolla, Mozilla und Canonical greifen Google und Apple an

Der Mobile World Congress wurde von Jolla, Mozilla und Canoncial genutzt, um ihre alternativen Betriebssysteme für Smartphones und Tablets zu präsentieren. Sie alle haben eines gemein: Sie buhlen um Marktanteile, jeder geht dabei aber seinen eigenen Weg.
Von dpa / Kaj-Sören Mossdorf

Alternative Betriebssysteme. Alternative Betriebssysteme
Bild: Jolla, Canonical, Mozilla / Montage: teltarif.de
Im Geschäft mit Smartphones kommt man derzeit nicht an Google und Apple vorbei. Mehr als 93 Prozent aller Computerhandys, die 2013 ausgeliefert wurden, liefen mit iOS von Apple oder einer Variante des Android-Systems von Google. Doch auf dem Mobile World Congress in Barcelona haben sich zahlreiche Davids in Stellung gebracht, um den beiden Goliaths Marktanteile abzujagen.

Welches Betriebssystem auf dem eigenen Handy läuft ist wichtig, weil Apps daran angepasst werden. Nutzer wollen Auswahl und die neuesten Zusatzprogramme, die Entwickler der Apps wollen wiederum möglichst viele Handybesitzer erreichen. Das stärkt die Stellung der beiden Marktführer: Weil die Systeme von Google und Apple auf Millionen Geräten laufen, gibt es für sie auch die meisten Apps.

Phönix aus der Asche: Ehemalige Nokia-Mitarbeiter entwickeln Sailfish OS

Alternative Betriebssysteme. Alternative Betriebssysteme
Bild: Jolla, Canonical, Mozilla / Montage: teltarif.de
Die kleinen Angreifer wollen dennoch Nutzer für sich gewinnen. Da ist zum einen Sailfish. Das Betriebssystem wird von der finnischen Firma Jolla entwickelt, die größtenteils aus ehemaligen Mitarbeitern von Nokia besteht. Jolla vertreibt ein eigenes Handy, das Jolla-Phone. Bisher lief Sailfish nur auf diesen Handys - außer, Nutzer installieren das Betriebssystem selbst auf ihren Android-Geräten. Das ist nicht ganz einfach und zumindest in Europa weitgehend unbekannt, gibt Jolla-Ingenieur Carsten Munk zu.

Innerhalb der kommenden sechs Monate will Jolla daher eine Version des Programms kostenlos zum Herunterladen auf der Firmenwebseite zur Verfügung stellen. Sie kann direkt auf Android-Handys installiert werden. Jolla zielt damit besonders auf ältere Geräte, die von den Herstellern nicht mehr mit neuer Software versorgt werden. "Viele dieser Geräte sind immer noch vollkommen in Ordnung", sagt Munk. Ihnen will Jolla mit Sailfish neues Leben verschaffen.

Der Clou: Auf Sailfish laufen auch Apps, die für Android-Geräte entwickelt wurden. Nur für ihre Installation müssen Nutzer einen Umweg machen. Denn eine Vereinbarung mit Google, die Zugang zum offiziellen App-Store Google Play gewähren würde, hat Jolla nicht.

Wir haben uns das neue Betriebssystem auf dem MWC angeschaut und werden in Kürze einen Artikel mit unseren Eindrücken veröffentlichen.

Mozillas Firefox OS ist auf Schwellenländer ausgerichtet

Mozilla entwickelt neben dem Firefox-Internetbrowser auch das Handysystem Firefox OS. Dafür wurden auf der Mobilfunkmesse in Barcelona zahlreiche neue Geräte vorgestellt, etwa von ZTE, Alcatel und LG. Zwar sind die Geräte besser ausgestattet als ihre Vorgänger, bleiben aber deutlich hinter aktuellen Spitzenmodellen zurück.

Mozilla konzentriert sich mit ihrem Vorstoß vor allem auf Schwellenländer. Hier werden in den nächsten Jahren Millionen Menschen von einfachen Klapphandys auf internetfähige Smartphones umsteigen, erwarten Marktforscher. Dabei werden vor allem einfache Geräte gefragt sein. Die Stiftung arbeitet deshalb hart daran, die Preise für einfache Smartphones zu senken. So soll es in naher Zukunft ein Smartphone mit Firefox OS für 25 US-Dollar geben. "Wir haben uns die Herausforderung vorgenommen, mit günstigen Handys zu starten", sagte die Vorsitzende der Mozilla-Stiftung, Mitchell Baker.

Das könnte aufgehen. "Firefox OS hat die besten Chancen von allen alternativen Betriebssystemen", sagt Analystin Annette Zimmermann von dem Marktforscher Gartner. "Die Strategie wird aber weitgehend nur für Schwellenländer funktionieren."

Aber auch größere Hersteller interessieren sich für das Betriebssystem. Vergangene Woche stellten beispielsweise ZTE das Open C, Huawei das Y530 und LG das Fireweb vor. Alcatel One Touch, einem der ersten Hersteller, der Firefox-OS-Smartphones produzierte, stellte gleich drei Geräte vor. Auch der Pionier Geeksphone stellte mit dem Revolution vor kurzem ein Smartphone vor, das sowohl mit Android als auch Firefox OS läuft.

Ubuntu Phones sollen bis Ende des Jahres kommen

Ubuntu-Handys sollen dagegen auch Kunden in Industrieländern ansprechen. Wie bei dem finnischen Sailfish konnten bisher nur Kenner die Software auf ihren Geräten installieren. Bis Ende des Jahres soll es nun eigene Ubuntu-Handys geben. Sie seien für Menschen, "die eine offene Plattform zu schätzen wissen", sagt Rick Spender, Chefentwickler bei der hinter Ubuntu stehenden Firma Canonical. Der Quellcode für Ubuntu Phone ist, ähnlich wie bei Jollas Sailfish OS, im Internet veröffentlicht. "Es gibt einen großen Hunger nach Alternativen zu iOS und Android", sagt Spencer.

Das bestätigt Gartner-Analystin Zimmermann. Hersteller von Android-Geräten hätten es immer schwerer, sich von der Konkurrenz abzusetzen. Doch letztlich entscheiden die Käufer. "Der Nutzer will, dass seine verschiedenen Geräte wie Tablet und Smartphone miteinander funktionieren, und bald kommen noch weitere Geräte wie Fitnessbands und Smart Watches dazu." Entscheidend sei daher, dass die Geräte untereinander verbunden werden können.

Wir haben uns eine Version des Betriebssystems auf einem Google Nexus 4 auf dem MWC angesehen. Besonders überzeugen konnte uns das Bedienkonzept. Wo es noch hakt und worauf sich potenzielle Kunden freuen können, lesen Sie in unserem kurzen Test zu Ubuntu Phone.

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