Breitbandausbau

Glasfaserausbau: Es geht auch ohne den Staat

Bund und Länder helfen dort dem Glas­faser­ausbau auf die Sprünge, wo Netz­betreiber dankend abwinken. Steu­ergelder sind immer knapp, weshalb der privat­wirt­schaft­liche Ausbau viel Applaus einheimst. Die Korken knallten unlängst im Neckar-Oden­wald-Kreis und der Region Heil­bronn-Franken.
Von Marc Hankmann

Diese Region umfasst neben der Stadt Heil­bronn 111 Kommunen in den Land­kreisen Heil­bronn und Schwä­bisch Hall sowie im Hohen­lohe- und Main-Tauber-Kreis. Die Deut­sche GigaNetz hat nach eigenen Angaben für den Bau eines FTTH-Netzes bereits „eine Viel­zahl von Städten und Gemeinden“ unter Vertrag genommen. Konkret nennt sie aber nur Abstatt, Bracken­heim, Neckar­sulm und Unter­grup­pen­bach, wo die Bürge­rinnen und Bürger derzeit über die Ausbau­pla­nungen infor­miert werden. Für den Glas­faser­anschluss verlangt die Deut­sche GigaNetz eine Vorver­mark­tungs­quote von 35 Prozent der Haus­halte einer Kommune. Sie wirbt mit einem Preis­vor­teil von bis zu 1990 Euro, da sie die Verle­gekosten über­nimmt.

Die Deut­sche GigaNetz ist in der Region Heil­bronn-Franken aber nicht allein unter­wegs. Auch der Netz­betreiber BBV Deutsch­land baut hier Glas­faser­netze und scheint die Nase vorn zu haben. Im nörd­lichen Land­kreis Heil­bronn wird die BBV nach eigener Aussage im August in zehn Kommunen die Vorver­mark­tung erfolg­reich abschließen. "Im August möchten wir in enger Abstim­mung mit dem Land­kreis und allen 18 Städten und Gemeinden mit der Vermark­tung im gesamten Main-Tauber-Kreis beginnen", erklärt BBV-Deutsch­land-Spre­cher Thomas Fuchs. Die BBV verlangt im Vergleich zur Deut­schen GigaNetz nur eine Abschluss­quote von 20 Prozent über sämt­liche Kommunen.

Erster Land­kreis ohne Förde­rung

Vorbild für den eigen­wirt­schaft­lichen Ausbau der BBV in der Region Heil­bronn-Franken ist ihr Projekt im Neckar-Oden­wald-Kreis. Bis Ende 2024 soll in allen 27 Kommunen des Kreises Glas­faser verfügbar sein. Die Inves­tition von über 120 Millionen Euro stemmt der BBV-Gesell­schafter Infra­capital. „Der Erfolg des Projektes wird einen Quan­ten­sprung für unsere Heimat bedeuten“, sagt Peter Hauk, Baden-Würt­tem­bergs Minister für Ernäh­rung, länd­lichen Raum und Verbrau­cher­schutz und Abge­ord­neter des Wahl­kreises Neckar-Oden­wald. Bereits 24.000 Haus­halte und Unter­nehmen haben sich für den Glas­faser­anschluss der BBV entschieden. Landrat Achim Brötel sprach beim Spaten­stich von einem histo­rischen Tag. „Denn wir werden mit dem Ausbau­start zum ersten Land­kreis in Deutsch­land, der den Glas­faser­ausbau bis in die Gebäude flächen­deckend ohne einen Cent Steuer- und Förder­gelder stemmt.“

Spatenstich Neckar-Odenwald-Kreis Die BBV Deutschland baut für die Kommunen des Neckar-Odenwald-Kreises ein Glasfasernetz ohne Fördergelder
Foto: Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis
Der Spaten­stich fand in Aglas­ter­hausen statt. Der erste Bauab­schnitt beginnt in Obrig­heim, Schwarzach, Neun­kir­chen, Neckar­gerach und Zwin­gen­berg, da hier die Back­bone-Anbin­dung für den Kreis liegt. Im September und Oktober folgt Buchen. Von dort aus wird eine Nord-Süd-Verbin­dung über Fahren­bach und Limbach nach Aglas­ter­hausen geschaffen. Danach will die BBV Oster­burken ankop­peln. Von diesen vier Bauge­bieten aus will die BBV den Ausbau in alle Rich­tungen mit dem Ziel voran­treiben, im Verlaufe des Jahres 2022 in allen Kommunen tätig zu sein. Spatenstich Neckar-Odenwald-Kreis Die BBV Deutschland baut für die Kommunen des Neckar-Odenwald-Kreises ein Glasfasernetz ohne Fördergelder
Foto: Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis

Kritik wegen unvoll­stän­diger und falscher Angaben

Doch nicht in allen Regionen Deutsch­lands kann ohne staat­liche Unter­stüt­zung Glas­faser verlegt werden. Im Land­kreis Graf­schaft Bent­heim fiel Ende Juni 2021 der Start­schuss für die zweite Ausbau­phase, in der 1850 Haus­halte einen FTTB-Anschluss erhalten. Beim symbo­lischen Spaten­stich betonte Ralf Hilmes, Leiter der Wirt­schafts­för­derung, die sagen­hafte Vorver­mark­tungs­quote von 83 Prozent. Gleich­zeitig kriti­sierte er auch die Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen, die im Rahmen des Markt­erkun­dungs­ver­fah­rens unvoll­stän­dige und zum Teil falsche Angaben gemacht hätten. Das Projekt hat ein Gesamt­volumen von 20,3 Millionen Euro. Bund und Land fördern mit 10,5 Millionen Euro. Der Abschluss ist für 2023 vorge­sehen.

Spatenstich Mühle Landkreis Grafschaft Bentheim Beim symbolischen Spatenstich für die zweite Ausbauphase im Landkreis Grafschaft Bentheim wurde Kritik an TK-Unternehmen wegen unvollständiger und zum Teil falscher Angaben im Rahmen des Markterkundungsverfahrens laut
Foto: Franz Frieling
Im Hoch­sauer­land­kreis fördert der Bund die letzte Ausbau­stufe mit rund 38,76 Millionen Euro, das Land Nord­rhein-West­falen schießt weitere 34,32 Millionen Euro zu und die rest­liche Summe von rund 4,4 Millionen Euro steuern die Kommunen als Eigen­anteil zum Ausbau bei. „Mit Beginn des heutigen Tages werden der Glas­faser­ausbau und das Schließen noch vorhan­dener weißer Lücken bis 2025 fertig­gestellt sein“, erklärte Landrat Karl Schneider anläss­lich des symbo­lischen Spaten­stichs am 29. Juni 2021. Über 3200 Adressen, darunter 900 Unter­nehmen und fünf Kran­ken­häuser, erhalten einen Glas­faser­anschluss.

Telekom baut in verschie­denen Städten aus

Im Hoch­sauer­land­kreis baut die Deut­sche Telekom das Glas­faser­netz. Bundes­weit plant sie derzeit für 17.200 Unter­nehmen in 94 Gewer­bege­bieten solche Netze. Darüber hinaus hat sie ihr Glas­faser­netz in Aschaf­fen­burg, Brühl und Frei­sing ausge­baut, sodass nun insge­samt über 31600 Haus­halte mit Gigabit-Geschwin­dig­keit im Internet surfen können. Für die Städte Gerbrunn, Meißen und den Würz­burger Stadt­teil Frau­enland haben die Bonner den Netz­ausbau für insge­samt 18800 Haus­halte ange­kün­digt. In Gerbrunn will sie bereits 2022 den Ausbau beenden und in Meißen soll im nächsten Jahr gestartet werden. Hier plant die Telekom, den Ausbau bis 2023 zu beenden.

Spatenstich Winterberg Telekom Bundestagsabgeordneter Carl-Julius Cronenberg, Landrat Karl Schneider, Konzernbevollmächtigter Region West der Deutschen Telekom Frank Schmidt und Bürgermeister Michael Beckmann beim Spatenstich in Winterberg (v. l. n. r.)
Foto: HSK
Konkur­rent Voda­fone baut dagegen für 6000 Haus­halte ein FTTH-Netz im hessi­schen Hadamar. An Voda­fones Seite sorgt Investor Prime­vest Capital Part­ners für das nötige Klein­geld. Dagegen greift Voda­fone im säch­sischen Haini­chen auf die Unter­stüt­zung des Staats zurück. Hier sollen 3300 Haus­halte einen FTTH-Anschluss erhalten. Der Bund steuert 8,3 Millionen Euro bei. Auch im west­fäli­schen Münster geht es für Voda­fone nicht ohne Förde­rung. Rund 4,6 Millionen Euro sollen in ein Netz inves­tiert werden, das für rund 700 unter­ver­sorgte Unter­nehmen an 440 Stand­orten Gigabit-Geschwin­dig­keiten bringen wird. Die Hälfte der Inves­titi­ons­summe wird vom Bund und weitere 40 Prozent aus der NRW-Landes­kasse erstattet. Im nächsten Jahr sollen die Bagger anrollen.

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