Glasfaserausbau: Es geht auch ohne den Staat
Diese Region umfasst neben der Stadt Heilbronn 111 Kommunen in den Landkreisen Heilbronn und Schwäbisch Hall sowie im Hohenlohe- und Main-Tauber-Kreis. Die Deutsche GigaNetz hat nach eigenen Angaben für den Bau eines FTTH-Netzes bereits „eine Vielzahl von Städten und Gemeinden“ unter Vertrag genommen. Konkret nennt sie aber nur Abstatt, Brackenheim, Neckarsulm und Untergruppenbach, wo die Bürgerinnen und Bürger derzeit über die Ausbauplanungen informiert werden. Für den Glasfaseranschluss verlangt die Deutsche GigaNetz eine Vorvermarktungsquote von 35 Prozent der Haushalte einer Kommune. Sie wirbt mit einem Preisvorteil von bis zu 1990 Euro, da sie die Verlegekosten übernimmt.
Die Deutsche GigaNetz ist in der Region Heilbronn-Franken aber nicht allein unterwegs. Auch der Netzbetreiber BBV Deutschland baut hier Glasfasernetze und scheint die Nase vorn zu haben. Im nördlichen Landkreis Heilbronn wird die BBV nach eigener Aussage im August in zehn Kommunen die Vorvermarktung erfolgreich abschließen. "Im August möchten wir in enger Abstimmung mit dem Landkreis und allen 18 Städten und Gemeinden mit der Vermarktung im gesamten Main-Tauber-Kreis beginnen", erklärt BBV-Deutschland-Sprecher Thomas Fuchs. Die BBV verlangt im Vergleich zur Deutschen GigaNetz nur eine Abschlussquote von 20 Prozent über sämtliche Kommunen.
Erster Landkreis ohne Förderung
Vorbild für den eigenwirtschaftlichen Ausbau der BBV in der Region Heilbronn-Franken ist ihr Projekt im Neckar-Odenwald-Kreis. Bis Ende 2024 soll in allen 27 Kommunen des Kreises Glasfaser verfügbar sein. Die Investition von über 120 Millionen Euro stemmt der BBV-Gesellschafter Infracapital. „Der Erfolg des Projektes wird einen Quantensprung für unsere Heimat bedeuten“, sagt Peter Hauk, Baden-Württembergs Minister für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz und Abgeordneter des Wahlkreises Neckar-Odenwald. Bereits 24.000 Haushalte und Unternehmen haben sich für den Glasfaseranschluss der BBV entschieden. Landrat Achim Brötel sprach beim Spatenstich von einem historischen Tag. „Denn wir werden mit dem Ausbaustart zum ersten Landkreis in Deutschland, der den Glasfaserausbau bis in die Gebäude flächendeckend ohne einen Cent Steuer- und Fördergelder stemmt.“
Die BBV Deutschland baut für die Kommunen des Neckar-Odenwald-Kreises ein Glasfasernetz ohne Fördergelder
Foto: Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis
Der Spatenstich fand in Aglasterhausen statt. Der erste Bauabschnitt beginnt in Obrigheim, Schwarzach, Neunkirchen, Neckargerach und Zwingenberg, da hier die Backbone-Anbindung für den Kreis liegt. Im September und Oktober folgt Buchen. Von dort aus wird eine Nord-Süd-Verbindung über Fahrenbach und Limbach nach Aglasterhausen geschaffen. Danach will die BBV Osterburken ankoppeln. Von diesen vier Baugebieten aus will die BBV den Ausbau in alle Richtungen mit dem Ziel vorantreiben, im Verlaufe des Jahres 2022 in allen Kommunen tätig zu sein.
Die BBV Deutschland baut für die Kommunen des Neckar-Odenwald-Kreises ein Glasfasernetz ohne Fördergelder
Foto: Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis
Kritik wegen unvollständiger und falscher Angaben
Doch nicht in allen Regionen Deutschlands kann ohne staatliche Unterstützung Glasfaser verlegt werden. Im Landkreis Grafschaft Bentheim fiel Ende Juni 2021 der Startschuss für die zweite Ausbauphase, in der 1850 Haushalte einen FTTB-Anschluss erhalten. Beim symbolischen Spatenstich betonte Ralf Hilmes, Leiter der Wirtschaftsförderung, die sagenhafte Vorvermarktungsquote von 83 Prozent. Gleichzeitig kritisierte er auch die Telekommunikationsunternehmen, die im Rahmen des Markterkundungsverfahrens unvollständige und zum Teil falsche Angaben gemacht hätten. Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von 20,3 Millionen Euro. Bund und Land fördern mit 10,5 Millionen Euro. Der Abschluss ist für 2023 vorgesehen.
Beim symbolischen Spatenstich für die zweite Ausbauphase im Landkreis Grafschaft Bentheim wurde Kritik an TK-Unternehmen wegen unvollständiger und zum Teil falscher Angaben im Rahmen des Markterkundungsverfahrens laut
Foto: Franz Frieling
Im Hochsauerlandkreis fördert der Bund die letzte Ausbaustufe mit rund 38,76 Millionen Euro, das Land Nordrhein-Westfalen schießt weitere 34,32 Millionen Euro zu und die restliche Summe von rund 4,4 Millionen Euro steuern die Kommunen als Eigenanteil zum Ausbau bei. „Mit Beginn des heutigen Tages werden der Glasfaserausbau und das Schließen noch vorhandener weißer Lücken bis 2025 fertiggestellt sein“, erklärte Landrat Karl Schneider anlässlich des symbolischen Spatenstichs am 29. Juni 2021. Über 3200 Adressen, darunter 900 Unternehmen und fünf Krankenhäuser, erhalten einen Glasfaseranschluss.
Telekom baut in verschiedenen Städten aus
Im Hochsauerlandkreis baut die Deutsche Telekom das Glasfasernetz. Bundesweit plant sie derzeit für 17.200 Unternehmen in 94 Gewerbegebieten solche Netze. Darüber hinaus hat sie ihr Glasfasernetz in Aschaffenburg, Brühl und Freising ausgebaut, sodass nun insgesamt über 31600 Haushalte mit Gigabit-Geschwindigkeit im Internet surfen können. Für die Städte Gerbrunn, Meißen und den Würzburger Stadtteil Frauenland haben die Bonner den Netzausbau für insgesamt 18800 Haushalte angekündigt. In Gerbrunn will sie bereits 2022 den Ausbau beenden und in Meißen soll im nächsten Jahr gestartet werden. Hier plant die Telekom, den Ausbau bis 2023 zu beenden.
Bundestagsabgeordneter Carl-Julius Cronenberg, Landrat Karl Schneider, Konzernbevollmächtigter Region West der Deutschen Telekom Frank Schmidt und Bürgermeister Michael Beckmann beim Spatenstich in Winterberg (v. l. n. r.)
Foto: HSK
Konkurrent Vodafone baut dagegen für 6000 Haushalte ein FTTH-Netz im hessischen Hadamar. An Vodafones Seite sorgt Investor Primevest Capital Partners für das nötige Kleingeld. Dagegen greift Vodafone im sächsischen Hainichen auf die Unterstützung des Staats zurück. Hier sollen 3300 Haushalte einen FTTH-Anschluss erhalten. Der Bund steuert 8,3 Millionen Euro bei. Auch im westfälischen Münster geht es für Vodafone nicht ohne Förderung. Rund 4,6 Millionen Euro sollen in ein Netz investiert werden, das für rund 700 unterversorgte Unternehmen an 440 Standorten Gigabit-Geschwindigkeiten bringen wird. Die Hälfte der Investitionssumme wird vom Bund und weitere 40 Prozent aus der NRW-Landeskasse erstattet. Im nächsten Jahr sollen die Bagger anrollen.