LTE-Upstream

Stiftung Warentest: Auch LTE-Ratgeber in "Finanztest" birgt Ungenauigkeiten

Nach dem Fiasko um den E-Mail-Anbieter-Test widmete sich die Stiftung Warentest nun LTE-Tarifen. Auch hier gibt es Ungenauigkeiten, doch nicht an allen sind die Redakteure allein schuld. Eine Herausforderung bleibt beispielsweise die Ermittlung des LTE-Upstreams.
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Auch LTE-Ratgeber in Finanztest birgt Ungenauigkeiten Stiftung Warentest: Auch LTE-Ratgeber in "Finanztest" birgt Ungenauigkeiten
Bild: teltarif.de
Kaum ist die Aufregung um den von der Stiftung Warentest durchgeführten Test von E-Mail-Anbietern verklungen, gibt es schon wieder einen ergänzungsbedürftigen LTE-Ratgeber in der Zeitschrift Finanztest (Ausgabe März). teltarif.de hatte vor rund zehn Tagen darüber berichtet, dass die Stiftung Warentest das Thema E-Mail-Verschlüsselung falsch verstanden hatte, das Februar-Heft aus dem Verkauf nehmen und den Online-Testbericht aktualisieren musste. Dem vorausgegangen waren umfangreiche Stellungnahmen mehrerer E-Mail-Anbieter, die teilweise den Charakter einer Nachhilfestunde zum Thema Verschlüsselung hatten.

Vor knapp einer Woche hatte teltarif.de über den neuesten LTE-Ratgeber der Finanztest berichtet, in dem die Redaktion zu dem wenig überraschenden und keineswegs neuen Schluss kommt, dass die von den Netzbetreibern und Providern propagierte LTE-Höchstgeschwindigkeit nur selten erreicht wird. Doch wirklich nachgemessen hat die Redaktion offenbar nicht und auch ansonsten enthält der Bericht missverständliche Formulierungen und Ungenauigkeiten.

Wichtige LTE-Fragestellungen immerhin kurz angerissen

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Bild: teltarif.de
Auf nur drei DIN-A4-Seiten ist es den Redakteuren immerhin gelungen, viele Fragestellungen zu LTE anzuschneiden und auch knapp zu beantworten. Das Problem der nicht bundesweiten Versorgung mit LTE wird ebenso angeschnitten wie das begrenzte Highspeed-Datenvolumen. Sogar die von teltarif.de ausführlich beschriebene und diskutierte Datenautomatik sowie die Datendrossel wurden nicht vergessen.

Die Redakteure weisen darauf hin, dass das Endgerät LTE-fähig sein muss und geben einen kurzen Überblick, mit welchen Kosten für welche Vertragsleistungen zu rechnen ist. Sogar das Problem des LTE-Roamings wird kurz erwähnt. Auch auf die Vor- und Nachteile von kürzeren Vertragslaufzeiten als 24 Monate gehen die Kollegen ein. Einen hohen Nutzwert hat die Tabelle "Wie groß ist mein Datenvolumen", in der eine realistische Einschätzung des Datenverbrauchs für E-Mail-Abruf, eine Stunde YouTube oder das Herunterladen eines HD-Kinofilms gegeben wird.

Stiftung Warentest hat wohl keine Geschwindigkeitsmessungen vorgenommen

Es ist zu vermuten, dass die Stiftung Warentest für diesen Ratgeber keine Geschwindigkeitsmessungen in den vier Mobilfunknetzen vorgenommen hat. Die Aussagen über Surfgeschwindigkeiten und Reaktionszeiten sind also lediglich Allgemeinplätze. Und gerade hier unterlaufen den Redakteuren - vermutlich mit dem Ziel der Verständlichkeit für Laien - ungenaue Formulierungen.

"LTE ist die aktuelle Turbo-Funktechnik zur Übertragung von digitalen Daten", schreiben die Redakteure in der Einleitung. Bezogen auf Mobilfunknetze ist das natürlich richtig, aber per WLAN können Nutzer deutlich höhere (theoretische und praktische) Datenraten erreichen, wenn der Router an einem entsprechend schnellen Backbone hängt. Auch die Formulierung, Surfen per LTE biete "kürzere Reaktionszeiten" ist missverständlich, da hier nicht klar wird, ob es sich um die Downstreamrate, die Downloadzeit für ein bestimmtes Datenpaket oder den Ping, also die Paketumlaufzeit handelt. Eine Fußnote verweist auf ein nebenstehendes Glossar, in dem zu lesen ist, dass LTE "deutlich niedrigere Reaktionszeiten (Latenzen genannt) als GSM und UMTS" habe. Dies ist laut der LTE-Spezifikation theoretisch richtig, muss aber jeweils in der Praxis durch konkrete Messungen überprüft werden.

Die Stiftung Warentest erwähnt auch spezielle LTE-Datentarife für Tablet- und Notebook-Nutzer und stellt die Behauptung auf, dass diese nicht zum Telefonieren geeignet sind. Auch das ist nur zum Teil richtig, denn die Redakteure haben damit gemeint, dass die Telefonie über UMTS und GSM nicht möglich ist. Doch einige mobile Datentarife mit hohem monatlichem Inklusivvolumen erlauben mittlerweile explizit die Telefonie per Voice over IP (VoIP).

Die mysteriöse Frage nach dem LTE-Upstream

Bei der auf der dritten Seite des Testberichts veröffentlichten Tariftabelle fällt auf, dass die Redakteure die LTE-Upstream-Geschwindigkeit bei den o2-Blue-All-In- und Vodafone-Red-Tarifen nicht ermitteln konnten.

Den Kollegen hier eine grobe Unsauberkeit vorzuwerfen, greift aber etwas zu kurz: Ausgiebige Recherchen von teltarif.de haben ergeben, dass die beiden Netzbetreiber für diese Tariffamilien auf ihren Webseiten und sogar in den Tarif-PDFs stets nur den Wert für den Downstream angeben, aber nichts zur maximalen Upstream-Geschwindigkeit verraten. Ein nächster Blick führt hier routinemäßig in die entsprechenden Hilfe-Foren der Netzbetreiber, doch auch hier herrscht zum Thema LTE-Upstream bei diesen beiden Tarifmodellen gähnende Leere. Bei Vodafone gibt es auf der Hilfeseite zu 4G/LTE zwar ganz unten einen Menüpunkt "Wie schnell ist 4G/LTE im Up- und Download", doch wenn man hier auf das Pluszeichen klickt, klappt nur ein weiteres leeres Menü auf, Aussagen zur Upstreamgeschwindigkeit gibt es nicht. Doch warum machen die Netzbetreiber daraus so ein Geheimnis?

Anbieter benötigen selbst zwei Tage, um den LTE-Upstream zu ermitteln

Auf unsere Anfrage bei den Pressestellen von Vodafone und o2 zeigte sich, dass die Anbieter intern selbst erstmal recherchieren müssen, wie hoch die Upstream-Bandbreite in den genannten Tarifen eigentlich ist. So bedauerte Vodafone, dass die Angaben zur Upstream-Bandbreite in den Infodokumenten nicht mehr gelistet werden. Der Düsseldorfer Netzbetreiber bestätigte uns jedoch, dass der Upstream in sämtlichen aktuellen Red-Tarifen 10 MBit/s beträgt. Interessanterweise teilt Vodafone bei den LTE-Zuhause-Tarifen die Bandbreite sowohl für Downstream als auch Upstream in den Infodokumenten mit. Ganz nebenbei: Der Vodafone Black stellt eine Ausnahme dar, hier sind es synchron 150 MBit/s im Down- und Upstream über LTE. Dies gilt natürlich nur, wenn es Netz und Endgerät zulassen.

Bei o2 befinden sich ebenfalls keine Angaben mehr über den Upstream in den Tarifdokumenten und Leistungsbeschreibungen. Die Pressestelle bestätigte uns jedoch, dass o2 32 MBit/s im Upstream für jene Tarife bereitstellt, die LTE mit 50 MBit/s im Downstream unterstützen. Namentlich sind dies die Tarife o2 Blue All-in L, Blue All-in XL und Blue All-in Premium.

Dass wir auf diese Antworten zwei Tage warten mussten, zeigt die Schwierigkeiten, die wohl auch die Stiftung Warentest bei der Recherche für ihren Artikel hatte. Eine einfache Nachfrage bei der Pressestelle hätte aber sicherlich dasselbe Ergebnis gebracht wie bei uns.

Geschwindigkeitsmessung: Netztests von teltarif.de und connect

Im Rahmen der teltarif.de-Netztests (Beispiel) ermitteln wir in regelmäßigen Abständen in ausgewählten Regionen, wie sich die Up- und Downstreamraten sowie der Ping in den vier Mobilfunknetzen entwickeln, beispielsweise auch auf Bahnstrecken. Diese Tests werden bewusst mit Standard-Smartphones durchgeführt, um für Nutzer relevante und nachvollziehbare Ergebnisse zu liefern. Technisch am anspruchsvollsten sind die connect-Netztests (Beispiel), die systematisch mit hochwertigem Test-Equipment in ganz Deutschland durchgeführt werden.

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