Smartphone-Test

Smartphone für eine Dekade: Das Fairphone 5 im Test

Die umwelt­freund­lichen und fair produ­zierten Fair­phones haben bisher nicht unbe­dingt mit heraus­ragenden Spezi­fika­tionen über­zeugt. Beim neuesten Modell gibt es aber zwei große tech­nische Fort­schritte. Die Deut­sche Pres­seagentur hat das Fair­phone 5 getestet.
Von dpa /

Das neue Fair­phone 5 kann ein Smart­phone für ein ganzes Jahr­zehnt sein. Während bei etli­chen anderen Herstel­lern die Geräte wegen fehlender Soft­ware-Aktua­lisie­rungen bereits nach zwei oder drei Jahren obsolet werden, verspricht das nieder­län­dische Unter­nehmen zwischen acht und zehn Jahren Sicher­heits­updates - ein Bran­chen­rekord in Sachen Nach­hal­tig­keit.

Um dieses Verspre­chen Wirk­lich­keit werden zu lassen, haben die Entwickler in Amsterdam eine unge­wöhn­liche Entschei­dung zum Haupt-Chipset getroffen. Im Gegen­satz zum Vorgän­ger­modell hat man nicht zur Snap­dragon-Baureihe gegriffen, die der Chip-Liefe­rant Qual­comm eigent­lich für Mobil­tele­fone vorsieht.

(Unge­wöhn­licher) Qual­comm-Chip

Fairphone 5 Fairphone 5
Bild: Fairphone

Fairphone 5

Statt­dessen hat man sich für Qual­comms QCM 6490 entschieden. Dieser Chip­satz kommt sonst in ganz anderen Umge­bungen zum Einsatz, etwa bei den Selbst­bedie­nungs­ter­minals großer Fast-Food-Ketten. Es gibt aber auch ein Outdoor-Handy von AGM mit diesem Chip.

Obwohl der QCM 6490 nicht unbe­dingt für Smart­phones entwi­ckelt wurde, hat er aus Sicht der Fair­phone-Konstruk­teure einen entschei­denden Vorteil. Qual­comm gewähr­leistet hier acht Jahre Soft­ware-Support.

Ohne diese Zusage müsste der kleine nieder­län­dische Hersteller bei großen Updates des Android-Betriebs­sys­tems die kompli­zierte Treiber-Soft­ware selbst entwi­ckeln. Von der Rechen­leis­tung her ist das Faiphone 5 mit Mittel­klasse-Smart­phones wie dem Galaxy A54 von Samsung vergleichbar.

Kräf­tige Farben dank OLED

Die zweite wich­tige tech­nische Neue­rung fällt direkt ins Auge. Das Faiphone 5 hat im Vergleich zum Vorgän­ger­modell ein deut­lich besseres Display bekommen. Die Nieder­länder verwenden nun kein einfa­ches LCD-Panel mehr, sondern haben sich für ein hoch­wer­tiges Display mit OLED-Technik entschieden. Das sorgt zum einen dafür, dass Fotos auf dem Gerät deut­lich kräf­tigere Farben haben und schön scharf erscheinen.

Und bei der Video­wie­der­gabe erscheinen dunkle Bereiche wirk­lich tief­schwarz und nicht nur dunkel­grau. Die OLED-Technik sorgt auch dafür, dass der Bild­schirm im Freien besser abzu­lesen ist. Die Bild­wech­sel­fre­quenz liegt bei 60 oder 90 Hertz. Das OLED-Display ermög­licht es auch, einen Always-on-Modus umzu­setzen: Infor­mationen wie Uhrzeit oder aktu­elle Benach­rich­tigungen können ständig ange­zeigt werden, ohne dass der Akku vorzeitig schlapp macht. Das Display ist 6,46 Zoll groß Das Display ist 6,46 Zoll groß
Bild: Fairphone
Auch die Posi­tion der Selfie-Kamera hat sich verän­dert. Bei den älteren Modellen war für die Front­kamera noch ein größerer trop­fen­för­miger Bereich ausge­spart. Beim Faiphone 5 ist diese "Notch" auf einen keinen schwarzen Kreis ("Punch­hole") geschrumpft, wodurch das Gerät deut­lich moderner wirkt, auch weil die Display­ränder deut­lich schmaler geworden sind.

Die Selfie­kamera selbst erle­digt ihren Job recht gut. Sie löst jetzt mit 50 Mega­pixeln auf, doppelt so viele wie beim Vorgän­ger­modell. Die Selfies geraten dadurch schön scharf. Bei dem Haupt-Kame­rasystem könnte man auf den ersten Blick meinen, man hätte es mit drei Kameras zu tun. Tatsäch­lich sind es aber nur zwei: eine Haupt­kamera mit opti­scher Bild­sta­bili­sie­rung und eine Ultra-Weit­win­kel­kamera.

Was so aussieht wie eine dritte Kamera, ist ein Tiefen­sensor. Beide Kameras verfügen über eine Auflö­sung von 50 Mega­pixel. Nach dem soge­nannten Pixel-Binning, bei dem mehrere einzelne Bild­punkte mitein­ander zu einem größeren Pixel verschmolzen werden, werden jeweils 12,6 Mega­pixel große Foto-Dateien ausge­geben.

Gute Kamera, aber kein Tele

Im Test produ­zierte die Haupt­kamera des Fair­phone 5 kontrast­reiche Fotos mit kräf­tigen Farben, ohne ins Quietsch­bunte abzu­gleiten. Aufnahmen bei Dunkel­heit und Dämme­rung fielen dagegen nicht ganz so scharf und detail­reich aus wie Tages­licht-Aufnahmen.

Weit entfernte Objekte kann man nur digital heran­zoomen, weil es kein opti­sches Tele­objektiv gibt. In unserem Test stießen wir jenseits der zwei­fachen Vergrö­ßerung schnell an die Grenzen. Bei Fotos, die mit der maxi­malen 20-fachen Vergrö­ßerung aufge­nommen wurden, gingen viele Details in einem Bild­rau­schen unter.

Besser als bei den Vorgän­ger­modellen ist auch der Akku. Er verfügt nun über eine Kapa­zität von 4200 mAh. Im Test kamen wir damit gut durch den Tag. Sind alle Ener­gie­spar­funk­tionen akti­viert, hält der Akku auch zwei Tage durch.

Beim "YouTube-Dauer­lauf" war nach gut elf Stunden Schluss. Test­kan­didaten anderer Hersteller kommen hier in der Regel auf 14 bis 15 Stunden. Der Akku kann mit einem 30-Watt-Lade­gerät per USB-C in 30 Minuten auf 50 Prozent geladen werden. Das Fairphone 5 hat zwei 50-Megapixel-Kameras Das Fairphone 5 hat zwei 50-Megapixel-Kameras
Bild: Fairphone
Sollte der Akku irgend­wann einmal so viel Kapa­zität einge­büßt haben, dass sich das Telefon so nicht mehr sinn­voll nutzen lässt, kann die Batterie sehr einfach ohne irgend­wel­ches Werk­zeug ausge­tauscht werden. Mit den Finger­nägeln kann man die Rück­seite entfernen, ebenso den Akku selbst.

Der Nach­teil dieser Lösung ist ein nicht opti­maler Wasser­schutz. Aber immerhin erreicht das Fair­phone 5 damit eine IP55-Zerti­fizie­rung. Das Gerät ist somit vor einem Regen­schauer geschützt, sollte aber nicht in die Bade­wanne fallen, denn es ist wie gesagt ist nicht wirk­lich wasser­dicht.

Zehn Teile austauschbar

Die modu­lare Bauweise ermög­licht aber nicht nur den Austausch des Akkus. Auch die drei Kameras, die USB-C-Buchse, der Laut­spre­cher, die Hörmu­schel und die "Topein­heit" mit SIM-Karten­fach und Spei­cher­karten-Slot lassen sich ohne Bastel­erfah­rung ersetzen.

Der dafür benö­tigte Phil­lips-Kreuz­schlitz­schrau­ben­dreher liegt in der Packung. Ein Ersatz-Akku kostet 40 Euro, das Display 100 Euro, die Rück­seite 25 Euro, die Kameras zwischen 35 Euro (Selfie­kamera) und 70 Euro (Haupt­kamera).

Zum Umwelt­kon­zept gehört aber nicht nur die sehr gute Repa­rier­bar­keit: Beim Fair­phone 5 stammen 14 Rohstoffe aus fairen Liefer­ketten oder aus dem Recy­cling. Das gilt nach Angaben der Nieder­länder für das verwen­dete Alumi­nium, die Kunst­stoffe und Rohstoffe wie Gold, Wolfram, Lithium, Silber, Cobalt, Zinn, Zink, Metalle der Seltenen Erden, Magne­sium, Indium, Kupfer und Nickel. Fair­phone nimmt auch für sich in Anspruch, "elek­tronik­schrott­neu­tral" zu sein. Das bedeutet, dass für jedes verkaufte Fair­phone 5 ein altes Smart­phone recy­celt wird.

Das Faiphone 5 kostet knapp 700 Euro, das sind 120 Euro mehr, als das Vorgän­ger­modell in der güns­tigsten Ausfüh­rung gekostet hat. Dafür gibt es nun aber ein deut­lich besseres Display. Außerdem stecken im Fair­phone 5 jetzt 256 Giga­byte Spei­cher, doppelt so viel wie beim Einstiegs­modell des Fair­phone 4. Damit wurde der Preis des neuen Modells untern Strich um 50 Euro erhöht.

Fazit

Im Vergleich zu anderen Mittel­klasse-Smart­phones ist das Fair­phone 5 kein Schnäpp­chen. Geräte wie das Galaxy A54 von Samsung oder das Pixel 7a von Google bieten eine vergleich­bare Leis­tung oder mehr, kosten aber rund 200 Euro weniger.

Das Fair­phone lässt aber sich nicht wie ein herkömm­liches Smart­phone bewerten. Die immensen Aufwen­dungen des Herstel­lers, etwa bei der fairen Beschaf­fung der Rohstoffe und der Entwick­lung eines Konzepts der einfa­chen Repa­rier­bar­keit haben ihren Preis.

Wer auf der Suche nach einem Smart­phone aus fairer und nach­hal­tiger Produk­tion ist, erhält mit dem Fair­phone 5 ein gutes Gerät, das man etliche Jahre lang nutzen kann.

In einem weiteren Test­bericht (von teltarif.de) lesen Sie, wie gut das Google Pixel 8 Pro ist.

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