Euro-ISDN

Hintergrund: Euro-ISDN gestern und heute

ISDN ist die Grundlage aller digitalen Netze
Von Christian Immler

Am PC braucht man zur Datenübertragung einen ISDN-Adapter, die es sowohl als interne Steckkarten für PCI, früher auch ISA sowie PC-Card (PCMCIA) für Notebooks, wie auch als externe Geräte gibt. Externe ISDN-Adapter konnten sich lange Zeit nicht durchsetzen, da um die Datentransferraten von ISDN ausnutzen zu können, sehr schnelle Schnittstellen am PC erforderlich sind. Externe ISDN-Adapter verwendeten deshalb in der Anfangszeit teilweise die wegen der höheren Datendurchsatzrate die parallele Schnittstelle. Erst gegen 1998 kamen ISDN-Adapter für USB auf den Markt, da diese Schnittstelle vorher noch nicht erfunden war. Von ELSA gab es einen ISDN-Router, mit dem mehrere PCs über Netzwerkkarten verbunden, sich eine ISDN-Leitung teilen konnten, ähnlich wie bei heutigen DSL-Routern.

Bei ISDN-Karten unterscheidet man zwischen passiven und aktiven Geräten. Für einen PC, der nur hin und wieder auf ISDN-Dienste zurückgreift, ist eine preiswerte passive Karte - die bekannteste ist sicher die Fritz!Card von AVM - ausreichend. Bei passiven Karten wird die Rechenleistung des PC-Prozessors für die Datenübertragung in Anspruch genommen. Wesentlich teurere aktive ISDN-Karten wie beispielsweise die B1 von AVM, besitzen einen eigenen Prozessor, der die Kommunikation abwickelt, sodass die Datenaufbereitung und Übertragung weitgehend im Hintergrund unter Entlastung des Hauptprozessors durchgeführt wird. Derartige Lösungen kommen in Netzwerk-Servern zum Einsatz, oder wenn die eingesetzte Software automatischen Verbindungsaufbau verlangt, was bei privaten Internet-Zugängen nicht nötig ist.

AVM Fritz!Card PCI
Foto: AVM
Je nachdem, ob ein ISDN-Adapter mit einer analogen oder einer digitalen Gegenstelle verbunden werden soll, werden unterschiedliche Protokolle benötigt. Um eine Verbindung zu einer analogen Gegenstelle, wie einem analogen Modem oder einem herkömmlichen Faxgerät herzustellen, muss die ISDN-Karte über die Software eine derartige Verbindung zulassen oder durch spezielle Hardware darauf vorbereitet sein. Am besten eignen sich ISDN-Adapter, die einen eigenen Modem-Chip auf der Karte haben. Softwarelösungen sind bei weitem nicht so effektiv, da sie den Prozessor des PCs voll belasten und eine zusätzliche Fehlerquelle für die ohnehin fehlerträchtige analoge Datenübertragung bieten.

ISDN-Software

ISDN ist in den USA weitgehend unbekannt, daher werden ISDN-Karten von Windows auch nicht als eigenständige Geräteklasse unterstützt, sondern müssen je nach Verwendungszweck als Modem, Netzwerkkarte oder über die CAPI-Schnittstelle betrieben werden. Die Modememulation simuliert auf der ISDN-Karte gegenüber dem Betriebssystem ein Standardmodem. So kann eine ISDN-Karte mit den meisten normalen Kommunikationsprogrammen über AT-Befehle, wie sie zur Modemsteuerung verwendet werden, benutzt werden. Für Netzwerk-WAN-Koppelungen und für den Internet-Zugang wird die ISDN-Karte als Netzwerkkarte angemeldet.

CAPI - das Common ISDN Application Interface

Um eine einheitliche Schnittstelle für ISDN-Adapter und Kommunikationssoftware zur Verfügung zu stellen, wurde das Common ISDN Application Interface, kurz CAPI, entwickelt und später zur nicht kompatiblen Version 2.0 erweitert. Heute werden bei fast allen ISDN-Karten CAPI-Treiber für beide Standards mitgeliefert. Die CAPI-Schnittstelle ermöglicht prinzipiell die Nutzung jeder Kommunikationssoftware, die für diese Schnittstelle ausgelegt ist. Programme für Fax und Datentransfer verwenden CAPI, ebenso wie der T-Online Decoder. Zum Internetzugang über die Windows-Netzwerkschnittstelle werden keine CAPI-Treiber benötigt.

ISDN und Internet

Treiber von ISDN-Karten
Screenshot: teltarif.de
Die Datenübertragung erfolgt bei ISDN im Gegensatz zu analogen Modems voll digital mit einer Geschwindigkeit von 64 kBit/s pro Kanal. Hierbei gibt es keine Modulation auf ein Tonsignal, sondern eine echte digitale Datenübertragung ohne Verluste durch Fehlerkorrektur bei schlechter Leitungsqualität. Mit Kanalbündelung kann die Datenübertragungsrate auf 128 kBit/s verdoppelt werden. Allerdings fallen dann auch die doppelten Gebühren an, da beide Kanäle verwendet werden.

Die ISDN-Nutzung wurde von Anfang an nach dem damals üblichen Zeittakt für Telefongespräche abgerechnet. Vor den Zeiten des Internets mussten Mailboxen direkt wie Telefonnummern angerufen werden. Die frühen Internetanbieter warben mit Einwahlnummern zum Ortstarif in großen Städten. Ein Einheitspreis für Anrufe ins Festnetz oder gar eine Festnetzflatrate waren in den Anfangszeiten von ISDN noch undenkbar. Erst später kamen Internetprovider mit bundesweit einheitlicher Rufnummer auf, die dann aber von den Flatratetarifen explizit ausgeschlossen wurden, so dass heute Internet über ISDN wie auch über analoges Modem wegen des Minutentakts extrem teuer geworden ist.

ISDN heute

ISDN hat als Internetzugang extrem an Bedeutung verloren und wird nur noch in Gegenden eingesetzt, in denen das DSL-Netz bis heute nicht ausgebaut ist. Die Leistungsmerkmale sowie Sprachqualität beim Telefonieren sind aber immer noch entscheidende Vorteile gegenüber analogen Anschlüssen. Drei Rufnummern und zwei gleichzeitig nutzbare Telefonleitungen sind zwar heute auch per VoIP über DSL möglich, aber nicht mit der Sprachqualität von ISDN. Dazu kommt, dass VoIP die für andere Internetanwendungen verfügbare Bandbreite reduziert, was beim Telefonieren über ISDN nicht der Fall ist. Andere ehemalige ISDN-Merkmale wie Anzeige und Übermittlung der Rufnummer, Rückruf bei Besetzt sowie Makeln zwischen zwei Gesprächen sind mittlerweile auch an Analoganschlüssen möglich.

Die Telekom verwendet den Begriff ISDN nur noch im Kleingedruckten. ISDN-Anschlüsse werden dort heute als Universalanschluss vermarktet, Analoganschlüsse als Standardanschluss. Allerdings ist auch nicht alles, was als ISDN vermarktet wird, technisch auch wirklich ISDN. Verschiedene Anbieter realisieren Internettelefonie mit ISDN-Dienstmerkmalen über NGN-Anschlüsse (Next Generation Network). Anbieter sparen sich damit die für ISDN notwendigen Ports in den Vermittlungsstellen. Fällt allerdings die Breitband-Internet-Verbindung aus, lässt sich mit einem echten ISDN-Anschluss zumindest noch telefonieren, bei VoIP oder NGN ist man in so einem Fall komplett von der Außenwelt abgeschlossen.

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