Günstig oder billig?

Doogee X95 getestet: Was taugt das 80-Euro-Phablet?

Das Doogee X95 wird mit 6,5-Zoll-Anzeige, Android 10, großem Akku und Triple-Kamera beworben. Wir haben das Handy auspro­biert. Im Test gab es posi­tive als auch nega­tive Über­ra­schungen.
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Ein Phablet mit Triple-Kamera samt Tele­ob­jektiv für unter 80 Euro? Unsere Skepsis war groß, als das Doogee X95 vorge­stellt wurde. Offen­sicht­liche Kompro­misse wie der betagte Chip­satz MediaTek 6737 samt gemäch­lich arbei­tendem LTE-Modem (Cat. 4) sind bei solch einem nied­rigen Kosten­faktor nach­voll­ziehbar.

Positiv stimmten hingegen die Aussicht auf einen opti­schen Zoom, der 4320 mAh große Akku und das Betriebs­system Android 10. Verbirgt sich hinter dem Doogee X95 ein Geheim­tipp oder ist es mehr Schein als Sein? Wir hatten die Gele­gen­heit das Budget-Smart­phone ausführ­lich zu testen.

Was bietet das Doogee X95?

Das Doogee X95 mit OVP Das Doogee X95 mit OVP
Bild: Doogee
Auf der Webseite des chine­si­schen Herstel­lers wird das 6,52 Zoll große HD-Display beworben, welches 90 Prozent der Front einnehmen soll. Die Triple-Kamera gibt das Unter­nehmen mit Weit­winkel (13 Mega­pixel), Tiefen­sensor und Tele­ob­jektiv (beide 2  Mega­pixel) an. Selfies lösen mit 5 Mega­pixel auf.

Mit 16 GB Flash (erwei­terbar) und 2 GB RAM ist der Spei­cher über­schaubar, für ein Produkt der abso­luten Einstei­ger­klasse jedoch ange­messen. Das 4G-Modem des SoC MediaTek 6737 stößt bei 150 MBit/s im Down­load an seine Grenzen. Immerhin wird das für Deutsch­land wich­tige Band 20 (800 MHz) unter­stützt, Tele­fo­nate können über­dies via VoLTE und VoWiFi geführt werden.

Doogee X95

Der Rotstift wurde auch bei weiteren Schnitt­stellen ange­setzt, so gibt es nur Micro-USB und ein Finger­ab­druck­sensor fehlt. Mit 189 Gramm ist das Doogee X95 kein Leicht­ge­wicht. Eigent­lich kostet dieses Gesamt­paket nur 60 US-Dollar, also umge­rechnet 51 Euro, aller­dings müssen Sie beim Hersteller noch Zoll- und Liefer­ge­bühren in Höhe von 30 US-Dollar (etwa 25 Euro) einkal­ku­lieren. Insge­samt werden also rund 76 Euro fällig, diverse Händler bei Amazon haben das Handy aber für 79,99 Euro versand­kos­ten­frei (und mit deut­lich schnel­lerer Auslie­fe­rung) auf Lager.

Doogee X95: Liefer­um­fang und Erst­ein­druck

Die Rückseite des Doogee X95 Die Rückseite des Doogee X95
Bild: Doogee
Unter den Drein­gaben findet man bei den meisten großen Herstel­lern keine Schutz­hülle vor, umso erfreu­li­cher, dass klei­nere Konzerne wie Doogee spen­da­bler sind. Neben Daten- und Lade­kabel, Netz­teil sowie Kurz­an­lei­tung gibt es also auch ein trans­pa­rentes Case. Kopf­hörer wurden hingegen einge­spart. Die OVP an sich mutet mini­ma­lis­tisch an und präsen­tiert auf der Vorder­seite die drei erhält­li­chen Farb­va­ri­anten Schwarz, Blau und Grün. Ansonsten gibt es ledig­lich eine Auflis­tung des Flash- und Arbeits­spei­chers. Dass Doogee auf weitere Illus­tra­tionen des X95 verzichtet, hat augen­schein­lich seinen Grund. Seitenansicht des Doogee X95 Seitenansicht des Doogee X95
Bild: Andre Reinhardt
Die Render­bilder im Hersteller-Shop und bei anderen Händ­lern entspre­chen nicht der Realität. Auf die ange­prie­senen 90 Prozent Screen-to-Body-Ratio kommt dieses Telefon mitnichten. Von den schmalen Rändern der Produkt­fotos fehlt in natura jede Spur. Ein dickes Kinn unter­halb des Displays und eine trotz Wasser­tropfen-Notch nicht gerade zier­liche Stirn prägen die Vorder­seite. Links und rechts am Bild­schirm zeigt sich eben­falls ein breiter Rahmen, wenn­gleich dessen Propor­tionen nicht allzu ausufernd sind. Die Rück­seite kommt dem Werbe­ma­te­rial recht nahe.

Das Doogee X95 besteht voll­kommen aus Plastik, das aber erstaun­lich hoch­wertig anmutet. Unsere grüne Ausgabe weist ein feines Muster auf und glänzt ähnlich schick wie das Glas teurerer Smart­phones. Laut­stär­ke­wippe sowie Ein-/Ausschalter haben einen guten Druck­punkt. Leider zieht das Gehäu­se­ma­te­rial Staub wie ein Magnet an. Das Smart­phone liegt sicher und rutsch­fest in der Hand. Auch wenn das Doogee X95 in Wirk­lich­keit anders als auf den Render­bil­dern aussieht, die Verar­bei­tung macht einen guten Eindruck.

Doogee X95: Display und Kamera

Oben 13-MP-Cam, darunter Attrappen Oben 13-MP-Cam, darunter Attrappen
Bild: Doogee
Auf der Produkt­seite ist von einem HD-Display die Rede, das Daten­blatt stellt dann aber klar, dass die tatsäch­liche Auflö­sung etwas darunter liegt. Die 6,52 Zoll messende Anzeige beher­bergt 1200 mal 540 Pixel, was in 202 ppi resul­tiert. Scharf sieht anders aus, einzelne Bild­punkte lassen sich bei näherer Betrach­tung schnell ausma­chen. Hingegen wurde an der Panel-Tech­no­logie nicht gespart, dank IPS sind die Farben satt, die Blick­winkel sehr stabil und der Kontrast ordent­lich. Auf Eingaben reagiert der Bild­schirm flott, die maxi­male Hellig­keit genügt, um das Display des Doogee X95 auch bei stär­kerem Sonnen­licht abzu­lesen. Gute Ablesbarkeit bei Sonnenlicht Gute Ablesbarkeit bei Sonnenlicht
Bild: Andre Reinhardt
Was hat es denn aber jetzt mit dieser Triple-Kamera auf sich? Laut diversen Tools für System­in­for­ma­tionen nicht viel. Wir nutzten drei Apps, unter anderem AIDA64, jedes Programm fand nur eine Kamera an der Rück­seite. Zudem gab es auch bei Verwen­dung des vermeint­li­chen opti­schen Zooms keine Abwei­chungen in den Exif-Infor­ma­tionen der Bild­da­teien. Sprich, es kam immer dieselbe Knipse zum Einsatz. Diese Umstände und der Fakt, dass nur die obere Kamera bei näherer Betrach­tung wie ein rich­tiges Objektiv wirkt, machen stutzig. Die beiden unteren Objek­tive wirken absolut iden­tisch und haben einen merk­wür­digen Schimmer. Fotos werden bei gutem Licht recht ansehnlich Fotos werden bei gutem Licht recht ansehnlich
Bild: Andre Reinhardt
Unseren Analysen nach ist nur die 13-Mega­pixel-Haupt­ka­mera (Blende f/2.2) echt. Liefert diese wenigs­tens brauch­bare Ergeb­nisse? In der Tat waren wir hinsicht­lich der Ergeb­nisse über­rascht. Im Freien bei gutem Licht entstehen scharfe, detail­lierte Aufnahmen. Auch die Farb­treue ist gelungen. Ledig­lich der Kontrast könnte etwas ausge­prägter sein. Bei schlech­terem Licht und in Innen­räumen liefert das Doogee X95 immer noch eine ausrei­chende Qualität, wenn­gleich so mancher Wett­be­werber in diesem Segment die Nase vorne hat. Der 5-Mega­pixel-Front­ka­mera (eben­falls Blende f/2.2) mangelt es hingegen an Schärfe, außerdem ist der Kontrast recht niedrig.

Doogee X95: Perfor­mance und Ausdauer

Nein, ein MediaTek 6737 ist kein Arbeits­tier. Geek­bench zeigt sich mit 67 Punkten (Single-Core) und 281 Punkten (Multi-Core) vom 1,25 GHz taktenden Quad-Core-Prozessor unbe­ein­druckt. Gut, dass sich Doogee für Android 10 Go Edition und nicht für die regu­läre Fassung entschieden hat. Nach dem Hoch­fahren agiert das Phablet in ausrei­chender Geschwin­dig­keit. Die ein oder andere Gedenk­se­kunde müssen Sie hin und wieder einplanen. Zum Surfen, fürs Messa­ging oder YouTube reicht das Gebo­tene aber aus. Selbst Gele­gen­heits­spieler werden nicht enttäuscht, wenn sie zu weniger anspruchs­vollen Titeln wie Brawl Stars oder Asphalt Nitro greifen. Mono-Lautsprecher und Attrappe Mono-Lautsprecher und Attrappe
Bild: Andre Reinhardt
Der Empfang und die Band­breite des LTE-Modems liegt auf dem Niveau ähnli­cher Einsteiger-Smart­phones. In unserem recht abge­le­genen Wohn­haus waren immerhin noch bis zu 14 MBit/s machbar. Auch unser privates Galaxy S10 schafft nicht mehr. Die Signal­stärke ist mit jener des Samsung-Handys vergleichbar.

Einen besseren Job als das Galaxy S10 macht das Doogee X95 teils in puncto WLAN. Es werden mehr Netze gefunden, und die Geschwin­dig­keit ist stets ein paar Megabit höher. Dafür könnte die Empfangs­stärke des Dooge-Wi-Fi-Moduls besser sein. Bei der Tele­fonie haben wir nichts zu bemän­geln. Laut­stärke und Qualität der Anrufe konnten über­zeugen.

Einen weiteren Plus­punkt sammelt das X95 bei der Ausdauer. Wir hatten das Display dauer­haft auf eine Hellig­keit von 85 Prozent gere­gelt, WLAN und mobile Daten sowie die Stand­ort­be­stim­mung einge­schaltet. Erst nach 38 Stunden schal­tete sich das Phablet ab. In dieser Zeit wurde das Telefon knapp vier Stunden mit akti­viertem Bild­schirm genutzt. Unter anderem kamen Chrome, WhatsApp, YouTube, die Kamera und diverse Spiele zum Einsatz.

Fazit zum Doogee X95

Das Doogee X95 hat ein großes Display Das Doogee X95 hat ein großes Display
Bild: Andre Reinhardt
Das China-Phablet ist mitnichten ein perfektes Smart­phone. Beson­ders schade sind die augen­schein­li­chen Kamera-Attrappen. Dabei müssten diese gar nicht sein, da die Single-Kamera für den aufge­ru­fenen Preis brauch­bare Fotos schießt. Zum etwas unscharfen (aber ansonsten guten) Display gesellt sich ein blecherner Laut­spre­cher und ein gemäch­lich arbei­tender Chip­satz zu den Kritik­punkten. Aller­dings gibt es mit der guten Bereit­schafts­zeit, der gelun­genen Verar­bei­tung und der ordent­li­chen (wenn auch nicht rasanten) Konnek­ti­vität posi­tive Aspekte. Falls Sie mit den Kompro­missen leben können, könnten Sie dem Doogee X95 eine Chance geben.

Als Alter­na­tive bietet sich das BlackView A80 an. Dieses ist etwas güns­tiger, hat ein etwas klei­neres, aber höher auflö­sendes Display (6,2 Zoll, 1520 mal 720 Pixel) und angeb­lich eine Quad-Kamera. Wobei auch hier Blen­den­werte und Sensor-Angaben der drei zusätz­li­chen Objek­tive fehlen, was erneut Skepsis aufkommen lässt.

In einem weiteren Test haben wir das Poco F2 Pro von Xiaomi unter die Lupe genommen.

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