simpliTV: Österreich startet DVB-T2-Paket mit 40 Sendern
ORS startet mit einem neuen Projekt im Modus DVB-T2
Bild: ORS
Unser Nachbarland Österreich galt medienpolitisch bislang nicht gerade als Vorreiter: Der Privatfunk wurde erst Ende der 1990er-Jahre eingeführt, Techniken wie DAB+ sind in der Alpenrepublik noch gar nicht am Start. Umso überraschender ist, dass Österreich nun erstmals Pionier wird - und das ausgerechnet beim digital-terrestrischen Antennenfernsehen: Während in Deutschland nach der Ausstiegsankündigung der RTL Group selbst die ARD die Sinnfrage für den Verbreitungsweg stellt, startet ORS, die Technik-Tochter des Österreichischen Rundfunks (ORF), im April mit einem neuen Projekt im Modus DVB-T2. Das Angebot soll unter dem Namen simpliTV angeboten werden. Zum Start sollen laut ORS bis zu 40 TV-Programme zur Verfügung stehen, auch in HD-Qualität. Die ORS habe für die Etablierung von simpliTV bereits Kooperationen mit den Elektronikunternehmen HB Austria und Kathrein abgeschlossen.
Deutsche Privatsender wollen mitmischen
ORS startet mit einem neuen Projekt im Modus DVB-T2
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Das besondere an simpliTV ist das wahrscheinliche Engagement auch der deutschen Privatsender. Neben ProSiebenSat.1 und der TeleMünchen Gruppe befindet sich die Mediengruppe RTL in Verhandlungen zu dem DVB-T2-Projekt. Im Unterschied zu Deutschland seien laut RTL die Rahmenbedingungen in der Alpenrepublik besser: Das Bouquet wird nicht kostenfrei, sondern verschlüsselt gegen eine kleine Abo-Gebühr verbreitet. Die Sender haben die Kosten nicht alleine zu tragen und werden an den Einnahmen beteiligt. Außerdem sind Programme im hochauflösenden HDTV-Modus geplant, und die Privaten können zusätzliche Pay-TV-Sender, für die nochmals eine Extra-Gebühr fällig wird, ausstrahlen. Das Grundpaket soll zu einem günstigen monatlichen Preis abonnierbar sein, die Rede ist von rund fünf Euro. Für gewisse zusätzliche Angebote ist eine Extra-Gebühr fällig.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Ergebnisse des Projekts auch Einfluss auf die Entwicklung in Deutschland haben könnten. Sollte sich heraus stellen, dass viele Zuschauer in der Alpenrepublik den Service abonnieren, wäre ein deutsches Pendant und bei RTL möglicherweise auch ein "Rückzug vom Rückzug" aus der DVB-T-Technik nicht ausgeschlossen.
mabb will offenes Internet für TV-Empfang
Der Medienrat und der Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) haben sich unterdessen in ihrer letzten Sitzung ebenfalls mit der Zukunft der Terrestrik beschäftigt und fordern RTL auf, die Verbreitung über DVB-T so lange fortzuführen, bis das offene Internet bei der Versorgung innerhalb von Gebäuden seine Funktion übernehmen kann und Verbrauchern wie Inhalteanbietern neue Möglichkeiten bietet. Viele halten diesen Vorschlag aber für utopisch, auch wenn sich Berlin gerne als Vorreiter für kostenlose Internetzugänge sieht. Vor allem ist fraglich, wer die benötigte Bandbreite und die erheblichen Streamingkosten finanzieren soll. Zuvor hatten die Kollegen der BLM in Bayern ein anderes Modell präsentiert, wonach die DVB-T-Technik künftig lediglich auf kleinen, mobilen Geräten zur Anwendung kommen soll.
Der Deutsche Verband für Telekommunikation und Medien (DVTM) sieht die Gründe für ein mögliches Scheitern der DVB-T-Technologie in Deutschland an anderer Stelle: "Es fehlt eine konvergente Regulierung, wenn sich Fernsehsender aus wirtschaftlichen Gründen aus der DVB-T-Ausstrahlung zurückziehen. Nur durch konvergente Regulierung sind Rechts- und Planungssicherheit für die Sender und damit Investitionen in die Technik möglich", so Renatus Zilles, Vorstandsvorsitzender des Verbandes. "Wir fordern schon länger ein im Bundeswirtschaftsministerium oder Kanzleramt angesiedeltes Konvergenz-Ressort, das die richtigen Rahmenbedingungen schafft. Die Interessen von Telekommunikations- und Medienunternehmen sowie zunehmend auch Energieanbietern müssen in der Regulierung gebündelt werden."