Ärger um VDSL-Vectoring-Liste: 2000 Verfahren beschäftigen BNetzA
Die Bundesnetzagentur benötigte zehn Monate für die Vectoring-Liste
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Stephan Crummenauer hält ein Schreiben der Bundesnetzagentur (BNetzA) in der Hand und schüttelt den Kopf. Auch, weil die Agentur schreibt, am Vorgehen der Telekom Deutschland nichts Verwerfliches erkennen zu können, aber besonders, weil er geschlagene zehn Monate auf dieses Schreiben warten musste. Monate, die ihm nun im Breitbandausbau fehlen - ganz abgesehen von den Kabelverzweigern (KVz), die er dafür erschließen wollte.
Crummenauer ist Geschäftsführer der GmündCOM GmbH, einer 100-prozentige Tochtergesellschaft der Stadtwerke Schwäbisch Gmünd, die Telefonie und Internet anbietet. Für den Netzausbau stellte Crummenauer am Freitag, den 11. Dezember 2015, einen Antrag auf Erschließung mehrerer Kabelverzweiger mit Hilfe der Vectoring-Technologie. Hierfür wird eine Liste geführt, da jeder KVz immer nur von einem Netzbetreiber mit Vectoring erschlossen werden kann. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Diese Vectoring-Liste wird sowohl von der BNetzA als auch von der Deutschen Telekom verwaltet.
Folgenschwerer Formfehler
Die Bundesnetzagentur benötigte zehn Monate für die Vectoring-Liste
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Die Vectoring-Stelle der Telekom lehnte den Antrag der GmündCOM am Montag, den 14. Dezember 2015, ab. Die Begründung: In der Betreffzeile der E-Mail, mit der Crummenauer seinen Antrag übermittelte, stand "GmündCom". Die korrekte Schreibweise für den Antrag wäre jedoch "GmuendCOM" gewesen, wie die Listen führende Stelle der Telekom per E-Mail mitteilte. Zwar war der Name in der angehängten Excel-Übersicht zur Reservierung der entsprechenden KVz richtig geschrieben, aber die Listen führende Stelle nahm es ganz genau.
Also änderte Crummenauer lediglich die Betreffzeile und schickte den Antrag noch am selben Tag erneut an die Vectoring-Stelle, die ihn jedoch am 15. Dezember 2015 ablehnte, da an dem Freitag, als die GmündCOM ihren formell falschen Antrag einreichte, auch die Telekom Deutschland die Reservierung eben jener KVz beantragt hatte.
Misstrauen geschürt
Wenn zwei Netzbetreiber an ein und denselben Tag den gleichen Verzweiger erschließen wollen, entscheidet das frühere Ausbaudatum. In der Regel nutzen die Antragssteller die maximale Frist von einem Jahr aus, um das Ausbauvorhaben zu realisieren. Dementsprechend gab die GmündCOM in ihrem Antrag den 10. Dezember 2016 als Realisierungstermin an. Die Telekom Deutschland beabsichtigte hingegen einen Tag früher, am 9. Dezember 2016, fertig zu werden.
GmündCOM-Geschäftsführer Stephan Crummenauer wartete zehn Monate auf eine Nachricht der BNetzA
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Dieser Umstand sowie die Tatsache, dass der Antrag der GmündCOM nicht unvollständig war und nur wegen eines Formfehlers abgelehnt wurde, schürte Crummenauers Misstrauen, ob hier nicht doch verbotenerweise Informationen von der Vectoring-Stelle zum Unternehmen Telekom geflossen sind und die Ablehnung nur dazu diente, um der Telekom die Zeit zu geben, ihrerseits einen Antrag einzureichen. Formfehler hin oder her: Der Antrag der GmündCOM hätte allein deswegen abgelehnt werden müssen, weil die Telekom die entsprechenden KVz bereits reserviert hatte. Warum also noch die Aufforderung zur Korrektur der Betreff-Zeile, fragte sich Crummenauer. Er beantragte deshalb bei der Netzagentur ein Nachweisverfahren, um den Sachverhalt zu klären.
Zehn Monate des Wartens
Der Verfahrensantrag lag der BNetzA am 23. Dezember 2015 vor. Als Crummenauer allerdings auch bis Mitte Januar 2016 nicht einmal eine Eingangsbestätigung der Agentur vorlag, versuchte er, die Behörde zu kontaktieren. Telefonanrufe blieben jedoch erfolglos. E-Mails wurden nicht beantwortet. Monate verstrichen, ohne dass die GmündCOM über den Verlauf des Verfahrens in irgendeiner Form informiert wurde. Erst im Oktober 2016 erhielt der Netzbetreiber eine Antwort der Agentur, nachdem Crummenauer in Kontakt mit einem Mitglied des BNetzA-Beirats getreten war.
Das Ergebnis: Die Behörde sah keinen Grund für eine Beanstandung. Warum ein Antrag erst wegen eines Formfehlers und dann wegen vorrangiger Erschließungsabsichten abgelehnt wurde, anstatt ihn sofort abzulehnen, spielte für die BNetzA keine Rolle. Auch der Frage, ob ein solcher Formfehler ausreiche, um einen Antrag abzulehnen, ging die Agentur nicht nach.
2 000 Verfahren
Aber immerhin kann beantwortet werden, warum Crummenauer so lange auf die Entscheidung der BNetzA warten musste. Die Behörde scheint schlicht überfordert, denn während die Vectoring-Stelle der Telekom Reservierungsanträge lediglich formell prüft, ist die Agentur für die inhaltliche Richtigkeit dieser Anträge zuständig. Inzwischen umfasst die Vectoring-Liste rund 100 000 KVz.
Hinzu kommt, dass seit dem Auflegen der Liste im Jahr 2014 bis heute über 2 000 Verfahren bei der BNetzA eingegangen sind, die auf die Vectoring-Liste abzielen. "Es trifft zu, dass die Gesamtzahl und Komplexität der Verfahren zur Sicherstellung der inhaltlichen Richtigkeit der Vectoring-Liste eine Herausforderung darstellen", teilt die BNetzA mit. Jedoch steht nur in einer "recht geringen Zahl der Fälle" ein Fehlverhalten der Telekom Deutschland in Rede.
Weiteres Personal notwendig
Die BNetzA stellte weiteres Personal ein, um den Aufwand im Rahmen der Vectoring-Liste zu bewerkstelligen
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Hauptsächlich geht es laut BNetzA darum, dass ein Netzbetreiber den Ausbau nicht zum angegebenen Realisierungstermin fertigstellen kann. Dann entscheidet die Behörde, wie es weitergeht. "Auch wenn ein Unternehmen seine Ausbauplanungen ändert bzw. aufgibt und infolgedessen die bestehende Eintragung zur Vectoring-Liste widerruft - oder den angezeigten Ausbautermin schlicht fruchtlos verstreichen lässt - ist die Bundesnetzagentur zu einer Prüfung berufen", erklärt sie weiter.
Die Bundesnetzagentur versichert zwar, dass die Verfahren "im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen möglichst zeitnah bearbeitet" werden, aber sicherheitshalber wurde wegen des hohen Arbeitsaufwands inzwischen weiteres Personal eingestellt. Immerhin existieren noch rund 200 000 Kabelverzweiger, die noch nicht in der Vectoring-Liste stehen.
In einem ausführlichen Ratgeber erklären wir Ihnen, wie eine Vermittlungsstelle und auch ein Kabelverzweiger funktioniert.