BKA nutzt Gesichtserkennung immer häufiger
Das "Pilotprojekt Gesichtserkennung" läuft derzeit am Berliner Bahnhof Südkreuz
Bild: (c) dpa
Einer Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zeigt, die Zahl der Zugriffe auf das Gesichtserkennungssystem (GES) durch das BKA steigt. Das berichtet das Handelsblatt. Allein zwischen 2015 und 2016 ist die Zahl der GES-Recherchen von 16773 auf 23064 gestiegen - ein Zuwachs von 37,5 Prozent.
"Der Anstieg zeigt: Es besteht die Gefahr, dass der biometrische Abgleich von biometrischen Gesichtsmerkmalen schleichend zum Standardverfahren polizeilicher Arbeit wird, ohne dass der Gesetzgeber den Umgang mit dieser Technologie auch nur ansatzweise näher ausgestaltet hätte", gibt der Hamburger Datenschutz-Beauftragte Johannes Caspar zu bedenken. "Allein das technisch Machbare und die Erleichterung der Polizeiarbeit rechtfertigen einen ungeregelten Einsatz derartig grundrechtlich invasiver Technologien nicht", so Caspar weiter.
Auch 2017 Anstieg der GES-Zugriffe erwartet
Das "Pilotprojekt Gesichtserkennung" läuft derzeit am Berliner Bahnhof Südkreuz
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Die Bundesregierung rechnet auch in diesem Jahr mit einem Anstieg der Zugriffe auf das GES. Auch die Zahlen aus dem ersten Halbjahr 2017, in diesem Jahr waren es bereits 16164 GES-Recherchen, deuten auf ein weiteres, deutliches Wachstum hin. Bisher können nur die Bundespolizei sowie die Landeskriminalämter über eine Schnittstelle auf das seit 2007 existierende Gesichtserkennungssystem zugreifen. Entwickelt wurde die Software von der Dresdner Firma Cognitec Systems. Mit Hilfe des Programms können die Behörden den digitalen Datenbestand des polizeilichen Informationssystems Inpol automatisiert durchsuchen. Im Mai 2016 teilte die Bundesregierung mit, Inpol umfasse rund 4863000 Fotos von 3340330 Menschen.
Grundsätzlich eine "hilfreiche Maßnahme"
"Wer könnte ernsthaft gegen die Nutzung von Gesichtserkennungssoftware zur Bekämpfung der Kinderpornographie sein?", fragt Datenschützer Caspar. Grundsätzliche wäre der Einsatz von Gesichtserkennungssystemen eine "hilfreiche Maßnahme", welche die polizeiliche Ermittlungsarbeit erleichtern könne. Aber, der Einsatz der Gesichtserkennungstechnologie wäre in der Praxis nicht eindeutig gestaltet. "Es fehlen häufig am Bestimmtheitsgrundsatz ausgerichtete Eingriffsermächtigungen sowie Vorgaben, die den Bereich von Anlasstaten eingrenzen und Mindestanforderungen an die Verlässlichkeit der Technik vorgeben", so Caspar.
Ein umfassender Einsatz der automatisierten Gesichtserkennung wäre ohnehin problematisch, wie die Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Marit Hansen, erklärt. Zwar dürfe die Polizei nach geltendem Recht Bildmaterial von Straftaten mit ihren Datenbanken von verurteilten Tätern oder Fahndungsfotos abgleichen. "Aber die weitergehenden Ideen und praktischen Versuche, biometrische Fahndungssysteme mit Videoüberwachung zu koppeln und die Gesichter der vorbeigehenden Menschen zu scannen, sind unverhältnismäßig und nicht vom jetzigen Recht erlaubt. Damit wäre es nämlich nicht mehr möglich, dass sich unverdächtige Menschen im öffentlichen Raum unerkannt bewegen", so Hansen weiter. Ein solches Pilotprojekt zur Gesichtserkennung läuft derzeit am Berliner Bahnhof Südkreuz.