Datenschutz

BKA nutzt Gesichtserkennung immer häufiger

Das Bundeskriminalamt (BKA) greif immer öfter auf das Gesichtserkennungssystem (GES) zurück. Datenschützer zeigen sich beunruhigt.
Von David Rist

Ein Aufkleber mit dem Wortlaut "Pilotprojekt Gesichtserkennung, Erkennungsbereich" ist am 01.08.2017 am Boden im Bahnhof Südkreuz in Berlin angebracht. Das "Pilotprojekt Gesichtserkennung" läuft derzeit am Berliner Bahnhof Südkreuz
Bild: (c) dpa
Einer Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zeigt, die Zahl der Zugriffe auf das Gesichts­erkennungs­system (GES) durch das BKA steigt. Das berichtet das Handelsblatt. Allein zwischen 2015 und 2016 ist die Zahl der GES-Recherchen von 16773 auf 23064 gestiegen - ein Zuwachs von 37,5 Prozent.

"Der Anstieg zeigt: Es besteht die Gefahr, dass der biometrische Abgleich von biometrischen Gesichts­merkmalen schleichend zum Standard­verfahren polizeilicher Arbeit wird, ohne dass der Gesetz­geber den Umgang mit dieser Technologie auch nur ansatz­weise näher ausgestaltet hätte", gibt der Hamburger Datenschutz-Beauftragte Johannes Caspar zu bedenken. "Allein das technisch Machbare und die Erleichterung der Polizei­arbeit rechtfertigen einen ungeregelten Einsatz derartig grund­rechtlich invasiver Technologien nicht", so Caspar weiter.

Auch 2017 Anstieg der GES-Zugriffe erwartet

Ein Aufkleber mit dem Wortlaut "Pilotprojekt Gesichtserkennung, Erkennungsbereich" ist am 01.08.2017 am Boden im Bahnhof Südkreuz in Berlin angebracht. Das "Pilotprojekt Gesichtserkennung" läuft derzeit am Berliner Bahnhof Südkreuz
Bild: (c) dpa
Die Bundes­regierung rechnet auch in diesem Jahr mit einem Anstieg der Zugriffe auf das GES. Auch die Zahlen aus dem ersten Halbjahr 2017, in diesem Jahr waren es bereits 16164 GES-Recherchen, deuten auf ein weiteres, deutliches Wachstum hin. Bisher können nur die Bundes­polizei sowie die Landes­kriminal­ämter über eine Schnitt­stelle auf das seit 2007 existierende Gesichts­erkennungs­system zugreifen. Entwickelt wurde die Software von der Dresdner Firma Cognitec Systems. Mit Hilfe des Programms können die Behörden den digitalen Daten­bestand des polizeilichen Informations­systems Inpol automatisiert durchsuchen. Im Mai 2016 teilte die Bundesregierung mit, Inpol umfasse rund 4863000 Fotos von 3340330 Menschen.

Grundsätzlich eine "hilfreiche Maßnahme"

"Wer könnte ernsthaft gegen die Nutzung von Gesichts­erkennungs­software zur Bekämpfung der Kinder­pornographie sein?", fragt Daten­schützer Caspar. Grundsätzliche wäre der Einsatz von Gesichts­erkennungs­systemen eine "hilfreiche Maßnahme", welche die polizeiliche Ermittlungs­arbeit erleichtern könne. Aber, der Einsatz der Gesichts­erkennungs­technologie wäre in der Praxis nicht eindeutig gestaltet. "Es fehlen häufig am Bestimmtheits­grundsatz ausgerichtete Eingriffs­ermächtigungen sowie Vorgaben, die den Bereich von Anlasstaten eingrenzen und Mindest­anforderungen an die Verlässlichkeit der Technik vorgeben", so Caspar.

Ein umfassender Einsatz der automatisierten Gesichts­erkennung wäre ohnehin problematisch, wie die Datenschutz­beauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Marit Hansen, erklärt. Zwar dürfe die Polizei nach geltendem Recht Bild­material von Straf­taten mit ihren Daten­banken von verurteilten Tätern oder Fahndungs­fotos abgleichen. "Aber die weiter­gehenden Ideen und praktischen Versuche, biometrische Fahndungs­systeme mit Video­überwachung zu koppeln und die Gesichter der vorbeigehenden Menschen zu scannen, sind unverhältnis­mäßig und nicht vom jetzigen Recht erlaubt. Damit wäre es nämlich nicht mehr möglich, dass sich unverdächtige Menschen im öffentlichen Raum unerkannt bewegen", so Hansen weiter. Ein solches Pilot­projekt zur Gesicht­serkennung läuft derzeit am Berliner Bahnhof Südkreuz.

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