Risiken und Nebenwirkungen

Flatrate: Anbieter haben den Hals schneller voll als die Nutzer

Was tun, wenn der Anbieter die Flatrate kündigt?
Von Marie-Anne Winter

So wie in den Zeiten der früheren Flatrate-Sterben auch, greifen immer mehr Anbieter nun nach der Notbremse: Sie kündigen Kunden, die ihre Angebote ihrer Ansicht nach zu intensiv nutzen. Interessant ist, dass es derzeit Kunden ganz unterschiedlicher Flatrate-Produkte trifft: Den Anfang machte die Meldung über Kündigungen von Base-Internet-Kunden, zuvor beschwerten sich aber schon Nutzer der Datenflatrate von Moobicent, dass sie bei zu hohem Verbrauch gedrosselt würden. Doch auch Festnetzanbieter Arcor droht Kunden mit Kündigung, weil sie die International-Flat I für 3,95 Euro pro Monat gebucht haben und diese nach Ansicht des Anbieters zu intensiv nutzen. Nun kündigt Mobilfunk-Discounter Congstar einigen Kunden gebuchte Flatrate-Optionen, die sehr ausgiebig genutzt wurden. o2 hat zwar keine Kündigungen ausgesprochen, dafür aber die Anwahl einiger Voice-Chat-Lines und einiger Calling-Card-Einwahlen so stark limitiert, dass die Kunden kaum noch den gewünschten Anschluss erreichen. Betroffen sind in diesem Fall nicht nur die Flatrate-Nutzer, denen diese Aktion offensichtlich hauptsächlich gilt, sondern alle Kunden im o2-Netz.

Einladung zum Rosinen-Picken

Um kurz beim Beispiel congstar zu bleiben: Gerade das flexible Baukastenprinzip dieses Anbieters verlockt dazu, sich genau die Flatrate auszusuchen, mit der man beispielsweise die Freundin in ihrem Handynetz günstig erreichen kann - und nutzt diese SIM dann entsprechend. Ähnlich ist das mit der Auslandsflatrate bei Arcor: Wenn man die Tante in Polen so wunderbar günstig erreichen kann, dann liegt es doch nahe, sie immer wieder anzurufen, notfalls kann man ihr ja erzählen, was gerade im deutschen Fernsehen läuft - es kostet ja nichts extra.

Die Handy-Flatrate von Auto-Mobile, die von Brand Mobile realisiert wurde, ist inzwischen vom Markt genommen worden. Selbst Bestandskunden werden ab Juni nicht mehr bedient. Bei diesem Tarif konnten die Kunden tageweise eine Flatrate buchen. Da liegt es für die Kunden nahe, das Telefonierverhalten so zu ändern, dass man halt eben an einigen wenigen Tagen im Monat sehr ausgiebig telefoniert, an anderen Tagen dafür überhaupt nicht, so dass der Flatrate-Preis auch nur für wenige Tage im Monat anfällt.

Dass es sich für den Anbieter nicht rechnen kann, wenn zu viele Kunden sich genau so verhalten, ist nachvollziehbar. Doch so verständlich es ist, dass ein trickreiches und aus Kundensicht effizientes Ausnutzen bestimmter Flatrate-Optionen für Anbieter schmerzhaft sein kann, desto erstaunlicher ist es, dass die Anbieter offenbar nicht damit gerechnet haben, dass ihre Kunden sie beim Wort nehmen - und tatsächlich unendlich lang quatschen, jede Menge SMS versenden oder riesige Datenmengen herunterladen.

Mit Sprüchen wie "die absolute Redefreiheit", "Deutschland quatscht sich leer" oder "endlos telefonieren" werden die Kunden ja immer aufs Neue dazu animiert, ihre Flatrate richtig auszutesten. Insofern ärgern sich die Kunden zu recht, wenn der Anbieter ihnen plötzlich kündigt, weil sie eine Flatrate als solche genutzt haben. Hier müssen sich die Anbieter an die eigene Nase fassen und überlegen, was sie den Nutzern eigentlich versprechen. Wenn sie mit unbegrenzter Nutzung werben und eigentlich nur möchten, dass die Kunden jeden Monat einen verlässlichen Fixpreis für eine zurückhaltende Durchschnittsnutzung zahlen, dürfen sie sich nicht wundern, wenn diese Rechnung am Ende nicht aufgeht.

Das eigene Verhalten überdenken

Während der Restaurantbetreiber bei seinem All-you-can-eat-Angebot sich darauf verlassen kann, dass ein Durchschnitts-Esser eben nicht mehr als einen Teller Suppe, ein paar Stücke Pizza, einen Pudding zum Nachtisch und vielleicht noch etwas Salat dazu herunter bekommt, weil die meisten Menschen nicht unendlich überdehnbare Mägen haben, ist der Anbieter einer mobilen Flatrate nicht davor sicher, dass der Nutzer, der heute mobil Filme angesehen hat, das morgen nicht schon wieder tut. Auf der nächsten Seite sehen wir uns an, was Kunden und auch Anbieter tun können, um Kündigungen von Flatrate-Verträgen zu vermeiden.

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