Geschäftsmodelle

Warten auf das neue iPhone: Meschugge oder Geschäftsidee?

Erste iPhone-Fans warten bereits seit Anfang des Monats vor dem Apple-Store in New York. Auch in Berlin wurden erste iPhone-Fans vor den einschlägigen Verkaufsstellen gesichtet.
Von Marie-Anne Winter mit Material von dpa

Weihnachten im September: Warten auf das neue iPhone. Weihnachten im September: Warten auf das neue iPhone.
Bild: teltarif.de
Warten ist Kult: Die Warteschlange vor dem Apple-Store in New York wird längst von anderen Unternehmen für die Eigenwerbung genutzt. Was sich durchaus anbietet, denn die New Yorker Fifth Avenue ist um die Mittagszeit sehr belebt: Männer in Anzügen, Touristen, Frauen in Designerkleidern mit Chihuahuas an der Leine - sie alle kommen an Jonah Wong und seinen Nachbarn vorbei. Der 29-Jährige sitzt auf einem Campingstuhl vor einer kleinen Mauer, unweit des Eingangs zum Apple-Store. Rund 30 solcher Klappstühle stehen in einer Reihe. Die meisten sind leer. Wong sitzt hier schon seit Anfang September. Weihnachten im September: Warten auf das neue iPhone. Weihnachten im September: Warten auf das neue iPhone.
Bild: teltarif.de
"Ich wollte als erster das neue iPhone 6 in den Händen halten", sagt er. Dafür ist er mit Kumpel Eduardo aus Hong Kong angereist. Am 3. September schlugen sie in New York ihr Lager auf, vor dem Laden am Central Park. Da waren sie bereits Nummer fünf und sechs in der Warteschlange.

Datenblätter

Flug und Verpflegung bekommt Wong bezahlt - vom Akku-Spezialisten Ravpower. Dafür muss er einen grünen Pullover mit dem Firmenlogo tragen. Die Werbeidee geht auf: Alle fünf Minuten halten Passanten an und machen Fotos mit Wong. Die neue iPhone-Modelle - flacher und größer als das Vorgänger-Modell - kommen erst am 19. September in die Läden. So lange wird Wong also noch ausharren müssen.

Bisher sei das Leben auf der Straße angenehm verlaufen, sagt er. Um kostenlos duschen zu können, hat er sich für einen Monat eine Mitgliedschaft im Verein YMCA besorgt. Der Apple-Store stellt seine Toiletten kostenlos zur Verfügung. Und wenn der Hunger groß wird, geht einer der Wartenden zum nächsten Fast-Food-Laden. Deshalb ist Eduardos Klappstuhl gerade leer.

Gute Plätze an die Meistbietenden

Klappstuhl im Zeichen des Apfels. Klappstuhl im Zeichen des Apfels.
Bild: teltarif.de
Eine Touristin setzt sich auf den freien Platz. Sie holt ihr Smartphone heraus. "Darf ich ein Foto machen", fragt sie und drückt ohne abzuwarten auf den Auslöser. Wong grinst in die Kamera. "Tagsüber reden wir mit vielen Leuten, da wird einem nicht langweilig", sagt er. "Nur in der Nacht fällt es manchmal schwer, einzuschlafen." Dann sitzt er eingehüllt in seinem Schlafsack auf dem Stuhl, mit Kopfhörern am Ohr.

Die Touristin läuft weiter. Einen Platz rechts vom leeren Stuhl sitzt Hunter Kemp. Der 25-jährige Musikproduzent aus New York ist gar kein Apple-Fan. "Ich will meine guten Plätze später verkaufen", sagt er. Vor einem Jahr, als das iPhone 5S brandneu war, hatte sich eine extrem lange Schlange vor dem Laden gebildet. Sie verlief einmal um den gesamten Block herum. "Menschen sind bereit, viel Geld auszugeben, um nicht hinten anzustehen", sagt Kemp. "Für 2 000 Dollar gebe ich einen meiner Plätze frei." Er zeigt auf drei Stühle, die er aufgestellt hat.

Das ist auch die Geschäftsidee von Jean Anacreon. Der Kleiderverkäufer aus Brooklyn brachte sechs Sitze mit. "Eines der iPhones werde ich für mich behalten, die anderen verticke ich", sagt er. "In den Vorjahren durfte jeder Kunde zwei iPhones kaufen. Sobald ich im Laden war, werde ich mich wieder anstellen." Auf diese Weise will er bis zu 15 000 Dollar verdienen.

Ein älterer Herr im Anzug bleibt vor Anacreon stehen. Als er erfährt, wie lange der 23-Jährige noch warten wird, macht er große Augen. "Das ist meschugge", sagt er und geht kopfschüttelnd weiter. Anacreon lacht: "Er nennt es meschugge, ich sehe ein gutes Geschäftsmodell."

Erste iPhone-Fans warten auch in Deutschland

Warteschlangen vor Apple-Läden sind durchaus ein weltweites Phänomen: Auch in Berlin wurden schon erste Fans vor dem Apple-Store am Kudamm gesichtet, allerdings ist die Anzahl noch sehr übersichtlich. Die Wartenden werden von Apple mit freiem WLAN und Strom versorgt, von Starbucks gibt es Kaffee. Ob sich auch hierzulande Warteplätze für vierstellige Summen verkaufen lassen, wie in der Kapitalismus-Hochburg New York? Vermutlich eher nicht, auch wenn die neuen iPhone-Modelle einmal mehr neue Rekordmarken bei den Vorbestellungen erreicht haben und viele Kunden vermutlich wochenlang auf ihre Geräte warten müssen.

Wer noch unentschlossen ist, welches iPhone-Modell es als nächstes sein soll, kann sich in unseren Kaufratgeber zu Gemüte führen, in dem wir iPhone 6, 6 Plus und iPhone 5S vergleichen.

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