Gespräch

Analog-Anschluss-Zukunft: Telekom-Technik-Chef im Interview

Telekom-CTO Jacobfeuerborn zu LTE, VDSL Vectoring und HSDPA
Das Interview führte Thorsten Neuhetzki

Gibt es einen Plan B, wenn die Bundesnetzagentur Ihren Vectoring-Plänen nicht in dem Umfang zustimmt, wie Sie sich das vorstellen?


Bruno Jacobfeuerborn: Dann - das haben wir immer gesagt - müssen wir unsere Investitionen überdenken. Haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich dazu jetzt nicht weiter äußere.

Wie steht die Deutsche Telekom zu Bonding, dem Koppeln von zwei Telefonleitungen um die Datenraten zu erhöhen. Planen Sie, diese Technik einzusetzen?


Bruno Jacobfeuerborn: Bonding wird von der Deutschen Telekom schon genutzt. Allerdings nur bei Geschäftskunden. Im Privatkundenmarkt wird diese Technik nicht kommen. Wenn wir mit Vectoring 100 MBit/s anbieten können, haben wir für jetzt und die nahe Zukunft den Breitbandbedarf unserer Kunden zumindest in den allermeisten Fällen gedeckt, da aktuell keine Anwendungsszenarien für mehr als 100 MBit/s bestehen.

Und über die nahe Zukunft hinaus?


Bruno Jacobfeuerborn: Dann sind wir mit unserem Glasfaser ja schon recht nah beim Kunden, da wir die Kabelverzweiger erschlossen haben. Wenn der Bedarf dann wirklich steigt, müssen wir den nächsten Schritt tun und von dort die Glasfaser zum Kunden bringen.

Sind diese hohen Datenraten nicht auch ein Förderer des Over-the-Top-Traffics (OTT), der der Deutschen Telekom und anderen Carriern ein Dorn im Auge ist, weil sie daran nichts verdienen?


Bruno Jacobfeuerborn: Die Datenraten können aber auch dazu führen, dass die Kunden unsere eigenen Dienste mehr nutzen. Denken Sie an das Thema Cloud-Computing. Mit VDSL Vectoring könnten wir unseren Kunden 40 MBit/s im Upstream anbieten. Das würde dem Speichern von Daten in der Cloud einen neuen Schwung verleihen. Wichtig ist dabei dann eben auch, dass wir den Kunden ein entsprechendes Paket anbieten. Weiterer OTT-Traffic lässt sich sicherlich nicht vermeiden, ist aber auch nicht dramatisch.

Bis 2016 wollen Sie, so haben wir berichtet, den analogen Festnetzanschluss abschalten.


Bruno Jacobfeuerborn: Wir sind dabei die Umstellung unser Kunden auf einen IP-basierten Anschluss jetzt ernsthaft umzusetzen, ja. Das ist eines der großen Ziele der Deutschen Telekom und damit auch meine Aufgabe als Technik-Chef. Die bestehende Technik weiter zu erhalten, wird immer teurer. Wir müssen wirtschaftlich denken, Investitionen in eine in die Jahre gekommene Technik sind da das falsche Signal. Aufgrund der erforderlichen Abschaltungen von Altplattformen sind wir gezwungen, hier erste Kunden zu kündigen, haben jedoch auch gleichzeitig ein auf IP basierendes neues Angebot unterbreiten können. Fakt ist, bei einem neuen IP-basierten Anschluss zahlt der Kunde keinen Cent mehr. Unser Bestreben ist es auch weiterhin, das beste Kundenerlebnis zu bieten. Mittlerweile haben wir bereits mehr als eine Millionen IP-Kunden, bis zum Jahresende soll die Zahl auf über zwei Millionen steigen. Bei Neukunden und Vertragsverlängerungen schalten wir heute in der Regel nur noch IP-Anschlüsse. Allerdings werden wir am Ende nicht um Kündigungen von Altverträgen umhinkommen.

... und bis 2016 die analogen Anschlüsse abschalten.


Bruno Jacobfeuerborn: Nein, das würde ich so nicht bestätigen. Sicher ist das Ende des klassischen Analog-Anschlusses keine Frage von Jahren mehr. Aber es müssen noch ein paar offene Fragen geklärt werden. Hier sind wir noch gefordert, um weitere Nachfolgeprodukte zu entwickeln. Kunden, die fürs Erste einen analogen Anschluss benötigen, werden wir diesen auch nicht kündigen, bis wir eine Alternative anbieten können.

Damit gibt es dann zwei große Probleme: Die Kunden, die für IP mangels DSL zu weit von der Vermittlungsstelle entfernt sind und diejenigen Kunden, die mit einer solchen Umstellung überfordert wären.


Bruno Jacobfeuerborn: Hier müssen wir Lösungen schaffen. Mehr lässt sich dazu heute noch nicht sagen, wir werden aber keinen Kunden im Regen stehen lassen, so viel ist klar.

Herr Jacobfeuerborn, vielen Dank für das Gespräch.


Bruno Jacobfeuerborn: Gerne.

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