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Weitere Details zur Telekom-Drossel: Freie Fahrt für Entertain?

Ausnahmen bei der Traffic-Messung könnten rechtlich bedenklich sein
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Aus dem Schneider sind erst einmal Nutzer des hauseigenen Telekom-Entertain-Angebots. "Die Nutzung von Entertain wird nicht auf das im Tarif enthaltene Volumen angerechnet," schreibt der Konzern. "Mit Entertain buchen die Kunden Fernsehen, deshalb werden wir sicherstellen, dass sie nicht plötzlich vor einem schwarzen Bildschirm sitzen", erläutert Michael Hagspihl, Geschäftsführer Marketing der Telekom Deutschland. Aber bei der Nutzung von tagesschau-App, Zattoo, Smart-TV und Co. handelt es sich nach der Auffassung der Nutzer ebenso um "Fernsehen". Bevorzugung der Entertain-Kunden könnte problematisch sein Bevorzugung der Entertain-Kunden könnte problematisch sein
Foto: Deutsche Telekom

Auch Sprachtelefonie über den Telekom-Anschluss werde nicht auf das Inklusivvolumen angerechnet. Keine Freunde wird sich die Telekom mit der nun folgenden Formulierung machen: Beide Dienste (Entertain und Telefonie per NGN) seien im Gegensatz zu Internetdiensten "Managed Services", die in einer "höheren und gesicherten Qualität produziert" und vom Kunden "gesondert bezahlt werden". Dieser beinahe zynisch zu nennende Passus in der Pressemitteilung mag zwar eine Ohrfeige für alle Gratis-Dienste wie YouTube, Skype oder Cloud-Denste sein. Doch es gibt - gerade im Bereich Video-on-Demand - kommerzielle und Traffic-intensive Anbieter wie maxdome, Lovefilm und Videoload, deren Trafficverbrauch voll auf das Inklusivvolumen angerechnet wird. Es bleibt abzuwarten, ob diese Anbieter sich diese Benachteiligung in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht gefallen lassen werden. Auch Vielnutzer von Internet-Radio und Musik-Streaming-Services sind von der Begrenzung betroffen.

Wer bestimmt, was ein "regulärer Internetdienst" ist?

Unklar bleibt bislang die Formulierung der Telekom: "Reguläre Internetdienste werden diskriminierungsfrei nach dem 'Best-Effort'-Prinzip behandelt, das bedeutet: so gut es die zur Verfügung stehenden Ressourcen ermöglichen. Das gilt auch für Internetdienste der Telekom." Die einzig mögliche Deutung dieser Passage ist das Thema Netzneutralität - in diesem Fall sieht aber alles danach aus, dass die Telekom festlegt, wer ein "regulärer Internetdienst" ist und wer nicht. Filesharing dürfte beispielsweise nicht dazu gehören.

Eine weitere Ausnahme neben "Entertain" hat die Telekom bereits mitgeteilt: "Teilen Kunden künftig über WLAN TO GO (Kooperation mit Fon) ihr WLAN mit anderen Nutzern, läuft das hierbei erzeugte Datenvolumen separat und wird für das Volumen des Kunden ebenfalls nicht angerechnet".

Beispielrechnung der Telekom ist umstritten

Bereits nach Auftreten der ersten Gerüchte zur DSL-Drosslug haben wir die Frage aufgeworfen: Reichen 75 GB pro Monat? Die Telekom stelt nun folgende Beispielrechnung auf, um ihre Entscheidung zu untemauern:

"Vor der technischen Realisierung bekommen Kunden die Möglichkeit, ihren Datenverbrauch im Kundencenter im Internet nachzuvollziehen. Im Schnitt verbraucht ein Kunde heute 15 bis 20 Gigabyte (GB). Das geringste integrierte Datenvolumen wird 75 GB betragen. Neben dem Surfen im Netz und dem Bearbeiten von Mails ist dieses Volumen beispielsweise ausreichend für zehn Filme in normaler Auflösung plus drei HD-Filme, plus 60 Stunden Internetradio, plus 400 Fotos und 16 Stunden Online-Gaming." Erste Reaktionen vieler Nutzer deuten darauf hin, dass dieses Nutzungsszenario deutlich zu niedrig angesetzt ist. Immerhin ist die Telekom ehrlich und nennt noch einen weiteren Grund für die Einführung der Drosselung:

"Das Datenvolumen im Netz nimmt rapide zu: Nach Expertenschätzung wird es sich bis 2016 vervierfachen. Dann sollen 1,3 Zettabyte Daten (eine Zahl mit 20 Nullen) pro Jahr übertragen werden. Deshalb müssen die Netze kontinuierlich ausgebaut werden. Eine flächendeckende Glasfaserinfrastruktur würde bis zu 80 Mrd. Euro kosten."

Noch keine genauen Details zu den Zubuchoptionen

"Mit der Umsetzung der Geschwindigkeitsbegrenzung wird die Telekom Zubuchoptionen einführen. Damit können Kunden auch über das integrierte Volumen hinaus das Internet mit Hochgeschwindigkeit nutzen. Die Details der Zubuchoptionen wird die Telekom rechtzeitig bekannt geben", teilt der Konzern mit.

Völlig unklar ist momentan, ob diese Zubuchoptionen wie gegenwärtig im Mobilfunk gestaltet sein werden oder ob die Telekom hier ganz neue Modelle einführt. Eine entscheidende Frage ist beispielsweise, ob das Upgrade-Inklusivvolumen monatlich zu- oder abbuchbar sein wird oder ob die Telekom auch für diese Optionen längere Laufzeiten vom Kunden verlangen wird.

Ebenfalls noch nicht kommuniziert hat die Telekom, wie hoch nach der Drosselung die Upstream-Geschwindigkeit sein wird. Dies könnte zum Beispiel für Freiberufler im Medienbereich eine existenzbedrohende Tatsache werden, wenn der Versand größerer Mediendateien über das Internet nicht mehr in der bisherigen Geschwindigkeit funktioniert. Gegenwärtig ist davon auszugehen, dass von der Drosselung die Privatkundentarife betroffen sein werden - was mit den Geschäftskundentarifen passiert, hat der Konzern noch nicht mitgeteilt.

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