Interview

Roland Koch: "Dürfen Piratenpartei nicht belächeln"

Hessischer Ministerpräsident: CDU muss beim Thema Internet noch lernen
Von dpa / Marc Kessler

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sieht seine Partei in der Pflicht, das Thema Internet stärker zu besetzen. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa in Frankfurt sagte der CDU-Bundesvize, die Christdemokraten dürften die Piratenpartei nicht belächeln. Er selbst nutze das Netz intensiv, berichtete Koch am Rande einer Diskussionsrunde der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR).

Was kann die CDU von der Piratenpartei lernen?

CDU-Ministerpräsident Roland Koch CDU-Ministerpräsident Roland Koch
Foto: dpa
Roland Koch: "Dass der Freiheitsbegriff auch in einer neuen Generation Gegenstand von Diskussion und Auseinandersetzung ist. Und sie muss um Freiheit ringen. Also: Die Freiheit, alles benutzen zu dürfen, gegen die Freiheit, mein Eigentum schützen zu können. Das ist für jemanden, der ein Gedicht schreibt, das im Internet erscheint, möglicherweise ziemlich entscheidend. Es sind zwei Freiheiten - und das ist kein neuer Konflikt. Er hat nur eine neue Dimension erlangt."

Und die hat die CDU erkannt?

Roland Koch: "Die CDU ist die Partei der Freiheit, sie muss in den Clinch gehen, sie muss das diskutieren, sie muss die Sphären des Rechts dieses Einen und des Anderen vermessen und darf nicht draußen vor sein, darf nicht als inkompetent, als uninteressiert gelten. Dann hat sie auch eine Chance, da mitzureden. Aber da muss man sich erst dran gewöhnen, und wir müssen uns schnell daran gewöhnen."

Brauchen Schüler das Fach Internetkompetenz?

Roland Koch: "Ich bin gegen Schulfächer, die jede einzelne Herausforderung abbilden. Aber Internetkompetenz wird eine Grundvoraussetzung für Schulerfolg in einem Jahrzehnt sein."

Wie äußert sich das in der Unterrichtspraxis?

Roland Koch: "Das heißt: Natürlich werden Lernen, Lernfortschritt, individualisiertes Lernen und Recherche in fast jedem Unterrichtsfach ohne Internetkompetenz ausgeschlossen sein."

Wie nutzen Sie selbst das Netz - persönlich und beruflich?

Roland Koch: "Ich nutze es sehr für Informationsgewinn. Ich bin kein Partner der sozialen Netze, dafür habe ich auch schlicht keine Zeit und das würde ich faken [von anderen schreiben lassen] müssen. Daher machen wir das nicht. Aber ich nutze es eben als Informationsgewinnung."

Sie haben ein internetfähiges Handy?

Roland Koch: "Ja, ich bin auch mobil im Internet, so dass ich heute weniger als früher toleriere, etwas nicht zu wissen. Ich betrachte es als eine große Chance und einen großen Vorteil für mich. Und ich sehe, dass auch meine Arbeit - also die Art, wie meine Mitarbeiter mit mir kommunizieren - sich immer mehr darauf bezieht, dass die Ressourcen des Internets mit dazu gehören, die Umfelder zu organisieren und zu beschreiben, in denen man Entscheidungen trifft."

Sie würden niemanden in Ihrem Namen twittern lassen?

Roland Koch: "Nein, ausdrücklich nicht. Ich finde Twitter nicht unspannend, aber ich lasse nicht in meinem Namen twittern."

Aber glauben Sie, in Wahlkampfzeiten da noch dran vorbeizukommen?

Roland Koch: "Das weiß ich nicht, das muss man beobachten. Aber dann kann ich weniger Wahlkampf machen und muss twittern. Aber es dadurch zu machen, dass ein anderer twittert, das halte ich nicht für seriös. Und meine Erfahrung ist, dass in den sozialen Netzen die Seriosität - also die Validität der Art, wie man mit den Instrumenten umgeht - ein erheblicher Faktor ist. Die neuen Netze wollen nicht betrogen werden. Und ich finde, Politiker sollten damit nicht anfangen."

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