Firefox-OS-Erbe

Panasonic My Home Screen: So funktioniert das Smart-TV-System

Auf Panasonic-Fern­seh­ge­räten findet als Be­triebs­system eine Weiter­ent­wicklung von Firefox OS namens My Home Screen Verwendung. Die Plattform ist schnell und aufgeräumt, es hapert aber am App-Support.
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Mozillas Firefox OS konnte sich auf dem Smartphone-Markt nicht etablieren, treibt aber unter dem Label „My Home Screen“ zahlreiche Smart-TVs von Panasonic an. Das Betriebssystem basiert wie Android auf einem Linux-Kernel. Firefox OS nutzt die Webbrowser-Engine Gecko, um Apps in offenen Standards für HTML, CSS und JavaScript zu ermöglichen. Die Basis ist also da, um wichtige Anwendungen wie Netflix, Amazon Prime Video oder YouTube auf entsprechenden Fernsehgeräten zu beziehen. Wie sich der Firefox-OS-Erbe My Home Screen schlägt und wie gut die Smartphone-Anbindung klappt, erörtern wir in den folgenden Zeilen. Der Startbildschirm von My Home Screen Der Startbildschirm von My Home Screen
Andre Reinhardt

Der steinige Weg von Firefox OS

Mit seinem Internetbrowser und populären Anwendungen wie der E-Mail-Suite Thunderbird konnte Mozilla bereits Erfolge verbuchen, im Jahr 2013 versuchte der Konzern schließlich, bei den mobilen Betriebssystemen Fuß zu fassen. Der Ansatz der webbasierten Anwendungen wirkte interessant und der Linux-Hintergrund gewährte Entwicklern zahlreiche Möglichkeiten. Unter anderem Kinderkrankheiten der Software, zurückhaltende Unterstützung von Herstellern und die Dominanz der Android-Konkurrenz sorgten dafür, dass Firefox OS sich nicht etablieren konnte. Im Mai 2016 zog Mozilla den Stecker für die Smartphone-Software, verkündete im Januar desselben Jahres aber den Fortbestand als Smart-TV-Plattform in Kooperation mit Panasonic. Doch bereits im September 2016 warf das Entwicklerstudio ganz das Handtuch und überließ dem japanischen Hersteller die Software. So wurde aus Firefox OS schließlich My Home Screen.

Benutzerführung im Fokus

Manche Smart-TV-Betriebssysteme meinen es zu gut: Ein Druck auf die Home-Taste führt zu einem wahren Dschungel an Apps, Funktionen und Einstellungsmöglichkeiten – oftmals im Vollbildschirmmodus. My Home Screen, das von uns in der Version 2.0 auf einem Panasonic TX-EXW784 getestet wurde, zeigt sich minimalistischer, was der Bedienung zugute kommt. Ein Druck auf die Home-Taste führt zu einem Startmenü mit großen, runden Icons und transparentem Hintergrund. Auf diese Weise lässt sich ein Großteil des Fernsehprogramms oder von Streaming-Apps während der Navigation weiterverfolgen. Fest verankert in diesem Menü sind die Verknüpfungen zu „Live-TV“, „Apps“, „Geräte“ und „Multi Window“. Links oben findet sich ein Lupen-Icon wieder, das den Anwender Inhalte innerhalb von TV-Programmen, Aufnahmen, YouTube, dem Internet (inklusive Nachrichten und Google Maps) sowie Mediendateien suchen lässt. Hilfreich: Der User kann zu jeder Zeit über den Startbildschirm auf eine Einleitung zugreifen. Wetter-Widget von My Home Screen Wetter-Widget von My Home Screen
Andre Reinhardt

Personalisierbarkeit von My Home Screen

Während besagte Einleitung über eine Glühbirne in der rechten oberen Ecke erreichbar ist, sitzt in der linken oberen Ecke eine Ordner-Grafik. Durch einen Klick auf dieses Symbol lassen sich Ordner erstellen und Programme nach Wunsch in diesen ablegen. Die Verzeichnisse können beliebig benannt werden und die Reihenfolge enthaltener Apps lässt sich abändern. Auch abseits der Ordner wird es dem Nutzer gestattet, die Icons zu verschieben. Schade: Größe und Form der Symbole in My Home Screen sind fest vorgegeben. Ebenfalls ist es nicht möglich, Widgets hinzuzufügen, um beispielsweise direkt die Uhrzeit, einen Kalender oder das Wetter einzusehen. Ganz auf einen Wetterbericht müssen Sie dennoch nicht verzichten. Ein langer Druck auf den Home-Button führt zu einer kleinen Schaltzentrale für Mitteilungen, TV, Empfehlungen und Wetter. Die Pfeiltaste nach oben oder der grüne Knopf blenden dann ein AccuWeather-Widget ein. Dieses zeigt die Uhrzeit, das Datum und eine Wettervorhersage.

Funktionalität, App-Store, Smartphone-Anbindung & Fazit

Theoretisch kann die zuvor genannte Mini-App permanent eingeblendet bleiben, da sie rund ein Viertel der Anzeige beansprucht, ist das aber nicht empfehlenswert. Ebenfalls enttäuschend: Der Bereich „Mitteilungen“ ist Benachrichtigungen von Panasonic selbst vorbehalten, eigene E-Mails bleiben außen vor. Die Empfehlungen, die das TV-Programm, YouTube-Videos und Aufnahmen umfassen, sind ganz nett, treffen aber nicht immer den Geschmack des Anwenders. Links Fernsehprogramm, rechts Firefox-Browser Links Fernsehprogramm, rechts Firefox-Browser
Andre Reinhardt

Multitasking funktioniert mit My Home Screen recht ordentlich. Der integrierte Browser, bei dem es sich – wenig verwunderlich – um einen modifizierten Firefox handelt, kann auf Wunsch das Fernsehprogramm in der linken Seite einblenden. Multi Window erlaubt schließlich die parallele Darstellung von zwei Eingangsquellen. Das können Signale des Tuners via DVB-C, DVB-S und DVB-T oder via HDMI angeschlossene Geräte wie Blu-ray-Player und Receiver sein. Die Ansicht erfolgt nebeneinander oder als großes Bild mit einem Vorschaufenster. Der Ton lässt sich der Quelle zuweisen. Im App Market gibt es 150 Apps Im App Market gibt es 150 Apps
Andre Reinhardt

Überschaubarer App-Store

Panasonic stellt auf der Plattform „Apps Market“ diverse Anwendungen für den Smart-TV zur Verfügung. Aktuell (Stand Oktober 2018) tummeln sich darin exakt 150 Apps. Eine ernüchternde Anzahl - stimmt wenigstens die Auswahl? Die Video-Sektion ist mit Vertretern wie Netflix, Amazon Prime Video, YouTube, Videociety, Videoload und Viewster ganz gut bedient. Manche wichtigen Lösungen wie Sky, Maxdome, waipu.tv oder Zattoo sind jedoch (noch?) nicht verfügbar. Besonders düster sieht es bei der virtuellen Musikabteilung aus. Deezer und TuneIn sind vorhanden, von Spotify, Apple Music, Amazon Music, Tidal oder Napster fehlt jede Spur. Dem Bereich „Soziale Netzwerke“ können wir nur ein „ungenügend“ bescheinigen. Neben der eingestellten Plattform Google Picasa gibt es nur das indische Portal BharatMatrimony. Es wäre wünschenswert, dass Panasonic bei der App-Auswahl zulegt. Die Smartphone-App TV Remote 2 Die Smartphone-App TV Remote 2
Andre Reinhardt

Die Smartphone-Anbindung von My Home Screen

TV Remote 2 nennt Panasonic seine Begleit-App für die hauseigenen Smart-TVs. Diese ermöglicht die Steuerung des Fernsehers mit dem Touchscreen des Smartphones, inklusive Texteingabe via Software-Tastatur. In manchen Systembereichen des TVs ist auch eine Sprachsteuerung über das Handy möglich. Das Streaming von auf dem Mobilgerät befindlichen Fotos und Videos zum Fernseher klappt problemlos. Ein nettes Feature ist dabei die 2D-3D-Umwandlung. Sofern Sie über einen 3D-fähigen Panasonic-Smart-TV mit My Home Screen verfügen, können Ihre auf dem Telefon gesicherten Bilder und Filme dreidimensional auf dem großen Bildschirm wiedergegeben werden. Unterstützt der Fernseher TV-IP, lässt sich das laufende Programm durch My Home Screen an ein Smartphone oder Tablet übertragen. TV-Streaming via TV-IP TV-Streaming via TV-IP
Andre Reinhardt

Fazit zu My Home Screen

In zwei Disziplinen kann das auf Firefox OS basierende Betriebssystem des japanischen Herstellers besonders punkten: Bedienbarkeit und Reaktion. Die Steuerung ist äußerst intuitiv und erschlägt den Anwender nicht mit Menü-Wüsten oder unzähligen Icons. Weder in Apps noch auf dem Startbildschirm kommt es zu Verzögerungen, lediglich der Firefox-Browser reagiert etwas träge. Die Anschaltzeit aus dem Standby heraus liegt zumindest bei unserem TX-EXW784 bei guten anderthalb Sekunden. So viel Zeit vergeht auch beim Wechseln von Programmen über den eingebauten DVB-C-Tuner. Die Smartphone-App TV Remote 2 konnte uns ebenfalls überzeugen. Die größte Achillesferse von My Home Screen stellt ohne Zweifel die App-Sektion dar. Es fehlen wichtige Programme und es ist ungewiss, ob diese jemals erscheinen. Anwender, die primär YouTube und Netflix (auch mit 4K und HDR), sowie Amazon Prime Video, Deezer und TuneIn nutzen, dürften aber mit My Home Screen ihren Spaß haben.

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