Smartphone-Test

Ausprobiert: Nokia X30 5G und G60 5G im Vergleich

Nokia (eigent­lich HMD-Global) stellt zwei Mittel­klasse-Modelle mit 5G vor. Das Kuriose daran: Das güns­tigere Modell bietet wesent­lich mehr. Wir verglei­chen Nokia X30 5G und G60 5G.
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Die Marke Nokia ist vielen Handy­nut­zern geläufig. Doch der Mutter­kon­zern Nokia Oy hat seine Marken­rechte für Konsum­elek­tronik an verschie­dene Unter­nehmen "ausge­liehen", die unter dem welt­bekannten Namen eigene Produkte anbieten dürfen.

HMD Global beispiels­weise lässt sehr einfache und güns­tige "Feature-Phones" bauen, die nicht nur in Schwel­len­län­dern gefragt sind, sondern auch hier­zulande.

Nokia setzt auf Android One

Bei den Smart­phones hat Nokia (HMD) sich dem Betriebs­system Android One verschrieben, den Begriff "Symbian" werden einige Leser viel­leicht kennen. Android One ist ein nahezu "unver­bas­teltes" Stock-Android und enthält das Verspre­chen, mindes­tens drei Jahre nach Erschei­nungs­datum monat­liche Sicher­heits­updates zu liefern.

Darunter können auch zwei Versi­ons­updates sein, also beispiels­weise Android 13 oder Android 14.

Kaufen oder mieten?

Das Nokia G60 5G hat ein 6,58-Zoll-Display, fast groß wie z.B. beim iPhone 14 Plus Das Nokia G60 5G hat ein 6,58-Zoll-Display, fast groß wie z.B. beim iPhone 14 Plus
Bild: teltarif.de
Aktuell hat das Unter­nehmen zwei neue Modelle am Start, die man wahl­weise klas­sisch im Laden oder online direkt kaufen und bar bezahlen (oder mit einem Mobil­funk­ver­trag koppeln) kann oder über das Nokia Circula-Programm mieten kann.

Ein Handy zu mieten ist für viele Anwender noch unge­wohnt. Da aber Geräte heute schnell "veralten", könnte das eine sinn­volle Alter­native sein, da nicht mehr gebrauchte Geräte einfach zurück­gegeben werden und nicht in Schub­laden verstauben.

Nokia G60 5G und X30 5G

Die beiden neuen Modelle sind das Nokia G60 5G und das Nokia X30 5G. Beide Geräte verfügen über 5G-Mobil­funk, und in beiden wirkt der gleiche Qual­comm-Chip. Doch es gibt auch erstaun­liche Unter­schiede.

Das G60 5G (Werks­code TA1479) sei für eine längere Lebens­dauer ausge­legt, betont Nokia-HMD. Es bestehe zu 60 Prozent aus recy­celtem Kunst­stoff und wird mit drei Jahren Hersteller-Garantie, Betriebs­system-Upgrades und monat­lichen Sicher­heits­updates ausge­lie­fert.

Blickwinkelstabilität beim Nokia G60 Blickwinkelstabilität beim Nokia G60
Bild: teltarif.de
Stolz ist HMD auf die einge­baute KI-Kamera und betont die Lang­lebig­keit dieses Gerätes. Dafür bietet das G60 5G ein großes 6,58 Zoll FHD+-Display (16,7 cm, 1080 mal 2400 Pixel) im Seiten­ver­hältnis von 20:9 und mit einer Bild­wie­der­hol­rate von 120 Hz. Das bekommt man selbst bei wesent­lich teureren Modellen oft nicht geboten. Als Hellig­keit werden 400 Nits (typisch) bis 500 Nits (Boost) ange­geben.

Blue­tooth 5.1 und Kopf­hörer­buchse

Das Nokia G60 5G versteht die Blue­tooth-Version 5.1, hat aber noch eine klas­sische 3,5-mm-Kopf­hörer­buchse auf der Unter­seite des Gerätes. Die NFC-Nahbe­reichs­ver­bin­dung kann für das mobile Bezahlen verwendet werden.

Das G60 erlaubt 2x Nano- oder 1x Nano-SIM plus MicroSD - der eSIM-Chip ist im Gerät Das G60 erlaubt 2x Nano- oder 1x Nano-SIM plus MicroSD - der eSIM-Chip ist im Gerät
Bild: teltarif.de
Im Gerät wartet nicht nur ein Dual-SIM-Hybrid-Slot (2x Nano-SIM oder 1x Nano-SIM plus MicroSD-Spei­cher­karte), nein es schlum­mert auch eine eSIM-Funk­tion. hier kommt die SIM per Down­load aufs Handy. Zum Laden muss die Menüs "Netz­werk" und "SIM-Karte" aufrufen und die neue Karte hinzu­gefügt werden: Dazu wird der QR-Code, den der Mobil­funk-Anbieter liefert, "foto­gra­fiert" und nach wenigen Minuten ist die Nutzung des Tarifs start­klar. Die eSIM "ersetzt" die SIM2 im Gerät. Was wäre noch zu sagen: Unter­wegs kann der Standort über GPS/AGPS (welt­weit), GLONASS (Russ­land), BDS (China) und Galileo (Europa) ermit­telt und navi­giert werden.

Dual­band-WLAN, USB-C und Akku

Das Nokia G60 5G hat eine 3,5-mm-Kopfhörer-Buchse. Die ist zum Radiohören notwendig Das Nokia G60 5G hat eine 3,5-mm-Kopfhörer-Buchse. Die ist zum Radiohören notwendig
Bild: teltarif.de
Der USB-Anschluss auf der Unter­seite entspricht dem USB Type-C (USB 2.0) Europa-Stan­dard, der auch OTG (Anschluss von Spei­cher­medien) erlaubt. Das einge­baute WLAN unter­stützt die Norm 802.11 a/b/g/n/ac/ax-ready (2.4/5G Dual Band), das ist heute Stan­dard.

Der Akku hat eine Kapa­zität von 4500 mAh und ist vom Nutzer nicht heraus­nehmbar. Die vom Hersteller ange­gebene Akku­lauf­zeit von zwei Tagen kann je nach indi­vidu­eller Verwen­dung durchaus erzielt werden.

Wer das passende Lade­gerät (nicht im Liefer­umfang) zur Hand hat, soll mit 20-W-Schnell­ladung (nach QC2.0 und PD3.0) zurecht­kommen. Nokia verspricht, dass der Akku im Gerät mindes­tens 800 Lade­zyklen schaffen würde. Das wären bei regel­mäßiger Voll­ladung alle zwei Tage rech­nerisch etwa 4-5 Jahre.

Zwei Gehäu­sefarben stehen zur Auswahl: "Schwarz" oder "Eis" (silber). Unser Test­gerät hat die Farbe Silber, was einen sehr wertigen Eindruck hinter­lässt.

Das X30 5G

Das X30 5G (Werks­code TA1450) sei das bisher nach­hal­tigste Smart­phone, sagt HMD. Das Gehäuse werde aus "100 Prozent recy­celtem Alumi­nium und 65 Prozent recy­celtem Kunst­stoff" herge­stellt, auch hier gibt es drei Jahre Garantie wie beim G60. Obwohl es knapp 200 Euro teurer ist als das Nokia G60 5G, bekam es nur ein 6,43 Zoll "Pure"-Display mit 90 Hz Bild­wie­der­hol­fre­quenz verpasst, was eben­falls eine Hellig­keit von 400 Nits bietet, im Peak aber 700 Nits schaffen soll.

Das Display des Nokia X30 5G ist etwas heller als das des G60 und schafft kurzzeitig bis zu 700 Nits Das Display des Nokia X30 5G ist etwas heller als das des G60 und schafft kurzzeitig bis zu 700 Nits
Bild: teltarif.de
Die Front­kamera des X30 ist mit 16 MP und einer Blende von f/2,4 mit einer Brenn­weite von 3,06 Zoll (77 mm) ange­geben.

"Reines" Android

Auf beiden Geräten war ab Werk die Android-Version 12 aufge­spielt. Nach dem Auspa­cken sollten Sie gleich nach einem System-Update suchen, falls es nicht ohnehin ange­boten wird. Das G60 meldete nach dem Google-Play-System­update als Stand den 1. Oktober 2022 und beim Sicher­heits­update den 5. August 2022. Das X30 meldete auch beim Sicher­heits­update mit dem 1. Oktober 2022. Woran das genau liegt, verrät HMD nicht. Neben dem Stock-Android sind nach der Erst­instal­lation noch die Apps von Netflix und ExpressVPN (ein kosten­pflich­tiges VPN-Angebot) zu finden, die sich aber jeder­zeit löschen lassen.

Das X30 schlug zusätz­lich vor, eine "MyDevice"-App von HMD aufzu­spielen, die ein Konto bei HMD erfor­dert, das über das bestehende Google-Konto ange­legt werden kann. HMD möchte den Kunden über Neuig­keiten und Ange­bote infor­mieren, der Kunde kann das aber auch ablehnen.

Die "MyDevice"-App soll dem Anbieter Gerä­tedaten über­tragen dürfen, Online-Spiele ohne Instal­lation spielen lassen, ferner bietet die App eine Smart­phone-Versi­che­rung an. Nur der Link dorthin funk­tio­nierte zum Test­zeit­punkt nicht, wir sollten doch die (ansonsten funk­tio­nie­rende) Inter­net­ver­bin­dung checken.

Die Technik: Zweimal Snap­dragon

Datenblätter

In beiden Modellen arbeitet der Snap­dragon-695-5G-Prozessor von Qual­comm. Darin laufen sechs Kerne mit jeweils 1,8 GHz und zwei davon mit 2,21 GHz Takt­fre­quenz. Sowohl im Nokia G60 als auch im X30 sind 128 GB verbaut, beim RAM soll es zwei Versionen geben, mit entweder 4 GB oder 6 GB, die Test­geräte hatten jeweils 6 GB.

Bei glei­chem Spei­cher und glei­chen Prozessor ist zu erwarten, dass gleiche Rechen­leis­tungen erbracht werden. Das stimmt: Das Programm "Geek­bench 5" lieferte bei beiden Geräten einen Single-Core Wert von 669 Zählern und einen Multi-Core Sore von 1908 (X30) bzw. 1901 Punkten (G60). Auch die weiteren Werte lagen ziem­lich nah beiein­ander.

5G Mobil­funk

Unter den tech­nischen Daten gibt Nokia-HMD an, dass sowohl das G60 5G als auch das X30 5G die 5G-NR (New Radio)-Technik in NSA (Non Stan­dalone) und SA (Stand Alone) beherrscht, sowohl als EN-DC (=DSS Kombi­nation zwischen 4G und 5G) als auch die Carrier-Aggre­gation bei LTE.

Ob 5G-SA in der Praxis schon nutzbar ist, hängt vom eigenen Mobil­funk­anbieter und den gebuchten Optionen sowie der Netz­ver­sor­gung vor Ort ab. Aktuell können in Deutsch­land nur bestimmte Voda­fone-Privat­kunden diese Option buchen und regional nutzen.

Als mögliche Frequenzen werden von Nokia für 5G die Bänder n1 (2100), n3 (1800), n5 (850), n7 (2600), n8 (900), n28 (700), n40 (2300), n38/n41 (2500-2600), n77 (3300-4200) und n78 (3300-3800) ange­geben, für Latein­ame­rika fehlt n8 (900 MHz) dafür gibt es n66 (1700-2200 MHz). Für LTE stehen die Bänder 1, 3, 5, 7, 8, 20, 28, 38, 39, 40 und 41 zur Verfü­gung, für Latein­ame­rika kommen noch Band 2 (1900) und 66 dazu. Die Geräte könnten auch WCDMA (3G/UMTS), was es in Deutsch­land und weiteren Ländern bekannt­lich nicht mehr gibt, wobei für Latein­ame­rika auch noch Band 4 (1700) möglich wäre.

In GSM-Technik steht das klas­sische Quad­band-Angebot zur Verfü­gung (850, 900, 1800 und 1900 MHz), doch viele Länder haben gar kein GSM mehr in der Luft. Ob die Nokias G60/X30 auch mit der Low-Low-Band 5G/4G-Kombi­nation 700/800 MHz (n28/B20) zurecht­kommen, konnten wir bislang noch nicht zwei­fels­frei fest­stellen.

UKW-Radio einge­baut - im X30 nicht nutzbar

Im G60 (und im X30) ist ein UKW-FM Radio einge­baut, wobei der notwen­dige Kopf­hörer (nicht im Liefer­umfang) zugleich als Antenne dient. Steckt ein Kopf­hörer in der Buchse, ist das Radio­hören auf Wunsch auch über die Gerä­telaut­spre­cher möglich. Die FM-Radio-App zeigt die Programmart und den laufenden Titel an. Unter Einstel­lungen kann statt­dessen auf den RDS-Sender­namen (Sender­details) umge­schaltet werden. Die gespei­cherten Sender findet man hinter der Lupe. Den Sender­namen heißen alle "Neuer Kanal", was sich offenbar nicht ändern lässt. Das Nokia X30 5G hat keine 3,5-mm-Kopfhörer-Buchse, das eingebaute FM-Radio ist somit nicht nutzbar Das Nokia X30 5G hat keine 3,5-mm-Kopfhörer-Buchse, das eingebaute FM-Radio ist somit nicht nutzbar
Bild: teltarif.de
Wie gesagt: Auch auf dem X30 findet sich die FM-Radio-App. Das Radio­hören wäre damit wohl möglich, wenn es eine für den Nutzer erreich­bare Kopf­hörer-Buchse gäbe. Die gibt es nicht. Auch ein Lade­kabel an der USB-C-Buchse (egal, ob Strom drauf ist oder nicht) reichte uns zum Radio­hören nicht. Die somit nutz­lose Radio-App lässt sich im übrigen weder löschen noch deak­tivieren.

Die Kameras

Legt man die Handys ohne Schutz­hülle auf den Tisch, wackeln beide Geräte aufgrund des "Kame­rabu­ckels". Eine Schutz­tasche wäre daher in beiden Fällen zu empfehlen. Nokia nennt für die G60-Front­kamera: 8 MP, 1.12µm, und eine Blende von f/2.0 bei einer Brenn­weite von 1:4 Zoll (100mm). Die Rück­kamera wird mit 50 MP und 0.7µm (1.4µm 4-in-1) ange­geben, bei einer Blende von f/1.8, und einer Brenn­weite 1/2.5 (63,5 mm) plus einer zusätz­lichen 5-MP-Ultra­weit­winkel-Kamera mit Brenn­weite f/2.2, 1/5" plus eine 2-MP-"Tiefen-Kamera" mit Blende f/2.4, und 1:5 Zoll-Brenn­weite (125 mm). Ein LED-Blitz auf der Rück­seite soll für notwen­diges Licht im Dunkeln sorgen. Ein Bild der Nokia-G60-Kamera mit 8-fach-Zoom. Die Kamera kommt an ihre Grenzen Ein Bild der Nokia-G60-Kamera mit 8-fach-Zoom. Die Kamera kommt an ihre Grenzen
Bild: teltarif.de
Per Soft­ware werden ein Ultra-Weit­winkel-Modus und ein Nacht­modus ("Night Mode 2.0") erzeugt. Künst­liche Intel­ligenz soll die Bilder aufhüb­schen, was aber in der Praxis gewaltig schief gehen kann. So waren beim Modell X30 die in unserem Foto­labor aufge­nom­menen Bilder grund­sätz­lich gut, auch im Nacht­modus und bei schlechtem Licht ergaben sich wirk­lich brauch­bare Aufnahmen. Nur die Echt­heit der Farben fand unser Experte als "teil­weise gruselig", gerade bei den Zoom­stufen. Ein 8-fach-Zoom wäre eigent­lich gar nicht so schlecht, wenn es nicht so "nach­geschärft" und "vergilbt" aussehen würde.

Beim preis­lich güns­tigeren Modell G60 konnte das Gerät im Nacht­modus und bei schlechtem Licht schon preis­bedingt nicht so gut über­zeugen. Dafür waren reale Bilder (draußen) farb­lich deut­lich besser als beim X30. Das Preis-Leis­tungs­ver­hältnis wurde hier als "auf jeden Fall brauchbar" bezeichnet. 8-facher Zoom beim Nokia X30 - auch nicht viel besser als beim G60 8-facher Zoom beim Nokia X30 - auch nicht viel besser als beim G60
Bild: teltarif.de

Nokia G60 5G und X30 5G: Welches darf es denn sein?

Das G60 5G wird für Preise um 300 Euro ange­boten, das "einfa­chere" X30 kostet aktuell um die 500 Euro. Kurio­ser­weise ist beim güns­tigeren G60 eine eSIM möglich, beim teureren X30 mit klei­nerem Display jedoch nicht. Der Finger­abdruck-Sensor befindet sich beim G60 im Ein/Aus-Schalter, beim X30 im Front­dis­play, beides hat Vor- und Nach­teile.

Beim G60 kann eine SIM-Karte und eine SD-Spei­cher­karte einge­legt werden, beim X30 sind nur zwei Plastik-SIM-Karten möglich, jeweils im Nano-Format. Eine Kopf­hörer­buchse gibt es beim X30 - wie bereits erwähnt - nicht. Das ist ärger­lich, wenn man das einge­baute Radio nutzen möchte.

So würden wir das G60 wählen und sparen rund 200 Euro und haben ein bezahl­bares und univer­sell einsetz­bares Mobil­telefon mit Android 12 und 5G.

Alles in allem sollte Nokia-HMD aufpassen. Viele Anwender erwarten von Nokia mehr Modelle mit dem Kult­faktor der früheren Nokia-Handys. Auch nicht ganz ausge­reifte Entwick­lungen wie ein nicht nutz­bares UKW-FM-Radio trüben das Bild.

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