Schlechtes Netz

"Keine Ahnung": Bundesregierung im Funkloch?

Schwere Vorwürfe erhebt die Frank­furter Allge­meine Sonn­tags­zei­tung. Offenbar wisse niemand ganz genau, wie gut die Netz­ver­sor­gung in Zügen und auf Auto­bahnen wirk­lich ist?
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Schwere Vorwürfe erhebt die Frank­furter Allge­meine Sonn­tags­zei­tung (FAS): Demnach erfasst niemand, wie die Netz­ver­sor­gung in Zügen und auf Auto­bahnen wirk­lich ist. Das Verkehrs- und Digi­tal­minis­terium habe ihn auf die „Funk­loch-App“ verwiesen, womit Anwender etwaige Lücken melden können, berichtet der Autor. Und stellt fest: "Die Bundes­regie­rung ist über den Stand des Mobil­funk­aus­baus entlang der Auto­bahnen und ICE-Stre­cken offenbar nicht im Bilde".

Die CDU/CSU-Bundes­tags­frak­tion hatte im Rahmen einer parla­men­tari­schen Anfrage dem neuen Verkehrs- und Digi­tal­minister Volker Wissing (FDP) geschrieben und folgende Antwort erhalten: „Die Über­prü­fung der Versor­gungs­auf­lage entlang der Haupt­ver­kehrs­wege durch die Bundes­netz­agentur hat ergeben, dass diese voll­ständig mit LTE versorgt sind“, die Antwort liegt der Zeitung vor.

Minis­terium weiß gar nicht genau, wo es wirk­lich Netz gibt?

Vom Minister empfohlen: Die Funkloch App der Bundesnetzagentur Vom Minister empfohlen: Die Funkloch App der Bundesnetzagentur
Foto: Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)
Frank­furter-Allge­meine-Autor Ralph Boll­mann ist entsetzt. Die Netz­betreiber hätten sich dazu eigent­lich verpflichtet voll auszu­bauen, aber Bahn­rei­sende und Auto­fahrer wissen meist, wo es noch Lücken gibt, beson­ders wenn sie bestimmte Stre­cken regel­mäßig befahren. Das Minis­terium habe einge­räumt, den Stand der Netz­abde­ckung noch gar nicht flächen­deckend und überall nach­geprüft zu haben. Wört­lich: „Insge­samt wurden bislang im Rahmen der Über­prü­fung der Versor­gungs­auf­lagen auf ca. 2550 km Messungen entlang der Auto­bahnen vorge­nommen“.

Der Autor rechnet vor, dass dieser Wert nicht einmal ein Fünftel des deut­schen Auto­bahn­netzes darstellt, das insge­samt etwa 13.200 Kilo­meter umfasst. Tech­nisch könnte das Minis­terium mit dem vorhan­denen Personal- und deren Technik bis zu 5000 Stra­ßen­kilo­metern pro Woche prüfen. Die Über­prü­fung erfolge nur „in ausge­wählten Refe­renz­regionen mit unter­schied­lichen Sied­lungs­struk­turen, deren Auswahl ein hinrei­chend reprä­sen­tatives Bild ergibt“. Soll heißen, über weitere Teile des Landes wissen die Offi­ziellen über­haupt nicht Bescheid.

CDU-Kritik am eigenen Versagen: „Noch nicht in der Realität ange­kommen“

Das Minis­terium verweist auf eine vor etwa drei Jahren gestar­tete „Funk­loch-App“, mit der private Nutzer Lücken im Netz melden können, sobald sie wieder Kontakt zum Netz haben. Die Oppo­sition, bis vor kurzem noch in Regie­rungs­ver­ant­wor­tung für das Versor­gungs­dis­aster verant­wort­lich, hat schon umge­schaltet: „Beim Mobil­funk­ausbau scheint die neue Bundes­regie­rung noch im Nebel zu funken“, sagte die stell­ver­tre­tende Vorsit­zende der Unions­frak­tion im Bundestag Nadine Schön. „Die Menschen erleben weiterhin auf ICE-Stre­cken und auf der Auto­bahn Verbin­dungs­abbrüche.“ Ja warum nur ist das so?

Sie fordert: Spätes­tens bei der Vergabe weiterer Mobil­funk­fre­quenzen müsse die neue Bundes­regie­rung auf die rich­tigen Versor­gungs­auf­lagen setzen und den Ausbau in der Fläche zügig voran­bringen. Der digi­tal­poli­tische Spre­cher der CDU-Frak­tion, Rein­hard Brandl, pole­misiert: Die neue Regie­rung sei „noch nicht in der Realität ange­kommen“. Auch die Städte dürften nicht vergessen werden. „So könnte eine durch­gän­gige Mobil­funk­ver­sor­gung in U-Bahnen bezie­hungs­weise unter­irdi­schen S-Bahnen die Nutzung des öffent­lichen Nahver­kehrs attrak­tiver machen“, findet Brandl, offenbar ist er in Berlin schon öfters U-Bahn gefahren.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Wenn Netz­betreiber von ihrem ach so tollen Netz­ausbau erzählen, der mit der Realität oft wenig zu tun hat, kommen Wähler ins Grübeln. Spätes­tens wenn das neu verge­bene Minis­terium das Land komplett vermessen oder die Daten der Funk­loch App komplett erfasst hat, sollte hier Klar­heit herr­schen und eine klare Ansage seitens der Politik gemacht werden, wie der Netz­ausbau gelingen kann. Wer diese Auflagen nicht erfüllt, müsste dann eigent­lich in aller­letzter Konse­quenz mit einem Entzug seiner Sende­lizenz rechnen.

Alleine auf den Netz­betrei­bern herum­zuhäm­mern, ist aber auch nicht ziel­füh­rend: Mit dem Finger muss genauso auch auf örtliche "Beden­ken­träger" und lokale und regio­nale Büro­kraten gezeigt werden.

BNetzA Präsi­dent Jochen Homann denkt derweilen über eine Verschie­bung der nächsten Frequenz-Auktion nach.

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