Mallik Rao: 5G für alle und GSM zusammenlegen
Bei der Connect-Conference in Dresden hielt der o2-Technik-Chef (CTO und CIO) Mallik Rao einen Vortrag unter dem Thema "Wie man die Digitalisierung verantwortlich voran bringt." (Original: "Driving Responsible Digitization").
Steigende Datenmengen - steigender Stromverbrauch?
Dabei stellt er fest, dass die in den Netzen übertragenen Datenmengen unaufhörlich steigen, weil die Menschen immer mehr online arbeiten, leben oder sich vergnügen. Die dafür notwendigen Server brauchen viel Strom und erzeugen Wärme, was wiederum eine Kühlung braucht. Da stellt sich natürlich die Frage: Wie können wir das Klima und die Umwelt schonen? Die entstehende Wärme ließe sich zum Beispiel auch zum Heizen verwenden.
Mallik Rao warb in Dresden für eine Digitalisierung, die alle Schichten der Gesellschaft mitnimmt.
Grafik: o2-Telefónica
Weitere Themen sind für Rao wichtig: Wie können wir die Netze besser vor inneren und äußeren Gefahren schützen? Wie bekommen wir eine größere soziale Gerechtigkeit bei den Nutzern der Netze hin? Darauf legt er großen Wert: Es müsse eine gleichberechtigte Teilhabe an der digitalen Welt geben, dass die Menschen darüber Zugang zu Bildung bekommen, dass Menschen mit Behinderungen und Handycaps dabei sein können und dass Mobilfunk für alle diese Zielgruppen erschwinglich bleibt.
Die Branche müsse den Kunden einfachen Zugang zur Infrastruktur gewähren, den Kunden helfen, die notwendigen digitalen "Skills" vermitteln, unabhängig vom Lebensalter und den Vorkenntnissen.
Mobile Kommunikation muss erschwinglich bleiben
Mobile Kommunikation ist für bestimmte Menschen immer noch ein Luxus. Nicht alle können (oder wollen) sich diesen leisten. Je gerechter es in der Gesellschaft zugeht, desto höher sind die Chancen, dass alle mit dabei sind. Viele Menschen haben ein Problem, weil laufend "neue" Technik auf den Markt kommt, obwohl die "alte" Technik doch noch "gut" wäre. Wie können wir neue, alles auf den Kopf stellende Techniken (sogenannte "disruptive" Technologie) sinnvoll anwenden?
Das Beratungsunternehmen McKinsey hat bestätigt, was wir schon geahnt haben: Die Covid19-Pandemie hat die Digitalisierung um 3-4 Jahre beschleunigt. Digitalisierung könne die Wirtschaft stabiler (resilienter) machen, findet Rao.
Passende Regeln bleiben notwendig
Bei aller Euphorie und dem großen Spaß an neuer grenzenloser Technik: Ganz ohne Regeln wird es nicht gehen. Nur sollte die Regulierung ("Regulatory Framework") passend ("suitable") bleiben, forderte Mallik Rao in seinem Vortrag in englischer Sprache. Europa solle bei der Digitalisierung viel mehr Gas geben und sich mehr Souveränität verschaffen, denn Telekommunikation bilde den Kern ("the heart") der Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft.
Haupttreiber 5G-Netz
Als Haupttreiber in der nächsten Zeit sei grundsätzlich das 5G-Netz anzusehen, das nicht für berufliche oder private Endkunden, sondern auch für Behörden oder Regierungen geeignet sei. 5G könne der Industrie helfen, effizienter zu werden und 5G werde auch gebraucht, um die Umweltziele ("Klima") erreichbarer zu machen.
Rao zitierte eine Bitkom-Studie: Demnach sind durch die konsequente Anwendung von modernerer Technik wie 5G die möglichen Einsparungen an CO2 sechsmal höher, als die bisherigen Emissionen, die durch die bereits erfolgte Digitalisierung von bisher analogen Vorgängen aber mit älterer konventioneller Technik erzeugt wurden.
Sendestationen und Server sollen mit "grünem Strom" versorgt werden, künstliche Intelligenz (englisch AI) soll Energie und Ressourcen sparen, etwa indem nachts nicht benötigte Sendeeinheiten in einen Stand-By-Modus heruntergefahren werden, um Strom zu sparen.
5G-SA für Privatkunden?
Auf die Frage von teltarif.de, wann bei o2 mit einer Freigabe von 5G-SA für Privatkunden zu rechnen sei, ging Rao zunächst nur indirekt ein. Er rechne damit, dass im Jahre 2025/2026 bereits 30-40 Prozent der Kunden diese Technologie verwenden könnten, wo 5G dann "alleine" (Standalone) verwendet wird. Wann o2 den Startschuss für die Nutzung durch Privatkunden geben möchte, wurde konkret noch nicht verraten. Es sieht aber so aus, als ob es noch in diesem Jahr damit losgehen könnte.
GSM: Aus drei mach eins
Die von der Bundesnetzagentur ins Gespräch gebrachte Idee, auf den niedrigen Frequenzbändern, die noch bestehenden drei GSM-Netze zu einem gemeinsamen Netz zusammenzufassen, findet Rao bestechend. Er schätzt, dass ingesamt 10 MHz Bandbreite ausreichen sollten, vielleicht wären sogar 2,5 MHz genügend.
Anmerkung des Autors: Die auf 900 MHz freiwerdenden Frequenzen könnten dann von 1&1 genutzt werden und eine gefürchtete Auktion der 800-MHz-Frequenzen ließe sich vermeiden.
Von teltarif.de befragte Branchenkenner gaben zu bedenken, dass das Zusammenlegen der GSM-Netze von Telekom, Vodafone und o2 doch "aufwendig" werden könnte, "wenn wir in zwei oder drei Jahren dann GSM doch komplett ausschalten." Aber: An GSM hängen noch viele M2M-Steuerungen (Modems, Tracker, Sensoren) und insbesondere "mittelalte" Fahrzeuge, deren werkseitig verbautes eCall-Modul (für automatische Notrufe im Ernstfall) nur die Technologie 2G und 3G (aber kein 4G) beherrscht. Sie wären nach dem Ende von 2G-Netzen im Notfall "abgehängt" - 3G ist ja bekanntlich in Deutschland bereits ausgeschaltet. Anfragen an Autohersteller, ob nicht 4G-fähige-Funkmodule nachgerüstet werden könnten, brachten offenbar keine zufrieden stellenden Ergebnisse oder wurden mit Verweis auf die hohen Kosten abgelehnt. (Wer müsste diese Nachrüstung bezahlen?)
Die Bundesnetzagentur hatte einen Vorschlag zum GSM-Frequenztausch gemacht.