Gebühren

GEMA bittet deutsche Nutzer von Radionomy zur Kasse (Update)

Die GEMA verlangt ab sofort von deutschen Nutzern Lizenzgebühren für Musikstreams auf der Webradioplattform Radionomy. Das belgische Unternehmen sagt, diese Forderungen seien ungerechtfertigt, man habe alle nötigen Lizenzen erworben. Wer hat hier nun recht?
Von

radionomy radionomy
Bild: Screenshot/radionomy
Hartmut M. aus Bremen traute seinen Augen nicht, als er diese Woche Post von der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) bekam. Er ist registrierter User auf der belgischen Webradioplattform Radionomy, die ihren Benutzern sowohl das Hören als auch das kostenlose Betreiben von Internetradios ermöglicht und damit wirbt zudem alle anfallenden Urheberrechtsabgaben zu übernehmen. Außerdem stellt das Unternehmen einen riesigen Musikpool bereit. Alles was registrierte Mitglieder tun müssen ist ihre Lieblingsmusik zu programmieren und dem Sender einen Namen geben. Nach nur einer halben Stunde kann ein Programm auf Sendung gehen.

Zehn Musikstreams hatte der Musikfan Hartmut M. bei Radionomy laufen - mit unterschiedlichen Musikfarben von Weltmusik über Irish Folk bis Country. Eigentlich nur für den Privatgebrauch, weil es eben kostenlos ist. Zumeist war er auch der einzige Hörer.

6 500 Euro Nachzahlung an GEMA und GVL

radionomy radionomy
Bild: Screenshot/radionomy
Die GEMA fordert von Hartmut M. nun die Nachlizenzierung für Nutzungen in der Vergangenheit bei Radionomy, außerdem soll er sich mit jedem seiner Streams bei der GEMA und zudem der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten ( GVL) anmelden. Für den Fall, dass dies nicht geschieht, droht die GEMA mit Schadensersatz.

Auf Hartmut M. kommen hier nun horrende Forderungen zu: Alleine für seine vier Monate auf der Radionomy-Plattform seit Jahresanfang soll er pro Musikstream rund 650 Euro GEMA- und GVL-Gebühr nachzahlen. Macht insgesamt 6 500 Euro. "Dafür könnte ich mir schon einen zwei Jahre alten gebrauchten Kleinwagen kaufen".

Sind Radionomy-Streams von deutschen Usern deutsch oder belgisch?

Aber wieso erhebt die GEMA überhaupt von deutschen Benutzern Gebührenforderungen für eine angeblich völlig kostenlose Radioplattform mit Sitz in Belgien? "Seit dem 1. Januar 2015 lizenziert die SABAM, das belgische GEMA-Pendant, nur noch Radios mit Sitz in Belgien", erklärt ein GEMA-Mitarbeiter gegenüber teltarif.de. Radionomy übernehme also die Urheberrechtsgebühren nur noch für belgische User der Plattform. Benutzer aus anderen Ländern müssten bei den jeweiligen Verwertungsgesellschaften die entsprechenden Lizenzen erwerben: Laut der GEMA gelten die Benutzer der Plattform als Betreiber, Radionomy stelle lediglich die technische Infrastruktur.

Bei Radionomy sieht man das anders: Man sei für die Streams auf der Plattform selbst verantwortlich und versichert seinen Nutzern, dass die Lizenzgebühren für alle auf der Plattform gehosteten Radios übernommen würden. Dabei sei die Herkunft der Nutzer (bei Radionomy spricht man von "Producern") nicht ausschlaggebend.

Die Produktion der Streams erfolge in Belgien, Radionomy stelle das Musikrepertoire zur Verfügung und habe die hierfür nötigen Lizenzen von der Verwertungsgesellschaft SABAM erworben. Alle Radios auf der Plattform gelten laut Radionomy als belgisch, Urheberrechtsabgaben in anderen Ländern seien nicht fällig, da Radionomy die entsprechenden Gebühren bereits in Belgien zahle. Und zwar für alle Streams.

Radionomy-User bleiben eigentlich anonym

Wer einen Stream bei Radionomy registriert, erhält einen eigenen Webauftritt (www.radionomy.com/sendername). Dabei verweist das Impressum jeweils nur auf Radionomy als Betreiber, der Producer bleibt eigentlich anonym. Wie kommt die GEMA nun überhaupt an die Adressen der deutschen Nutzer? Hartmut M. sagt, er habe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht seine Kontaktmöglichkeiten in der Beschreibung der Programme anzugeben. So wie viele weitere deutsche Nutzer auch. Andere wiederum binden den Radionomy-Player in private Websites ein oder bauen um das Radioprogramm einen eigenen Webauftritt mit .de-Adresse, und hier gibt es bekanntermaßen eine Impressums-Pflicht. Weitere machen Werbung für ihr Radioprogramm in sozialen Netzwerken.

Beurteilung des Falles schwierig

Für den renommierten Medienanwalt Christian Solmecke ist eine genaue Bewertung des Falles ohne einen Einblick in die entsprechenden Verträge schwierig. "Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass die GEMA hier die Gebühren von den Nutzern verlangen darf. Jeder, der ein Webradio betreibt, muss grundsätzlich auch für eine entsprechende Lizenzierung sorgen", sagt Solmecke gegenüber teltarif.de.

Hartmut M. hat inzwischen reagiert und alle seine Streams auf der Radionomy-Plattform wieder gelöscht. Das ist mit nur einem Mausklick möglich. Die horrenden Lizenzgebühren, die GEMA und GVL nachträglich verlangen, will er wohl zähneknirschend zahlen: "Einen langen Rechtsstreit mit der GEMA kann ich mir nicht leisten".

Update 29. April: Stellungnahme der GVL

Die GVL teilt gegenüber teltarif.de mit, dass deutsche Nutzer der Radionomy-Plattform keine Lizenz benötigen. Sämtliche Rechte der Audiostreams bei Radionomy seien über die europäischen Schwestergesellschaften der GVL abgewickelt. Daher müssten sich deutsche Benutzer, entgegen der Sichtweise der GEMA, nicht noch zusätzlich bei der GVL anmelden. Man wisse allerdings, dass die GEMA in Bezug auf Radionomy eine andere Sichtweise vertritt.

Radionomy wiederum empfiehlt nun Webradio-Betreibern, die eine E-Mail von der GEMA mit einer Zahlungsaufforderung erhalten haben, diese mit dem Betreff “GEMA” an die Webadresse support@radionomy.com weiterzuleiten. Von dort würden die Schreiben an die Rechtsabteilung des belgischen Unternehmens weitergeleitet. Radionomy versichert nochmals, dass sich entgegen der Darstellung der GEMA an der Lizenzsituation nichts geändert habe, sprich: Deutsche Nutzer müssen für die Audiostreams auf der Plattform keine Abgaben in Deutschland zahlen. Ende des Updates.

Mehr zum Thema Radio