Versuch

IFA 2020: Das Messe-Experiment startet

2019 lockte die Technik-Messe IFA noch knapp 250 000 Besu­cher an. In diesem Jahr lässt die Corona-Pandemie ein Massen­e­vent dieser Dimen­sion nicht zu. Doch im Gegen­satz zu anderen Tech-Shows zieht sich die IFA nicht komplett ins Internet zurück.
Von dpa /

Besondere IFA im Jahr 2020 Besondere IFA im Jahr 2020
Bild: dpa
Eigent­lich kann die Branche der Heim-Elek­tronik in diesem Jahr ganz zufrieden sein. Obwohl klas­si­sche Produkte der Unter­hal­tungs­elek­tronik wie Fern­seh­ge­räte sich nicht beson­ders gut verkaufen, konnte die Branche insge­samt die Umsatz-Rück­gänge der Vorjahre stoppen. Mit einem Umsatz-Plus von über fünf Prozent wurde der Trend sogar umge­kehrt, auch weil Laptops, Moni­tore und andere Geräte für das Home­of­fice reißenden Absatz fanden. In jedem anderen Jahr hätten Hersteller, Händler und tech­nik­be­geis­terte Verbrau­cher die Inno­va­tionen der Branche auf der Technik-Messe IFA gefeiert.

Doch 2020 ist nicht wie jedes andere Jahr. Wegen der Corona-Pandemie wurden rund um den Globus Technik-Messen wie der Mobile World Congress in Barce­lona oder die Ceatec, die wich­tigste Elek­tronik­messe Japans, abge­sagt oder komplett ins Internet verla­gert. In Berlin wollen die Messe­ma­cher die IFA aller­dings nicht nur im Netz als Wachs­tums- und Inno­va­ti­ons­motor der Branche unter Beweis stellen, sondern auch ganz analog auf dem Gelände unter dem Funk­turm.

IFA nur für drei Tage und nur für Fach­be­su­cher

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An der auf drei Tage verkürzten Technik-Schau ab Donnerstag können aber nur akkre­di­tierte Medi­en­ver­treter, Händler und Hersteller teil­nehmen. Und statt des gesamten Messe­ge­ländes stehen nur vier Hallen im Südbe­reich sowie der City­cube zur Verfü­gung. Die meisten anderen Hallen sind geschlossen. In der Messe­halle 26 steht aber weiterhin das Spezial-Kran­ken­haus mit rund 500 Betten bereit, um mögliche Corona-Pati­enten einer zweiten Infek­ti­ons­welle aufnehmen zu können.

Die Vorsichts­maß­nahmen gegen eine Verbrei­tung des Coro­na­virus bestimmen nun auch den Teil, der für die IFA-Akti­vi­täten geöffnet wird. Nach dem ausge­klü­gelten Hygie­nekon­zept dürfen an den drei Messe­tagen ab Donnerstag maximal 750 Menschen zur glei­chen Zeit in jeden der drei Veran­stal­tungs­be­reiche kommen. Große Ampeln signa­li­sieren den Besu­chern, ob sie eine Halle oder den City­cube betreten dürfen oder noch warten müssen.

Die inhalt­li­chen Erwar­tungen an die IFA sind vor diesem Hinter­grund nicht beson­ders hoch. So hat Samsung, sonst ein treuer IFA-Aussteller, seine Teil­nahme abge­sagt und Inno­va­tionen wie die Neuauf­lage des Klapp-Smart­phones Galaxy Z Fold 5G schon vorab verkündet. Die Deut­sche Telekom verkün­dete im vergan­genen Jahr noch auf einem riesigen Messe­stand in Halle 21a ihren Start des 5G-Ausbaus. In diesem Jahr wird die Farbe Magenta in den IFA-Hallen nicht zu sehen sein. Auch andere IFA-Dauer­aus­steller wie Amazon, Lenovo, Philips, Senn­heiser und Sony fehlen.

Ergän­zung durch LIve-Events

Mit an Bord sind dagegen unter anderem Bran­chen­größen wie der Chip-Riese Qual­comm, dessen Mikro­pro­zes­soren die Mehr­heit der Android-Smart­phones antreibt, der südko­rea­ni­sche Samsung-Wett­be­werber LG, die deut­schen Haus­halts­ge­rä­te­her­steller BSH und Miele und der chine­si­sche Smart­phone-Gigant Huawei. Knapp 100 Aussteller sind vor Ort vertreten. Im vergan­genen Jahr drängten sich noch knapp 2000 Aussteller auf dem IFA-Messe­ge­lände.

In diesem Jahr sind mehrere hundert Aussteller zusätz­lich ausschließ­lich online präsent: Mit einer digi­talen Platt­form bietet die "IFA 2020 Special Edition" auch denje­nigen Inter­es­sierten einen Zugang zur Veran­stal­tung in Berlin, die nicht vor Ort dabei sein können.

Für die IFA-Veran­stalter geht es unter den schwie­rigen Rahmen­be­din­gungen vor allem darum, Flagge zu zeigen und auf eine Besse­rung der Verhält­nisse im kommenden Jahr zu hoffen. Während die Veran­stalter der großen Elek­tronik­messe CES in Las Vegas schon ihre Pläne begraben haben, im Januar 2021 hundert­tau­sende Besu­cher in Las Vegas begrüßen zu können, bleibt den Berli­nern nächstes Jahr mehr Zeit. Bis zum September 2021 könnte tatsäch­lich ein wirk­samer Impf­stoff gegen den Covid-19-Erreger vorhanden sein.

Aber selbst wenn die globalen gesund­heit­li­chen Verhält­nisse sich bis dahin wieder norma­li­siert haben und die Corona-Pandemie wirksam einge­grenzt werden konnte, bleiben für die Messe­ma­cher bange Fragen: Wollen sich Hersteller, Händler und Käufer von Unter­hal­tungs­elek­tronik tatsäch­lich auf einem riesigen Messe­platz wie der IFA von Ange­sicht zu Ange­sicht treffen? Oder reicht eine digi­tale Bühne aus, um Inno­va­tionen der Branche zu verkünden und Geschäfte einzu­fä­deln? Oder ereilt die IFA das Schicksal der CeBIT, die zuletzt 2018 Compu­ter­nerds und Geschäfts­leute nach Hannover lockte und dann einge­stellt wurde?

Zumin­dest der Regie­rende Bürger­meister von Berlin, Michael Müller (SPD), zeigt sich zuver­sicht­lich, dass die IFA nicht das Schicksal der CeBIT ereilt: "Die IFA 2020 wird ein wich­tiger Meilen­stein sein, um Berlin aus dieser Pandemie zurück zur Norma­lität und zurück zum Wirt­schafts­wachstum zu bringen."

Wie sich die verän­derte IFA in der Bilanz der Berlin Messe nieder­schlagen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Im aktu­ellen Format ist sie immerhin kein Total­aus­fall, wie viele andere Messen in Deutsch­land. Die Corona-Zwangs­pause dürfte die deut­sche Messe­branche nach eigenen Schät­zungen mindes­tens ein Viertel ihres Jahres­um­satzes kosten. Mehr als eine Milli­arde Euro des Umsatzes, der sonst inklu­sive des Auslands­ge­schäfts bei vier Milli­arden Euro liege, werde 2020 fehlen, sagte Harald Kötter, Spre­cher des Verbandes der deut­schen Messe­wirt­schaft (AUMA).

Auch Honor hat schon diverse Produkte zur IFA ange­kün­digt.

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