Huawei P50 Pro im Kurztest: Wie viel Konkurrenz steckt drin?
Huaweis neues Flaggschiff klopfte an der Redaktionstür und stellte sich zum Test vor. Aus diversen Gründen dauerte es mit dem Nachfolger des P40 Pro etwas länger, bis es in die hiesigen Regale schaffte.
Die Google-Dienste fehlen immer noch, 5G gibt es auch nicht. Trotzdem bringt Huawei mit dem P50 Pro ein äußerst kostspieliges Flaggschiff nach Europa, das weit über 1000 Euro kostet. Welche Konkurrenten Huawei damit angreifen will, ist klar. Huaweis Flaggschiffe sind grundsätzlich ernst zu nehmen, in Sachen Smartphone-Fotografie spielten die Vorgänger in der oberen Liga mit. Auch andere Ausstattungsmerkmale lesen sich wie Premium. Die entscheidende Frage ist aber: Reicht das, um über das Softwareproblem hinwegsehen zu können?
Wir haben uns das Huawei P50 Pro in einem Kurztest angeschaut und uns auf die wichtigsten Merkmale fokussiert, um eine Einschätzung zum Modell abgeben zu können.
Huawei P50 Pro: Der erste Eindruck
Huawei P50 Pro: 6,6 Zoll OLED
Bild: teltarif.de
Abgerundete Displayränder, dazu möglichst schmal oben wie unten - das Huawei P50 Pro ist ein Smartphone der Oberklasse. Was das Curved-Design angeht, erinnert es an das Samsung Galaxy S10+ von 2019, aber auch neuere Modelle, denn die Designsprache hat sich über die Jahre durchgesetzt. In der Mitte des P50-Pro-Displays ist ein Loch für die Selfiekamera. Auch das hat sich bewährt. Kompliziertere Lösungen wie eine Kamera unter dem Display, beispielsweise beim Samsung Galaxy Z Fold 3 5G, sind zwar innovativ und demonstrieren Weiterentwicklung. Das klassische Punch Hole bleibt aber weiterhin eine elegante Lösung, um den Grad der Unterbrechung des Displays für die Selfiekamera möglichst gering zu halten.
Das Huawei P50 Pro hat ein 6,6 Zoll großes Display und wiegt unter 200 Gramm. Damit ist es aus unserer Sicht trotz großer Phablet-Maße noch
vergleichsweise leicht, und aufgrund der schlanken Abmessungen erscheint es kompakt genug, um ein gutes Handling zu bieten.
Das Auffälligste am Design sind die dicken Kamera-Kreise auf der Rückseite, was für ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein steht.
Diese Kamera will sagen: Ich kann was!
Dicke Kamera-Kreise auf der Rückseite
Bild: teltarif.de
Die glänzende Rückseite des Cocoa-Gold-farbenen Testgeräts sieht schick aus, verschmiert aber schnell durch Fingerabdrücke. Letztlich ist das aber normal
und auch matte Gehäuserückseiten können den Abdrücken unter Umständen nur bedingt Einhalt gebieten.
Display
Das Display hat eine höhere Bildwiederholrate von 120 Hz mit verschiedenen Anpassungsmöglichkeiten. Dynamisch war voreingestellt, was je nach Anwendung die Aktualisierungsrate hoch- oder runterschraubt. Das soll letztlich Akku sparen, wenn die Aktualisierungsrate nicht dauerhaft auf 120 Hz läuft. Wen flüssigere Bewegungen beim Surfen auf Webseiten und scrollen nicht interessieren, kann die Bildschirmaktualisierungsrate auch auf die standardmäßigen 60 Hz stellen.
Auch ohne konkreten Displayhelligkeitstest machte das OLED einen "hellen" Eindruck, was bei stärkerem Lichteinfall vorteilhaft sein kann.
Leistung
Das Huawei P50 Pro wird von einem leistungsstarken Snadpragon 888 angetrieben. Dabei handelt es sich um den Oberklasse-Chip, der im vergangenen Jahren
viele neue Androiden antrieb. Von der Performance, die das Modell liefert, werden sicherlich nur die wenigsten enttäuscht sein.
Bei einem so teuren Smartphone wie dem Huawei P50 Pro stößt es aber ein wenig sauer auf, dass nicht der aktuellste Snapdragon 8 Gen 1 verbaut ist.
Das hat sicherlich Gründe, Huawei verbaut den Snadpragon 888 auch ohne 5G-fähiges Modem, was eine Auswirkung des US-Handelsembargos ist.
Im Kartenslot finden eine Nano-SIM und eine Nano-Memory-Karte Platz
Bild: teltarif.de
Es ist grundsätzlich nicht dramatisch, wenn ein neues Smartphone den 5G-Mobilfunkstandard nicht beherrscht. Nicht jeder Mobilfunknutzer
hat einen 5G-fähigen Vertrag oder wohnt in einer von den Providern bereits ausgebauten Region. Hier kommt aber wieder der Preis des Huawei P50 Pro
ins Spiel. Wer soviel Geld für ein Smartphone zahlt, plant in der Regel auch eine Nutzung über mehrere Jahre - und dann könnte auch 5G für den Privatgebrauch interessanter werden.
Handelsembargo hin oder her - aufgrund der Vielzahl an Smartphone-Alternativen muss der fehlende 5G-Mobilfunk beim Huawei P50 Pro aus Nutzersicht als Kritikpunkt aufgenommen werden.
Software
Das Softwareproblem sprachen wir bereits an. Google Dienste sucht man auf dem Huawei P50 Pro vergebens, auch einen Play Store, um wichtige Apps für Android-Smartphones herunterzuladen
gibt es nicht. Es bleibt entweder der Weg über Huaweis eigene App-Sammlung, der AppGallery, oder über Android-Installationsdateien, APKs.
Zu Beginn der Handelsbeschränkungen tauchten immer wieder Berichte auf, wie man wichtige Apps wie WhatsApp auf die Google-App-losen Huawei-Handys bekommt.
Wir hatten das auch selbst ausprobiert, was funktionierte, aber teilweise umständlich war und nicht für jeden Nutzer eine elegante Lösung darstellte.
Das lag vornehmlich aber eher daran, wie man an die APK-Dateien kam. Informationen zu seriösen Quellen gab es nicht, man musste im Internet selbst auf die Suche gehen.
Links zu APK-Dateien wichtiger Apps
Screenshot: teltarif.de
Huawei hat den Zugang zu nicht in der AppGallery verfügbaren Apps erleichtert. Der Weg über APKs ist weiterhin der einzige, der Hersteller aus China
gibt aber eine komfortable Hilfestellung in der selbst entwickelten App "Petal Search". Diese ist auf dem Huawei P50 Pro vorinstalliert.
In der Rubrik "Top-Apps" gibt es Anwendungen wie "WhatsApp", "Facebook", "Instagram", "Netflix", "Amazon", "Spotify", "Twitter", "PayPal" und "Aldi Talk".
Bei den genannten Apps wird "APKPure" als Quelle angegeben, bei WhatsApp die "Offizielle Webseite". Wir haben beispielhaft WhatsApp, Netflix
und Amazon heruntergeladen. Bei allen Beispielen funktionierte die Installation problemlos und dauerte nur wenige Augenblicke. Anschließend bestand die Möglichkeit,
sich in die Apps wie gewohnt einzuloggen.
Huawei verwendet als Betriebssystem Android 11, die Benutzeroberfläche ist EMUI 12, auf dem Testgerät in der Version "12.0.1". Wie die weitere Update-Politik aussehen wird, ist noch unklar. Berichten zufolge soll Huaweis HarmonyOS auch für Smartphones in Europa erscheinen. Möglicherweise ist das Huawei P50 Pro ein Kandidat für ein künftiges Update.
Wer erstmalig das Huawei P50 Pro in Betrieb nimmt, wird von der Vielzahl an vorinstallierten Apps sicherlich erschlagen sein. Wer Apps abseits von relevanten System-Anwendungen nicht braucht, kann diese in der Regel aber manuell deinstallieren.
Kamera
Die Kamera unterstützt bis 100-fach Zoom
Bild: teltarif.de
Im Rahmen des Kurztests haben wir verschiedene Aufnahmen mit der Kamera des Huawei P50 Pro gemacht. Leider gibt es in der Standard-Kamera-App kein 16:9-Format,
weshalb wir die Aufnahmen in 4:3 gemacht haben. Die Kamera des Huawei P50 Pro unterstützt bis zu 100-fach Zoom. Das ist ganz schön viel, hört sich auch gut an,
die Frage ist aber, wie praxisorientiert dieses Feature ist. Schließlich muss man bei extremen Vergrößerungen auf dem Bild auch noch was erkennen können statt einem Pixelmatsch.
Als Motiv haben wir eine Kirchturmuhr gewählt und diese mit der Kamera auf maximale Zoomstufe herangeholt. Das Ergebnis ist ansehnlich, zumindest wenn es darum geht, auf dem Bild noch etwas erkennen
zu können. Uhrzeit und Ziffern sind ablesbar. Wenn man also etwas aus der Ferne nah heranholen will, um es zu erkennen, könnte der 100-fache Zoommodus helfen.
Die Fokussierung des Objekts im 100-fachen Zoom ist durchaus eine wacklige Angelegenheit, nach ein paar Versuchen, die Hände stillzuhalten, klappte es aber.
Zur Erleichterung des Fokus gibt es auf dem Display ein kleines Suchfenster, damit der Handyfotograf weiß, auf welches Objekt die Kamera gerade gestellt ist.
Standard- vs. 50-Megapixel-Modus
Bild: teltarif.de
Im oberen Bild sehen Sie eine Montage aus zwei Aufnahmen. Die Aufnahme links ist im Standard-Modus entstanden. Zudem kann ein 50-Megapixel-Modus (Aufnahme rechts) gewählt werden,
der dazu dienen soll, mehr Details in Aufnahmen sichtbar zu machen. Um das zu verdeutlichen, haben wir das gleiche Objekt in beiden Aufnahmen am Computer vergrößert.
Ein großer Unterschied ist in diesem Beispiel jedoch nicht sichtbar.
Huawei konnte mit der Vorgänger-Generation seine Fähigkeiten im Nachtfoto-Bereich unter Beweis stellen. Wir haben eine Aufnahme aus dem Labor zur Anschauung angehängt. Das Ergebnis bei schlechtem Licht ist gut, die Helligkeit ist aber im direkten Vergleich mit den Aufnahmen von Huawei P40 und P40 Pro geringer. Der Nachtmodus kann die Labor-Aufnahme nicht signifikant verbessern. Hervorzuheben ist das sehr geringe Bildrauschen und die gut erkennbaren Farben.
Testfotos
- Huawei P50 Pro: 100-fach Zoom
- Huawei P50 Pro: Schlechtes Licht, Laborbedingungen, Standard
Fazit
Der hohe Preis spricht gegen das Huawei P50 Pro. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass dieser in den kommenden Wochen und Monaten fallen wird, vermutlich deutlich unter die 1000-Euro-Marke rutscht, was das Huawei P50 Pro trotz des Softwareproblems attraktiver macht. Huawei bietet mit Petal Search eine gute Möglichkeit, wichtige Apps wie WhatsApp, Instagram und Twitter unkompliziert über Links zu APK-Dateien auf das Handy zu laden. Damit dürften auch weniger versierte Nutzer zurechtkommen.
Wer sich damit anfreunden kann, wird grundsätzlich ein gutes Smartphone mit ansehnlichem Design, modernem 120-Hz-OLED sowie schnellem Prozessor bekommen. Alle anderen brauchen das Huawei nicht, da es genügend Alternativen auf dem Markt mit Google-Diensten und 5G-Mobilfunk gibt - und das auch in der Oberklasse teilweise deutlich günstiger.