Streitpunkt bei Vorratsdatenspeicherung
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Das Bundeskabinett will heute einen Gesetzentwurf zur
Vorratsdatenspeicherung beschließen. Er sieht vor, dass Informationen
über Telefonate und SMS aller Menschen zehn Wochen lang gespeichert
werden, damit Ermittler darauf zugreifen können. Informationen über
den Aufenthaltsort sollen vier Wochen lang gespeichert werden. Nach
dem Beschluss des Kabinetts geht der Gesetzentwurf an den Bundestag.
Die Vorratsdatenspeicherung gab es in Deutschland schon einmal, doch
das Bundesverfassungsgericht kassierte die Regelung 2010 als
verfassungswidrig. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) legte auf
Drängen von SPD-Chef Sigmar Gabriel nun einen neuen Vorschlag vor.
Das Gesetz spricht von einer "Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten".
Die Dauer der Speicherung wurde verkürzt, Vorgaben für die Sicherheit
der Daten kamen hinzu.
Update: Die Bundesnetzagentur schätzt die Kosten der Vorratsdatenspeicherung auf rund 260 Millionen Euro - teltarif.de berichtet überr die Details in einer eigenen Meldung.
Brauchen wir das überhaupt?
Streitpunkt bei Vorratsdatenspeicherung
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Der ehemalige oberste Datenschützer Deutschlands,
Peter Schaar, warnt vor einer erneuten Einführung der
Vorratsdatenspeicherung. "Es ist rechtlich sehr problematisch, dass
Daten über sämtlichen Telefon- und Internetnutzern aufgezeichnet
werden sollen - auch von denjenigen, die nicht im Entferntesten im
Verdacht stehen, irgendetwas mit schweren oder sogar terroristischen
Straftaten zu tun zu haben", sagte Schaar der Deutschen
Presse-Agentur.
Schaar ist dennoch gegen eine Wiedereinführung. "Die erste Frage ist
doch: Brauchen wir das überhaupt?" fragte er. "Die Bundesregierung
bleibt den Nachweis schuldig, dass dieser erhebliche
Grundrechtseingriff unerlässlich ist". Seine Haltung ist klar: "Eine
anlasslose, alle Telefonkunden und Internetnutzer betreffende
Vorratsdatenspeicherung halte ich für grundrechtlich nicht
vertretbar."
Schon die Speicherung ist problematisch
Auch die Daten von Ärzten, Anwälten oder Journalisten, die eine
Schweigepflicht oder das Recht zur Zeugnisverweigerung haben, sollen
gespeichert werden. Ermittler dürfen die Daten zwar nicht verwerten,
doch Schaar bewertet schon die Speicherung als problematisch.
"Die Regelung betrifft den typische Whistleblower-Fall, bei
dem die Daten ja aus geheimen Quellen stammen", sagte Schaar.
"Wenn es diesen Straftatbestand vor eineinhalb Jahren schon gegeben
hätte, dann wären viele der Berichte über die NSA-Spähaffäre strafbar
gewesen", ist Schaar überzeugt. "Die Betreiber entsprechender
Plattformen und Blogger wären als 'Datenhehler' verfolgt worden."
Die Schnelligkeit des Verfahrens
kritisiert Schaar ebenfalls, da die Bundesregierung das Gesetz rasch verabschieden will.
Auch aus der Wirtschaft kommen kritische Worte. So halte der Internetverband eco die Vorgaben
für die Vorratsdatenspeicherung für nicht umsetzbar.
Warnungen kommen auch von der Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen.
Dieses sehen eine Gefahr darin, dass die neue Regelung für Journalisten
und ihre Informanten abschreckend wirken könnte.
Bis 2013 fungierte Schaar zehn Jahre lang als Bundesdatenschutzbeauftragter.
Erst kürzlich hat der Gesetzesentwurf Gegenwind von dem AK Vorrat bekommen.
Diese sehen dadurch die eigenen Grundrechte angegriffen. In einem weiteren Hintergrundartikel erfahren Sie,
was Sie über die Vorratsdatenspeicherung wissen müssen.