Appell

BREKO, BUGLAS und VATM: Kein Ausbau-Vertrag mit der Telekom

BREKO, BUGLAS und VATM appellieren gemeinsam an Bundeswirtschaftsminister Gabriel, einen exklusiven öffentlich-rechtlichen Vertrag über den VDSL2-Vectoring-Ausbau im Nahbereich zwischen der Bundesnetzagentur und Deutscher Telekom zu verhindern.
Von Marie-Anne Winter

Die Bundesnetzagentur muss unabhängig bleiben Die Bundesnetzagentur muss unabhängig bleiben
Bild: dpa
Die Telekommunikationsverbände BREKO, BUGLAS und VATM haben in einem gemeinsamen Brief an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel appelliert, zum Thema VDSL2-Vectoring im Nahbereich und in diesem Zusammenhang zum geplanten Abschluss eines exklusiven öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen Bundesnetzagentur und Deutscher Telekom eindeutig Position beziehen.

Die Verbände warnen den Wirtschaftsminister eindringlich vor dem Verlust der Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur, einem De-facto-Aufkündigen des gemeinsamen Netzausbaus im Rahmen der Netzallianz sowie vor einer Re-Monopolisierung, die weitere Investitionen in den flächendeckenden Breitband-Ausbau in Deutschland verhindern bzw. bereits getätigte Investitionen der alternativen Anbieter entwerten würde.

Besorgniserregende Entwicklung

Die Bundesnetzagentur muss unabhängig bleiben Die Bundesnetzagentur muss unabhängig bleiben
Bild: dpa
Der Bundeswirtschaftsminister wird in dem gemeinsamen Papier dazu aufgefordert, die Aufnahme von Verhandlungen seitens der Bundesnetzagentur – und damit den Abschluss eines exklusiven Vertrages mit der Deutschen Telekom – zu verhindern. Aus der Sicht der Verbände gibt es im Regulierungsverfahren zum Antrag der Deutschen Telekom, exklusiv Vectoring-Technik in allen knapp 8000 Nahbereichen um die sogenannten Hauptverteiler einzusetzen zu dürfen, eine höchst besorgniserregende Entwicklung. Der Abschluss eines solchen Vertrages zwischen einem dermaßen marktmächtigen und daher der Regulierung unterliegenden Marktteilnehmer und der Regulierungsbehörde sei im deutschen Telekommunikationsrecht nicht vorgesehen. Es wäre ein einmaliger Vorgang mit weitreichenden Konsequenzen für den gesamten Markt.

Wettbewerb statt Ausbau-Monopol

Deshalb dürfe das von der Telekom abgegebene Angebot des alleinigen Ausbaus im Monopol keinesfalls im Rahmen des Ermessens der Behörde Berücksichtigung finden. Es könne auch nicht Sache der Regulierungsbehörde sein, andere Angebote der Telekom einzuholen oder solche auszuloten, wie nun angekündigt wurde. Die Bundesregierung habe sich im Rahmen der Netzallianz mit den Marktteilnehmern ausdrücklich auf einen gemeinsamen Ausbau verpflichtet. Diesem Wettbewerb, der ein Höchstmaß an Investitionen und Anstrengungen der ausbauenden Unternehmen hervorbringe, stehe das Ansinnen der Deutschen Telekom, für Investitionen ein Ausbaumonopol erreichen zu wollen, diametral entgegen.

Vor diesem Hintergrund sehen die drei Verbände die Bundesregierung in der Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Diskussion über den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge, die einen Monopolausbau zum Gegenstand haben, beendet wird und keine weiteren Gespräche oder Verhandlungen über derartige Angebote im Vorfeld einer Regulierungsentscheidung geführt werden.

Bundesnetzagentur muss unabhängig bleiben

Ein von der Bundesnetzagentur in Auftrag gegebenes, wissenschaftliches Gutachten komme zwar zu dem Ergebnis, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Präsidenten der Bundesnetzagentur und der Deutschen Telekom unter bestimmten Voraussetzungen und in sehr eng gesteckten Grenzen zulässig sein könne. Aber aus Sicht der gesamten Branche sei es faktisch nicht möglich, dass ein Vertrag zwischen dem Präsidenten der Bundesnetzagentur und der Deutschen Telekom ausgehandelt und vor einer Entscheidung über den Vectoring-Antrag abgeschlossen werde, ohne dass dies die unmittelbar nachfolgende Ermessensentscheidung der Behörde beeinträchtige. Genau diese Trennung von öffentlich-rechtlichem Vertrag und Regulierungsentscheidung sei jedoch laut Gutachten die Voraussetzung für die Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Die drei Verbände sind äußerst besorgt, dass die Bundesnetzagentur durch diesen Präzedenzfall ihre bisherigen Rolle als unabhängige Behörde nicht mehr erfüllen kann und damit ihre neutrale Rolle als "Schiedsrichter" für den Telekommunikationsmarkt aufgibt.

Verhandlungen verhindern

BREKO, BUGLAS und VATM gehen davon aus, dass die Deutsche Telekom ihrer vertraglichen Ausbauverpflichtung nur nachkommen wird, wenn die Regulierungsverfügung der Bundesnetzagentur in ihrem Sinne ausfällt. Dieser Zusammenhang werde auch dadurch belegt, dass der Telekom für den gegenteiligen Fall ein Rücktrittsrecht eingeräumt wird. In dieser Konstellation scheine es ausgeschlossen, dass die Beschlusskammer eine abweichende Entscheidung treffen könne, die zu einem öffentlichkeitswirksamen Rücktritt von einer Milliardeninvestitionszusage führen würde. Hier sehen die Verbände eine direkte Verbindung zwischen einer Investitionszusage der nach wie vor marktbeherrschenden Telekom und der Entscheidung der Bundesnetzagentur.

Deshalb fordern die Verbände Bundeswirtschaftsminister Gabriel nachdrücklich auf, die unabhängige Rolle der Bundesnetzagentur, die in der Vergangenheit mit einer Vielzahl von ausgewogenen Entscheidungen einen wichtigen Beitrag zur Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes geleistet habe, zu sichern und die Aufnahme von Verhandlungen seitens der Bundesnetzagentur zu verhindern.

Wie VDSL im Nahbereich funktioniert, erfahren Sie in unserem Hintergrundbericht.

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