Gutachten

BNetzA kann Vectoring-Vertrag mit Telekom unter Auflagen schließen

Darf die Bundesnetzagentur mit der Telekom einen Vertrag abschließen, in dem sich die Telekom dazu verpflichtet, exklusiv VDSL und VDSL-Vectoring auszubauen, wenn die Behörde dafür Zugeständnisse bei der Regulierung macht? Ein Rechts-Experte kommt in einem Gutachten zu Ergebnissen, die der Telekom kaum gefallen dürften.
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Nachdem die Telekom im ver­gangenen Winter be­an­tragt hatte, exklusiv Vectoring im Nah­be­reich um Haupt­ver­teiler an­bieten zu können, schaltet sich nun die Politik ein - über die Lobby­arbeit auf beiden Seiten hatten wir bereits vor wenigen Tagen berichtet. Streit­punkt ist ein zwischen der Bundes­netz­agentur und der Telekom zu schließender öffent­lich-recht­licher Vertrag, der es der Telekom erlauben würde, im Umkreis von 550 Meter um die Ver­mittlungs­stellen exklusiv VDSL oder VDSL Vectoring ausbauen zu dürfen. Die Wett­be­werber sind darüber ver­ständ­licher­weise alles andere als erfreut.

Nun hat sich die Bundesnetzagentur in die Diskussion eingeschaltet und stellt klar: Bis jetzt wurde noch nichts entschieden. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, äußerte sich heute: "Für den Erfolg des Breitbandausbaus bleibt es wichtig, dass alle Unternehmen faire und verlässliche Rahmen­be­dingungen für ihre Investitionen in moderne Breitbandnetze vorfinden". Eine Entscheidung über den Vectoring-Einsatz sei noch nicht getroffen. Trotzdem hat die BNetzA nun ein Gutachten eingeholt, ob ein derartiger Vertrag rechtlich überhaupt zulässig wäre. Und der Experte kommt zu Ergebnissen, die der Telekom kaum schmecken dürften.

Vertrag möglich, aber unter strengen Auflagen

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Mit der Erstellung dieses Gutachtes wurde der Regensburger Jura-Professor Dr. Jürgen Kühling betraut. Im Großen und Ganzen geht es darum, welche verbindlichen Zusagen die Telekom als ausbauendes Unternehmen machen muss, dass der Staat eine derart weitreichende regulatorische Entscheidung trifft. Die Telekom selbst bietet an, alle Hauptverteiler-Nahbereiche bis Ende 2018 mit der Vectoring-Technik zu erschließen.

Der Experte Jürgen Kühling kommt in seinem Gutachten [Link entfernt] zu dem Ergebnis, dass "die behördliche Entscheidung und das der Beschlusskammer insoweit zustehende Regulierungsermessen" nicht durch den öffentlich-rechtlichen Vertrag vorweg genommen werden dürfe. Der öffentlich-rechtliche Vertrag müsse zur Folge haben, dass die Ausbau- und Investitionszusage der Telekom im Rahmen der Abwägungsentscheidung "angemessen berücksichtigt" wird.

Die Bundesnetzagentur dürfe sich in einem solchen Vertrag aber nicht gegenüber der Telekom zu einer Gegenleistung verpflichten. Grundsätzlich betont Kühling, dass ein derartiger öffentlich-rechtlicher Vertrag "nicht der etablierten Verwaltungspraxis" entspreche, es gebe also "wenig einschlägige Rechtsprechung" und eine "nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit". Trotzdem könne die Vereinbarung einer Investitionszusage verbunden mit einem (Teil-)Widerruf der Regulierungsverfügung ein "rechtlich hinreichend belastbarer Weg" sein. Die Verbindlichkeit der Investitionszusage durch die Telekom müsse allerdings durch angedrohte Strafzahlungsverpflichtungen "von ausreichender Schärfe" untermauert werden.

TKG steht einem Vertrag nicht entgegen

Laut Auffassung des Experten steht das TKG einem derartigen Vertrag nicht entgegen. Die vertragliche Vereinbarung zum Netzausbau müsse aber strikt von der Regulierungsentscheidung getrennt werden. Der Experte bezeichnet dies als einen "hinkenden Austauschvertrag": Die Telekom müsse in dem Vertrag auch dann zur Einhaltung ihrer Ausbauverpflichtung angehalten werden, wenn die BNetzA vielleicht nicht - wie von der Telekom erhofft - die entsprechenden regulatorischen Maßnahmen ergreift. Für die Telekom müsse der Vertrag dann trotzdem Gültigkeit behalten.

Eine große Rechtsunsicherheit würde dann bestehen, wenn die BNetzA der Telekom für den Ausbau regulatorische Zugeständnisse vertraglich zusichert. Denn wenn die Wettbewerber einem derartigen Vertrag nicht zustimmen würden, dann wäre dieser unwirksam. Eine explizite Fixierung von regulatorischen Zusagen der BNetzA an die Telekom in dem Vertrag scheidet für den Experten also aus.

Die Bundesnetzagentur beabsichtigt nach eigenen Angaben, mit der Telekom in nächster Zeit über den Abschluss eines derartigen öffentlich-rechtlichen Vertrages zu verhandeln. Doch auch Jochen Homann kommt zu dem Schluss, dass "eine Entscheidung über den Vectoring-Einsatz auch im Nahbereich [...] nach dem Telekommunikationsgesetz in einem förmlichen und transparenten Beschluss­kammer­ver­fahren unter Einbindung aller interessierten Marktakteure" zu treffen sei.

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