Gigabit

Netzausbau: Im Förderdschungel verrotten die Gelder

Seit Jahren wird die flächen­deckende Giga­bit­ver­sor­gung verspro­chen. Dazu soll es Förder­mittel geben. Aber gut gemeinte Programme blockieren sich gegen­seitig und die Gelder bleiben im Förder­dschungel liegen.
Von mit Material von dpa

In Grassau (Brandenburg) informierte 2018 der "Digitalacker" über flächendeckenden Breitbandausbau. Passiert ist - viel zu wenig In Grassau (Brandenburg) informierte 2018 der "Digitalacker" über flächendeckenden Breitbandausbau. Passiert ist - viel zu wenig
Foto: Picture Alliance / dpa
Alle reden vom Netz­ausbau und dass wir dafür Geld brau­chen. Doch das Geld wird kaum abge­rufen. Beispiels­weise im Bundes­land Bran­den­burg, wo es alleine schon ausrei­chend viele Funk­löcher gibt.

Nach Bran­den­burg ist bisher erst ein Bruch­teil der Bundes­för­derung für den Breit­band­ausbau in unter­ver­sorgten Gebieten geflossen. Von mehr als einer halbe Milli­arde Euro, die der Bund Bran­den­burg bereit­stellte, wurden bis Mitte Juni dieses Jahres erst rund 2,6 Millionen Euro abge­rufen. Dies geht aus der Antwort der Bundes­regie­rung auf eine Anfrage der Grünen-Bundes­tags­frak­tion hervor.

Flächen­deckender Ausbau bis 2025?

In Grassau (Brandenburg) informierte 2018 der "Digitalacker" über flächendeckenden Breitbandausbau. Passiert ist - viel zu wenig In Grassau (Brandenburg) informierte 2018 der "Digitalacker" über flächendeckenden Breitbandausbau. Passiert ist - viel zu wenig
Foto: Picture Alliance / dpa
Ziel des elf Milli­arden Euro umfas­senden Förder­pro­gramms des Bundes ist eigent­lich ein "flächen­deckendes Gigabit-Netz bis 2025". In Bran­den­burg haben sich alle Land­kreise und kreis­freien Städte mit Ausnahme Pots­dams mit 37 Projekten an der Bundes­för­derung betei­ligt, die durch Landes­mittel ergänzt wird. Wie das Wirt­schafts­minis­terium in Potsdam auf eine Anfrage aus der CDU-Land­tags­frak­tion mitteilte, sind bisher etwa 668 Millionen Euro für die Projekte bewil­ligt worden, davon stammten knapp 422 Millionen Euro vom Bund.

Im Jahr 2013 hatte der Bund beim Breit­band­ausbau das Ziel vorge­geben, bis 2018 allen deut­schen Haus­halten einen schnellen Inter­net­anschluss mit einer Band­breite von mindes­tens 50 MBit/s bereit­zustellen. Da die Förder­gelder nur spär­lich abflossen und sich abzeich­nete, dass das Ausbau­ziel nicht erreicht wird, änderte der Bund sein Förder­pro­gramm und verrin­gerte den büro­kra­tischen Aufwand.

Neue Förde­rung stört alte Förde­rung

In Bran­den­burg, wo es bereits das Landes­pro­gramm Glas­faser 2020 gab, musste die Breit­band­pla­nung mit der verän­derten Bundes­för­derung abge­gli­chen werden, was mehr Verwal­tungs- und Planungs­auf­wand auslöste. Von den 37 Förder­pro­jekten in Bran­den­burg befanden sich Ende 2019 erst acht im Bau. In Meck­len­burg-Vorpom­mern waren es zur glei­chen Zeit 66 von 122 Projekten. Dort waren von knapp 932 Millionen Euro Bundes­för­derung Ende 2019 bereits 118 Millionen Euro abge­flossen.

Ziel 2025 wackelt

Für Marco Albrecht, Breit­band­experte der Indus­trie- und Handels­kammer (IHK) Potsdam, wackelt das Giga­bit­ziel für 2025 bedroh­lich. "Derzeit hat nicht einmal jeder fünfte Bran­den­burger einen Gigabit-Netz­anschluss." Rund 1500 von fast 3700 Gewer­bege­bieten seien unter­ver­sorgt. Ein Drittel der Schulen habe kein schnelles Internet.

Notwendig seien eine Entschla­ckung der Geneh­migungs­ver­fahren und Alter­nativen zur Erdver­legung von Glas­faser­kabeln. Auch der Städte- und Gemein­debund Bran­den­burg dringt auf den raschen Breit­band­ausbau. "Wir brau­chen die Breit­band­infra­struktur eher heute als morgen", sagte Geschäfts­führer Jens Graf. "Gerade im inter­natio­nalen Stand­ort­wett­bewerb spielt ein schnelles Internet eine große Rolle."

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Es ist immer die gleiche Leier. Es dauert und es gibt nur Büro­kratie, soweit das Auge reicht. Dazu gehören Angst und Miss­trauen der privaten TK-Anbieter gegen­über der Telekom und umge­kehrt. Und dann gibt es auf einmal "eigen­wirt­schaft­lichen" Ausbau von Regionen, die bisher als "unren­tabel" galten. Wie kann dieser Knoten endlich aufge­löst werden?

Man fragt sich, warum es nicht längst endlich eine bundes­weite Ausschrei­bung "Voll­ausbau des Landes" gibt, wobei die Landes-Fläche durchaus in Parzellen (Regionen) aufge­teilt werden könnte, damit auch "klei­nere" Anbieter eine Chance haben. Dann nennen die Unter­nehmen ihre Preise, bekommen den Zuschlag (oder auch nicht) und dann muss zügig gebaut werden. Jede Parzelle kann der dort beauf­tragte Anbieter dann exklusiv ausbauen, muss aber seine Mitbe­werber zu vorher fest­gelegten Preisen auf sein fertiges Netz lassen (Open Access).

Diese Rege­lung mit fest­gelegten Preisen gilt heute schon für Leitungen der Telekom, für die Leitungen der Konkur­renten aber nicht. Immer wieder ist zu hören, dass die privaten Konkur­renten der Telekom die "regu­lierten Preise" als "viel zu niedrig" ablehnen. Dann müssen diese Preise eben neu austa­riert werden, d.h. die privaten Konkur­renten müssen dann unter Umständen auch höhere Preise für Telekom-Leis­tungen akzep­tieren.

Über den Stand der Dinge beim Glasfaser­ausbau spre­chen wir mit Dr. Stephan Zimmer­mann, CTO von Deut­sche Glas­faser, in einem Inter­view.

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