Flatrate-Kündigung

An der Flatrate scheiden sich die Geister

Warum Vieltelefonieren unfair sein kann und was andere Nutzer davon halten
Von Anja Zimmermann

Nach unseren ersten Berichten über Vertragskündigungen von der Seite der Anbieter haben sich Leser in den entsprechenden Foren und in unserer Rubrik Frei Sprechen zum Thema geäußert. Die Meinungen gehen deutlich auseinander: Die einen Leser sind der Ansicht, dass es ihr gutes Recht sei, eine Flatrate bis zum Anschlag auszunutzen. Wenn beispielsweise SMS im monatlichen Grundentgelt enthalten sind, dann könnten auch 7500 SMS und mehr verschickt werden. Ob dann noch das Mitteilungsbedürfnis im Vordergrund steht oder ob es sich einfach um sinnfreie Nachrichten handelt, sei dahingestellt. Mit der Kostenkalkulation der Anbieter habe man ja schließlich nichts zu tun.

Die andere Seite bringt Verständnis für die sogenannte Mischkalkulation der Anbieter auf, findet es aber auch nicht richtig, dass teilweise mit falschen Versprechen geworben wird. Eine offensichtliche Beschränkung im Sinne einer Fair-Use-Regelung würde von diesen Kunden durchaus positiv angenommen. Diese Nutzer sehen auch häufig das Recht des Anbieters, einen Vertrag fristgerecht zu kündigen, da bei Vertragsschluss für beide Seiten die gleichen Rechte gelten.

Österreichisches Preismodell auch in Deutschland denkbar

teltarif-Leser Antinoos zum Beispiel versteht die Preispolitik der Mobilfunkanbieter in Deutschland nicht. Er schlägt vor, die Handy-Flatrate auf netzinterne Gespräche zu begrenzen. "Das gibt's ja bei Tchibo schon seit 2 Jahren völlig ohne Kosten - und das bei einer Prepaidkarte, die man mit 1 Cent pro Jahr per Banküberweisung am Leben erhalten kann, also de facto für ganze 2 Cent 2 Jahre lang eine netzinterne Flatrate bekommt." Bild: vodafone Alternativ schlägt er ein Preismodell aus Österreich vor, wo der Minutenpreis in alle Netze "kaum über dem Interconnectionspreis" läge. Das bedeute seiner Meinung nach für Deutschland einen Minutenpreis von 2 bis 3 Cent ins Festnetz und 10 bis 12 Cent in die übrigen Netze. Bei geringer Grundgebühr oder auf Prepaid-Basis könnten so alle Anbieterkosten gedeckt werden. "Schon die 9 Cent pro Minute in ALLE Netze-Tarife sind eine Mischkalkulation, die bereits dann nicht mehr aufgeht, wenn man nur in Fremdnetze telefoniert." Fraglich bleibt hier, ob der Kunde, der ständig nach den günstigsten Angeboten strebt, dieses Tarifmodell freiwillig annimmt.

Der Anbieter hat die freie Kundenwahl

Der Markt der Mobilfunk- und Telekommunikationsanbieter ist groß. So könne sich nicht nur der Kunde den Anbieter auswählen, der ihm ein seinem Telefonverhalten entsprechendes Angebot macht, sondern der Anbieter habe auch die Wahl des "perfekten Kunden". Dieser Meinung ist zumindest unser Frei-Sprecher klaussc. "Die freie Wahl des Kunden (die sich der Anbieter herausnimmt) darf doch nicht dahin führen, dass überall Flats beworben werden, aber die Anbieter die Kunden ablehnen, die irgendwelche imaginären Grenzen überschreiten. Der nächste Schritt ist dann ein Kundenscoring (mit geheimen Parametern), mit dem sich Telefonanbieter telefonierende Kunden vom Hals halten. Natürlich zentral, so dass alle Anbieter darauf zugreifen können. Und die schwarzen (telefonierenden) Schafe bekommen dann eben keinen Vertrag mehr - nirgendwo!"

Die Praxis ist davon noch etwas entfernt und der Fall, dass Vieltelefonierer keine Anschlüsse mehr bekommen, klingt unwahrscheinlich. Wahrscheinlich ist es aber, dass solche Kunden zu schlechteren Konditionen telefonieren werden. Kostendeckung soll erreicht werden, entweder durch höhere Minutenpreise oder durch langfristige Preisbindung. Öfter zum Ärger der Kunden, müssen diese heute schon bei vielen Komplettanschluss-Anbietern über die gesamte Vertragslaufzeit den Preis zahlen, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültig war. Ein Wechsel in die im Laufe der Zeit günstiger gewordenen Angebote ist oft nicht möglich.

Wie auch andere Medien berichteten, handelt es sich momentan noch um Einzelfälle, in denen die Flatrate wirklich gekündigt wurde. Einerseits bestätigen unsere Recherchen die teilweise angewandte Willkür, mit denen betroffenen Kunden die Verträge gekündigt wurden. Andererseits sind die Kündigungen in den Fällen berechtigt, wo tatsächlich eine gewerbliche Nutzung vorliegt. Das Arcor-Beispiel zog die weitesten Kreise und auch in unserer Rubrik Frei Sprechen äußerte sich ein Arcor-Kunde, dem die Flatrate fristgerecht zum Jahresende gekündigt wurde. Begründung war auch hier die "außergewöhnlich hohe Nutzung".

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