NRW-Hörfunkmarkt vor dem Umbruch
Antenne Bayern-Geschäftsführer Felix Kovac
Foto: Unternehmensgruppe Antenne Bayern
Eigentlich ist Nordrhein-Westfalen ein sehr facettenreiches Bundesland mit vielen Gesichtern. So unterschiedlich NRW aber in seinen Landesteilen Westfalen-Lippe und Rheinland wirkt, zeigt sich die Rundfunklandschaft alles andere als vielfältig. Wer irgendwo zwischen Bonn und Münster am Sendersuchlauf drehte, landete zwangsläufig entweder bei einem der fünf WDR-Sender oder dem jeweiligen privaten Lokalradio inklusive Rahmenprogramm von Radio NRW aus Oberhausen.
Mit ein bisschen Glück kam in der einen oder anderen Region noch das nicht selten verrauschte Deutschlandradio auf UKW oder der britische Truppensender BFBS an. Mehr Auswahl gab es nur für Hörer im Grenzgebiet zu anderen Bundesländern oder an der holländischen Grenze. Im Herbst wird sich dies nun erstmals ändern, mit Antenne NRW als Tochter der Unternehmensgruppe Antenne Bayern bekommt die wichtigste ökonomische Region Deutschlands ein landesweites Privatradio. Doch was bedeutet dies konkret für Hörer, Werbewirtschaft und die Konkurrenz?
Karten werden neu gemischt
Antenne Bayern-Geschäftsführer Felix Kovac
Foto: Unternehmensgruppe Antenne Bayern
Besonders deutlich wird Radio NRW den neuen Wettbewerber zu spüren bekommen. Bislang kontrollierten die Oberhausener den landesweiten Hörfunk-Werbemarkt mehr oder weniger alleine, denn der WDR hatte aufgrund gesetzgeberischer Vorgaben Werbezeiten kontinuierlich reduziert. Weniger Werbung bei Radio NRW spüren aber letztendlich auch alle Lokalradios, denn sie finanzieren sich indirekt auch aus dem Topf von Radio NRW. Das an Rhein und Ruhr praktizierte "Zwei-Säulen-Modell" ist ein Unikum in der deutschen Hörfunklandschaft.
Dieses ungewöhnliche Konstrukt aus Veranstaltergemeinschaft, Betriebsgesellschaft und Mantelprogramm hält die Lokalstationen wirtschaftlich über Wasser und soll gleichzeitig die redaktionelle Unabhängigkeit garantieren. Ob und wie dieses Modell durch neuen Wettbewerb weiter unter Druck gerät, muss sich noch zeigen. Fakt ist aber: Schon jetzt hat das Modell Schwächen und einige Lokalstationen stehen finanziell erheblich unter Druck oder mussten ihren Sendebetrieb bereits einstellen.
Lokalfunk bleibt wertvoll
Im Düsseldorfer Landtag wird der Start von Antenne NRW sicherlich ebenso mit großem Interesse verfolgt. Die Landespolitik steht vor einem Spagat: Einerseits will man mehr Vielfalt auf dem Radiomarkt schaffen, andererseits jedoch auch den Lokalradios nicht die wirtschaftliche Grundlage entziehen. Letztendlich hat das bis dato einmalige Zwei-Säulen-Modell in Nordrhein-Westfalen auch gewichtige Vorteile. Kein einzelner Sender wäre in der Lage, überall im Land so nah an den Hörern zu sein.
Und letztendlich schaffen die NRW-Lokalradios auch viele redaktionelle Arbeitsplätze. In kaum einem Bundesland dürfte es mehr Beschäftigte bei Rundfunksendern geben. Ein wichtiges Argument, denn auf der anderen Seite ziehen sich insbesondere die Lokalzeitungen mit fallenden Auflagen und geschlossenen Redaktionen immer weiter aus der Fläche zurück. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren vermutlich sogar noch weiter verstärken.
Neuer Sender ist kein Selbstläufer
Ganz klar, Antenne Bayern ist ein erfahrener Player auf dem deutschen Radiomarkt. Das haben sie über viele Jahre im südlichsten Bundesland unter Beweis gestellt. Doch NRW ist nicht Bayern, an Rhein und Ruhr ticken die Uhren anders. Ob man das Konzept also erfolgreich übertragen kann, ist noch längst nicht ausgemacht. In jedem Fall muss sich das Programm nicht nur stark von den Lokalradios, sondern auch von WDR 2 bzw. 1Live differenzieren.
Antenne Bayern-Geschäftsführer Felix Kovac hat schon aus diesem Grund nicht übermäßig viel Spielraum, denn die "Platzhirsche" in NRW werden zu erwarten ebenfalls entsprechend auf ihren neuen, starken Mitbewerber aus Ismaning reagieren. Eine ähnliche Entwicklung gab es in der Vergangenheit bereits bei WDR 2, welches mit einer zunehmenden Regionalisierung durch die "Lokalzeiten" im Territorium der Lokalradios wilderte. Immerhin: Antenne Bayern will offensichtlich zumindest beim Geld nicht kleckern, sondern klotzen. Die NRW-Dependance residiert an der mondänen Düsseldorfer Königsallee.
Über die Entwicklung der NRW-Lokalradios sprachen wir im Interview mit Radio Kiepenkerl-Chefredakteur Andreas Kramer.