Themenspezial: Verbraucher & Service Rückblick

Vor 20 Jahren fielen die Telekom-Monopole

Vor 20 Jahren begann am 1. Januar 1998 ein spannendes Kapitel deutscher Tele­kommuni­kations-Geschichte: Der vollständig liberalisierte Markt startete und die Bundesnetzagentur nahm ihren Betrieb auf.
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Jüngere Zeitgenossen können sich kaum noch daran erinnern, dass die Deutsche Bundespost über Jahr­zehnte den deutschen Tele­kommuni­kations- und Postmarkt als Monopolist regierte. Die Post bestimmte nicht nur über die Nutzung der Netze, sondern setzte auch die Preise fest, gab Endgeräte aus und verbot die Nutzung eigener Telefone, Faxgeräte und Modems.

Vor 20 Jahren startete dann am 1. Januar 1998 der vollständig liberali­sierte Tele­kommuni­kations­markt in Deutschland, der die Vor­herr­schaft des bisherigen Monopolisten beenden sollte. Gleichzeitig nahm die Regu­lierungs­be­hörde für Tele­kommuni­kation und Post ihren Betrieb auf, die heute Bundesnetzagentur heißt.

Schrittweise vom Monopol zum Wettbewerb

20 Jahre liberalisierter Telekommunikationsmarkt 20 Jahre liberalisierter Telekommunikationsmarkt
Bild: teltarif.de
Schon in den 1980er-Jahren machten sich Politik, Wirtschaft und Verbraucher Gedanken über die schwerfälligen und unflexiblen Telekommunikations-Monopolisten mit ihren zum Teil teuren Tarifen, zu denen es keine Konkurrenz gab. Schließlich ergriff die EU-Kommission auf Basis der EU-Verträge die Initiative. 1988 wurde dank der Endgeräterichtlinie die Nutzung alternativer Endgeräte erleichtert. 1990 wurde zwar das staatliche Monopol auf Telefondienste abgeschafft, dies hatte aber noch keine weitreichenden Auswirkungen, weil die Mitgliedstaaten die Netzmonopole noch beibehalten durften.

1995 erfolgte die Öffnung der TV-Kabelnetze, was in vielen Mitgliedsstaaten zur Privatisierung der Netze führte. Einen wirksamen Anbieter-Wettbewerb gibt es auf den Kabelnetzen allerdings bis heute nicht. Ein echter Meilenstein war dann aber die Richtlinie 96/19/EG, nach der die Mitgliedsstaaten die verbleibenden Monopolrechte für Sprachtelefonie, Telekommunikationsnetze, Telefonverzeichnisse und Auskunftsdienste zum 1. Januar 1998 endgültig abschaffen mussten.

Online-Magazine wie teltarif.de bieten Orientierung

Anfang Januar 1998 befanden sich die Verbraucher nach dem Start der Liberalisierung dann in einem merkwürdigen Zustand. Viele wussten durch die Berichterstattung der vorangegangenen Monate, dass sie bei Telefon, Internet, Telefonverzeichnis und Auskunftsdiensten nicht mehr an die Telekom gebunden sind. Doch die neue Freiheit warf mehr Fragen auf als sie Antworten gab: Über wen konnte man denn jetzt billiger telefonieren? Musste man sich dafür anmelden? Und für welche Telefonate galt das: Im Ortsnetz, im deutschlandweiten Festnetz, zu Mobilfunkanschlüssen, ins Ausland oder auch zu Sonderrufnummern? Und wo konnte man herausfinden, welche Anbieter es gab und welche Tarife sie anboten?

Weitsichtige Zeitgenossen erkannten die Situation und gründeten Online-Magazine wie teltarif.de und andere, die den Verbrauchern Orientierung im Dschungel der Tarife, Anbieter und Techniken bieten sollten. Im Dezember 1997 richtete teltarif.de-Gründer Kai Petzke auf seiner Homepage bei der TU Berlin eine Unterseite mit Informationen zur Öffnung des Telekommunikationsmarktes ein. Der erste E-Mail-Newsletter vom 25. Januar 1998 und die allererste teltarif.de-News vom 5. Februar 1998 machen klar, worum es seither geht: Die Telefonkunden nicht nur über aktuelle Tarife zu informieren, sondern auch eine Einordnung zu liefern, ob die Angebote wirklich attraktiv und seriös sind.

Die Fülle an Tarif-Informationen konnte irgendwann nicht mehr ausschließlich in Textform dargestellt werden, und so entstanden die Tarifvergleiche für Call by Call, Internet-Tarife, reine Festnetz-Telefontarife, Handy-Tarife und andere. Einen interessanten Einblick in die damalige Zeit liefert neben dem teltarif.de-Meldungsarchiv auch das Newsarchiv des unabhängigen Magazins T-Off, das 2006 wieder eingestellt wurde.

Das bereits im Sommer 1996 verabschiedete Telekommunikationsgesetz erwähnte bereits viele Bereiche des zukünftigen liberalisierten Marktes - doch gerade wegen der Dominanz der 1995 aus der "Deutschen Bundespost Telekom" hervorgegangenen Deutschen Telekom wurde spätestens ab dem 1. Januar 1998 eine staatliche Aufsichtsbehörde benötigt.

Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post startet

Obwohl zum Jahresbeginn 1998 viele alternative Anbieter den Betrieb aufnahmen, ging vieles - bis heute - nicht ohne die Telekom: Der Bonner Riese musste Leitungen weitervermieten, die Inhalte der Telefonverzeichnisse bereitstellen, die Abrechnung für Call by Call übernehmen und bei technischen Störungen die Netze warten. Daran hat sich bis heute nur wenig geändert. Doch die Telekom verspürte anfänglich naturgemäß nicht nur Freude darüber, dass sie ihren Konkurrenten zuarbeiten musste und das bis heute immer noch muss - darum war eine staatliche Kontrollbehörde unerlässlich.

Am 1. Januar 1998 nahm daher die "Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post" den Betrieb auf - als Nachfolgerin des bisherigen "Bundesamts für Post und Telekommunikation". Bereits von Beginn an hatte die RegTP genannte Behörde ein klar definiertes Aufgabengebiet. Die wettbewerbliche Aufsichtsfunktion beinhaltet, Tarifänderungen von marktbeherrschenden Unternehmen zu prüfen und gegebenenfalls einzuschreiten. Außerdem werden ehemalige Monopolisten dazu verpflichtet, die Leitungen und Teilnehmeranschlüsse zu wirtschaftlich nachvollziehbaren Konditionen an die Wettbewerber zu vermieten. Die heutige Bundesnetzagentur hat dabei nicht nur ein Auge auf die konkreten Mietpreise und Terminierungsentgelte, sondern auch auf die Konditionen derartiger Verträge.

Weitere technische und regulatorische Aufgaben

Die Bundesnetzagentur in Bonn Die Bundesnetzagentur in Bonn
Bild: Bundesnetzagentur
Im Telekommunikationsmarkt gibt es weitere Bereiche, die anbieterübergreifend von der Bundesnetzagentur geregelt werden müssen. Dazu zählen die Frequenzvergabe im Mobilfunk-Sektor oder die Tarifierung von Sonderrufnummern.

Darüber hinaus muss die Behörde dafür sorgen, dass alle tele­kommuni­kations­recht­lichen Vorgaben der EU in Deutschland umgesetzt werden. Dazu gehört auch die Einführung neuer technischer Standards, die von internationalen Gremien beschlossen werden. Ein weiterer Bereich ist die Prüfung von Hardware auf elektromagnetische Verträglichkeit, was mitunter dazu führen kann, dass für Import-Geräte aus Asien in Deutschland ein Benutzungsverbot erlassen wird. Auch die Ausgabe qualifizierter Digitaler Zertifikate wird von der Bundesnetzagentur überwacht.

Nebenbei bemerkt gehörte auch die Überwachung des Postsektors von Anfang an zu den Aufgaben der Behörde. Doch dabei blieb es nicht.

Verbraucherschutz und weitere Aufgaben

Nachdem die Regulierungsbehörde in den Anfangsjahren sich sehr stark auf die Regulierung der Märkte und die Absprachen zwischen den Unternehmen konzentriert hatte, rückte in den darauffolgenden Jahren der Verbraucherschutz vermehrt in den Vordergrund. Vielfältige Informationsangebote gab es zwar, doch die Beschwerdemöglichkeiten für Verbraucher wurden stetig ausgeweitet, beispielsweise beim Rufnummernmissbrauch, bei Problemen beim Anbieterwechsel und bei unerlaubter Telefonwerbung.

Die erfolgreiche Arbeit der Regulierungsbehörde führte schließlich dazu, dass ihr ab 2005 auch die Energieregulierung (Strom und Gas) sowie 2006 die Überwachung des Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur übertragen wurde. Darum wurde aus der ehemaligen Regulierungsbehörde dann die heutige Bundesnetzagentur. Trotzdem gab und gibt es immer wieder auch Kritik an der Behörde, beispielsweise über zu langwierige Genehmigungsverfahren für neue Mobilfunkstandorte oder in Bezug auf eine möglicherweise unbewusste Bevorzugung der Telekom, die sich immer noch zum Teil im Staatsbesitz befindet.

Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass die Bundesnetzagentur unerlässliche Aufgaben wahrnimmt, die oft auch das direkte Vertragsverhältnis zwischen Anbieter und Kunde betreffen. Mussten Kunden bei einer lahmen DSL-Leitung früher mühsam vor Gericht die versprochene Bandbreite (oder die außerordentliche Vertragskündigung) einklagen, hat der Staat mit der Transparenzverordnung nachvollziehbare Richtlinien geschaffen. Auch die Regelungen beim Umzug des Verbrauchers in ein vom bisherigen Anbieter nicht versorgtes Gebiet sind eine spürbare Verbesserung der Rechtslage für die Telefon- und Internet-Kunden.

In einem separaten Artikel gehen wir darauf ein, welche Vorteile Call by Call und Preselection ab 1998 für die Verbraucher brachten.

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