Netzbetreiber wollen grün sein - alles nur Greenwashing?
Telekommunikation braucht viel Strom. Wie grün ist der Strom?
Bild: Picture Alliance / dpa
Telekommunikations- und andere Technologieunternehmen wie Vodafone, Google und viele andere können die Umwelt beeinflussen. Es ist kein Geheimnis, dass Telekommunikationsinfrastruktur und Rechenzentren viel Energie verbrauchen. Gleichzeitig reduziert die Telekommunikation den Energieverbrauch, da die Menschen mehr von zu Hause aus arbeiten, anstatt lange und umständlich ins Büro zu fahren.
John Strand analysiert die Lage
Telekommunikation braucht viel Strom. Wie grün ist der Strom?
Bild: Picture Alliance / dpa
Darüber hat sich kein geringerer als John Strand, Gründer, Inhaber und Chef des Mobilfunkberatungsunternehmens StrandConsult in Kopenhagen (Dänemark) Gedanken gemacht.
Dänemark: Führend bei grüner Energie
Strand nimmt sein Land als Beispiel. Obwohl Dänemark eher zu den kleineren Ländern der Welt gehört, ist es "führender Anbieter" von grüner Energie mit Solar- und Windenergie.
Strand Consult hat die Entwicklungen von Google und Telecom Danmark (TDC) untersucht. Er warnt vor dem Hype oder dem jüngsten Greenwashing des weltweit tätigen Anbieters Vodafone. Es sei "trügerisches Marketing", dass ein Unternehmen umweltfreundlich sei.
Die zentrale Herausforderung ist das Stromnetz selbst, das im Wesentlichen ein großer Pool von Energie ist, die aus erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Quellen gemischt wird.
Das macht es für Verbraucher schwierig bis unmöglich, sicherzustellen, ob die von ihnen ausgewählte Energie aus erneuerbaren Quellen stammt oder nicht.
Viele Anbieter grüner Energie können ohne Subventionen mit traditionellen fossilen Brennstoffen konkurrieren. Das Thema ist oben auf der Tagesordnung. Die gesamte Telekommunikationsbranche wird eine zunehmende Rolle spielen, um grüne, nachhaltige Energielösungen zu unterstützen, entweder durch Kauf von Herkunftsnachweisen (GOs) oder durch den Abschluss von Stromabnahmeverträgen (PPAs) mit Unternehmen, die grüne Energie herstellen.
Strand: Vodafone ist König des Greenwashings
Unter dem Begriff "Greenwashing" versteht die Branche Aussagen, an sich umweltschädliches Verhalten so umzuformulieren, dass es "grün" aussieht.
Letzte Woche hatte Vodafone PLC mitgeteilt, dass 100 Prozent seiner europäischen Netze ab dem 1. Juli 2021 mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden und dass das rote Firmenlogo zur Kennzeichnung dieser Umstellung grün gefärbt werde.
Strand lässt daran kein gutes Haar. "Diese Art von Gimmick" sei maßgeschneidert für die Presse, klinge gut, aber habe keine Substanz. Vodafone nutze hauptsächlich Herkunftsnachweise (GOs), um seine grünen Ziele zu erreichen. Nur ein kleiner Teil des Ökostroms, den Vodafone einkaufe, sei wirklich grün.
In der Praxis habe Vodafone im Vereinigten Königreich Direktstromverträge (PPAs). In Spanien nutze Vodafone eine Mischung aus PPAs und GOs.
Schiefe Öko-Bilanz
Strand rechnet weiter vor, dass Vodafone knapp über 31 Millionen Kunden in den beiden Ländern habe. In Albanien stamme 67 Prozent des Stroms aus lokalen erneuerbaren Quellen, dort habe Vodafone aber nur etwas mehr als 1,4 Millionen Kunden.
Der größte Teil des Vodafone-Stroms werde in Ländern verbraucht, in denen Vodafone GO-Zertifikate verwende, um damit behaupten zu können, dass sie grün seien: Italien, Deutschland, Irland, Ungarn, Rumänien, Griechenland, Türkei und die Tschechische Republik. Dort hat Vodafone etwa 108 Millionen Kunden. In der Praxis produzierten die GOs von Vodafone also nicht mehr grüne Energie.
Rolle der TK-Unternehmen
Telekommunikationsunternehmen sind es gewohnt, mit Transparenzverpflichtungen zu arbeiten; Verbraucher wählen ihren Anbieter teilweise aufgrund dieser Angaben aus. Sie können ihr Wissen in Sachen Transparenz nutzen, um ihr Engagement für Nachhaltigkeit zu zeigen. Durch ihre Kaufkraft von grüner Energie würden sie dazu beitragen, die Dekarbonisierung des Energiesystems voranzutreiben.
Zertifikate: grüner Übergang oder grüne Transaktion?
Telekommunikationsbetreiber können auch Herkunftsnachweise (GOs) erwerben, die direkt mit den neuen Kraftwerken verbunden sind. Wenn Telekommunikationsbetreiber Strom und GO-Zertifikate direkt von grünen Energieerzeugern kaufen, können sie sicherstellen, dass sie dazu beitragen, fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energien zu ersetzen - eine grüne Transition.
Besseres Beispiel: Better Energy (Dänemark)
Letztes Jahr hat Better Energy A/S in Dänemark ein Abkommen mit Google abgeschlossen, um ein dänisches Rechenzentrum über fünf Solaranlagen zu versorgen. Auch der dänische Netzbetreiber TDC wird von Better Energy versorgt. Better Energy geht Partnerschaften mit Technologieunternehmen ein, um subventionsfreie, zertifizierte grüne Energie bereitzustellen.
Doch der Stromverbrauch von TDC und anderer Telekommunikationsunternehmen wird aufgrund des zunehmenden Ausbaus und wachsenden Datenverbrauchs (alleine in Dänemark etwa plus 40 Prozent pro Jahr) bis ins Jahr 2028 um 2,5 Prozent steigen, sagt Strand voraus.
Doppelte Gefahr für Steuerzahler - Fakten zum Greenwashing
Der Handel mit Zertifikaten auf diesem Sekundärmarkt birgt auch das Risiko, dass die Bürger zweimal für dieselbe grüne Energie bezahlen. Wenn Projekte für erneuerbare Energien von der Regierung subventioniert werden, kommt das Geld von den steuerzahlenden Bürgern. Wenn Unternehmen Zertifikate aus diesen subventionierten Projekten kaufen und dann die Verbraucher für die "grünen" Produkte, die sie mit dieser Energie produzieren, extra belasten, zahlen dieselben Bürger doppelt. Strand fordert, den komplexe Zertifikatsmarkt zu überarbeiten. Der Käufer müsse besser erkennen können, wer was produziert.
Grüner Übergang
Telekommunikationsbetreiber könnten bei Nachhaltigkeit führend sein, wenn sie die richtigen politischen Rahmenbedingungen vorfinden. Sie seien bereit, ihren Energieverbrauch vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen und würden gerne messbare Klimaschutzmaßnahmen umsetzen.
Die 3G/UMTS-Abschaltung in Deutschland hat auch mit dem Stromverbrauch der Anlagen zu tun.