Kritik

Telekom: Obermann übt letztmalig heftige Kritik am Regulierer

René Obermann stellt zum letzten Mal seine Quartalszahlen vor
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René Obermann betonte, dass ein denkbarer Kauf von Vodafone durch AT&T ein Gerücht sei, aber "diese Option muss man sehr ernst nehmen, es führt zur globalen Konsolidierung und ist ein langfristiger Markttrend", eine Verschiebung des Kräftegleichgewichts. Er kenne aber den Wahrheitsgehalt des Gerüchtes nicht. Sein Nachfolger Höttges stellte klar: Ein Verkauf von T-Mobile USA an Vodafone sei im Moment "aus der Luft gegriffen". Man entwickele die Marktposition weiter, was zu einer Position der Stärke führe.

In Großbritannien habe das Joint Venture von T-Mobile UK und France Telecom/Orange mit dem Namen Everything Everywhere (EE) eine "tolle Position" besetzt. Gerade habe man einen Netztest als "das beste LTE-Netz in London" gewonnen, vor Jahren hatte T-Mobile das schlechteste Netz von "one2one" gekauft und grundlegend renoviert. Keiner habe in Großbritannien mehr LTE Kunden als EE. Eine endgültige Entscheidung zur Zukunft des Unternehmens sei noch nicht getroffen, "aber 2013 passiert nix mehr."

Höttges betonte, die USA seien momentan der Wachstumsmotor, in Europa müsse man mit Widrigkeiten durch die Regulierer rechnen.

Ist eine Fusion von Deutsche Telekom und France Telecom denkbar?

Obermanns Nachfolger Timotheus Höttges hatte in der Schule die Sprache die Sprache französisch als Leistungskurs, daraus könne man aber keine Spekulationen zur Wahrscheinlichkeit einer "immer wieder einmal diskutierten Fusion" von France Telecom und Deutscher Telekom ableiten. Selbst wenn man eine rein theoretische Fusion von France Telecom und Deutscher Telekom in Betracht zöge, wäre diese Verbindung nicht so stark wie AT&T in den USA. "Die USA haben 300 Millionen Einwohner und 4 Spieler, Europa hat 500 Millionen Bevölkerung und 200 Spieler."

Dennoch müsse sich in Europa dringend etwas tun: "Der Verkauf der einstigen Ikone Nokia in die USA gibt mir doch zu denken", findet Höttges und stimmt seinem scheidenden Chef zu: "Wir brauchen eine Deregulierung, eine Standortpolitik. Wir haben systemischer Fehler, wir brauchen die Skalierung."

Kann man noch sicher kommunizieren?

Auf die Frage von teltarif.de, ob man aufgrund der aktuellen Diskussion noch "frei oder nur noch mit einem klammen Gefühl telefonieren" könne, sei "keine einfache Antwort möglich", so Obermann. Die Telekom habe mit dem SIMKO3 ein vom BSI zertifiziertes Produkt, aber als Unternehmer sei es unglaublich enttäuschend, wie das Vertrauen der Kunden in die digitale Welt gelitten habe. Es sei Aufgabe der Politik und der Unternehmen, dieses Vertrauen wieder aufzubauen. Obermann forderte ein Safe-Harbour- Abkommen und ein sicheres Routing innerhalb der Schengen-Grenzen, es müsse Angebote einer EU-Cloud geben. Gleichzeitig stellte er aber klar, dass er nicht die "Renationalisierung des Internets" wolle, denn das wäre "idiotisch und absurd, die Kunden wollen Dienste nutzen können, die überall (auch in den USA) gehostet werden."

Zum Kölner "Drosselkom" Urteil stellte Obermann klar: "Es wird auch in Zukunft echte Flatrates geben", aber "immer mehr Volumen, Leistungen für immer weniger Geld das geht nicht."

Scharfe Kritik an den Regulierern

Im Laufe seiner Abschiedsrede übte Obermann massive Kritik an den Regulierern in ganz Europa. Die Mobilfunklizenzvergaben änderten sich permanent, in einigen Ländern sei das Auktionsdesign falsch gewesen, was Gebote unwirtschaftlich gemacht habe, beispielsweise in Österreich. Bestimmte Auktionen seien technisch so angelegt gewesen, damit es keine Transparenz gegeben habe. Die Staaten hätten ihre Marktmacht langfristig zum Kundennachteil ausgenutzt, es fehle die Lernfähigkeit. Somit würden den Betreibern die Mittel für Netzausbau und Rendite entzogen, was ihn "sprachlos" mache. Wörtlich: "Was muss noch passieren, bis die zuständige fachkundige Politik endlich aufwacht? In anderen Regionen wie Fernost oder den USA da läuft das anders. Die Zitrone ist ausgequetscht. Europa braucht eine wettbewerbsfähige Telekommunikation, die nicht zum Übernahmeobjekt wird." Obermann habe viele Jahre für eine Reform gekämpft. In Europa gäbe es über 200 verschiedene Mobilfunkanbieter, die dem EU-Recht und dem jeweiligen nationalen Recht unterliegen, der Markt sei zersplittert und gefährde die betriebswirtschaftliche Basis. Es sei ja bekannt, dass Telekommunikation extrem kapitalintensiv sei, das sei wirtschaftlich, qualitativ und sicher nur ab gewisser Größe möglich.

In den USA gebe es im Gegensatz zu Europa nur vier Anbieter, was dazu geführt habe, dass der notwendige 4G-Ausbau dort schneller als in Europa erfolgt sei. Der Infrastrukturausbau gerate ins Hintertreffen, was Folgen für die Wirtschaft habe. "Muss erst etwas in den Brunnen fallen, bevor sich die Öffentlichkeit damit auseinandersetzt?"

Die Deutsche Telekom sei bereit, viel Kapital in die Hand zu nehmen, aber dazu sei eine Kehrtwende der europäischen Wettbewerbspolitik notwendig. "Dass wir uns in den letzten sieben Jahren trotz widriger Bedingungen hervorragend geschlagen haben, dafür bin ich den Mitarbeiter/innen dankbar", schloss Obermann seine Rede ab.

Weitere Hintergrundinformationen und aktuelle Zahlen auch zur Discount-Tochter Congstar finden Sie in einem weiteren Artikel.

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