Kurios

Impf-Hotline: Rentnerin erhält massenweise Anrufe

Eine Rent­nerin wird seit einigen Tagen mit Anrufen wegen Impf­ter­minen bombar­diert. Ihre Nummer ist um eine Ziffer länger als die der örtli­chen Stadt­ver­wal­tung. Eine neue Rufnummer möchte sie nicht haben.
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Da geht man lieber spazieren. Wenn bei der Rentnerin das Telefon klingelt, könnte jemand einen Impftermin buchen wollen - aufgrund eines Vermittlungsfehlers. Da geht man lieber spazieren. Wenn bei der Rentnerin das Telefon klingelt, könnte jemand einen Impftermin buchen wollen - aufgrund eines Vermittlungsfehlers.
Foto: Picture Alliance / dpa
Es gibt Dinge, die es nicht gibt. Eine Rent­nerin aus dem südli­chen Rhein­land-Pfalz, nennen wir sie Luise Müller, bekommt auf einmal sehr viele Anrufe: Alle Anrufer möchten bei ihr drin­gend einen Impf­termin gegen Corona verein­baren. Das berichtet die in der Region erschei­nende Tages­zei­tung Die Rhein­pfalz.

Kein Impf­termin unter dieser Nummer

Da geht man lieber spazieren. Wenn bei der Rentnerin das Telefon klingelt, könnte jemand einen Impftermin buchen wollen - aufgrund eines Vermittlungsfehlers. Da geht man lieber spazieren. Wenn bei der Rentnerin das Telefon klingelt, könnte jemand einen Impftermin buchen wollen - aufgrund eines Vermittlungsfehlers.
Foto: Picture Alliance / dpa
Frau Müller hat ihre Tele­fon­nummer seit 40 Jahren, und auf einmal ging das Drama los. Die Anrufer waren froh, endlich durch­gekommen zu sein und erlebten dann die abso­lute Enttäu­schung: Hier gibt es keinen Impf­termin.

Nicht nur das. Da meldeten sich auch Leute, die von Frau Müller wissen wollten, wieso sie, die Frau Müller bei den Anru­fern vorher ange­rufen hätte? Frau Müller vermutet, dass ihr in die Jahre gekom­mener Telefon-Apparat offenbar ein Eigen­leben führt und mitunter "von selbst" loswählt. So ganz sicher ist sie sich nicht.

Sperr­liste im Router hilft nicht

Der tech­nisch kundige Sohn von Frau Müller dachte zunächst auch an das fort­geschrit­tene Alter seiner Mutter und trug dann die Nummern einiger verirrter Impf­anrufer in die Sperr­liste ihres Telefon-Routers ein. Das half auf die Dauer natür­lich auch nicht, weil immer wieder neue Anrufer rein­kamen.

Fest­netz-Anschluss von Voda­fone

Frau Müllers Fest­netz-Anschluss ist bei Voda­fone geschaltet, also musste sich deren Hotline eine gehar­nischte Kritik von Frau Müller anhören. Im Schnitt seien pro Tag etwa zehn Anrufe von Unbe­kannten einge­gangen, manchmal auch deut­lich mehr. Durch die Anruf-Daten im Telefon-Router war das eindeutig belegbar. Die Anrufer kamen von überall in Deutsch­land her.

Vom Impf­zen­trum zum Fahr­rad­laden

Auf einmal änderte sich das Bild. Jetzt waren es Anrufe von Leuten, die einen Termin bei einem Fahr­rad­laden ausma­chen wollten, oder es wurde nach einer bundes­weiten Repa­ratur­annahme gefragt, die Haus­besuche anbietet. Einmal klin­gelte das Telefon und Frau Müller wurde Zeugin eines Arzt­gesprächs mit einem Pati­enten. Als sie sich mit "Hallo" bemerkbar machte, waren Arzt und Patient leicht "verschnupft".

Schlechte Leitungs­qua­lität

Aber auch Frau Müller musste sich von der Voda­fone-Hotline einiges anhören lassen, man nahm sie zunächst nicht ernst. Nachdem ein Voda­fone-Tech­niker ihren Telefon-Router ausge­tauscht hatte, ging die Zahl der Falsch­anrufer spürbar zurück, "dafür rauscht und kracht die Leitung", aber komi­scher­weise nur bei "unbe­kannten" Anru­fern.

Ein Tech­niker, der sich die Geschichte näher ansah, vermu­tete ein Problem im Vermitt­lungs­rechner von Voda­fone. Doch der Voda­fone-Pres­sespre­cher verneinte das. Er fand heraus, dass die Rufnummer von Frau Müller der Tele­fon­nummer der zustän­digen Stadt­ver­wal­tung ähnelt. Wählt man eine 5 zusätz­lich, landet man bei Frau Müller.

Mögli­cher­weise, so die Vermu­tung bei Voda­fone, ist im Routing-Menü des Call-Center-Dienst­leis­ters, der die Impf­zen­trums-Hotline betreut, eine Weiter­lei­tung falsch konfi­guriert, was Frau Müller diese ganzen unge­wollten Anrufe beschert.

Voda­fone habe der Kundin schon ange­boten, ihre Nummer kosten­frei zu ändern, das wollte sie aber nicht. Die Zahl der Falsch­anrufe sei inzwi­schen auf 2-3 Anrufe pro Tag gesunken. Damit könne sie leben.

Impf-Hotline falsch konfi­guriert?

Die Impf­hot­line in Rhein­land-Pfalz ist unter einer 0800-Rufnummer geschaltet. Da hört man zunächst eine auto­mati­sche Ansage und wird anschlie­ßend verbunden. "Man hört mitten im Gespräch eine weitere Nummer wählen und ist dann auto­matisch falsch verbunden", berichtet ein Tester, der versuchte, das Problem nach­zuvoll­ziehen.

Merke: Wenn der Wurm drin ist, dann aber richtig.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Die beschrieben Effekte erin­nern fatal an ähnliche Vorgänge bei VIAG Interkom (heute o2) vor einigen Jahren. Auch hier wurden Teil­nehmer zufäl­lige mitein­ander verschaltet, die sich teil­weise nur hören, aber nicht mitein­ander spre­chen konnten.

Hinter einer 0800-Rufnummer liegt immer eine reale-Fest­netz- oder Handy-Rufnummer, die norma­ler­weise nicht bekannt gegeben wird, denn sie kann sich je nach Monat, Wochentag, Tages­zeit oder Auslas­tung oder Herkunft des Anru­fers mehr­fach ändern.

Gut möglich, dass ein Dienst­leister im Eifer des Gefechts seine Routing-Tabelle falsch program­miert hat.

Verwech­sel­bare Rufnum­mern?

Wenn eine Stadt­ver­wal­tung als Beispiel die Rufnummer 1234 und Frau Müller die 12345 hat, dann muss man die dama­lige Bundes­post oder die heutige Bundes­netz­agentur fragen, wie sinn­voll solche Rufnum­mern­ver­gaben eigent­lich sind, weil die Verwähler gera­dezu magne­tisch ange­zogen werden. Der Rufnum­mern­vorrat sollte in Deutsch­land eigent­lich längst mehr als ausrei­chend sein, wenn in 1000-Teil­nehmer Orts­netzen heute zwangs­weise an Neukunden sieben­stel­lige Nummern vergeben werden müssen!

Abschlie­ßend sei es Voda­fone empfohlen, mal einen Blick in ihren Telefon-Vermitt­lungs­com­puter zu werfen. Da könnte viel­leicht ein Update Wunder wirken.

Die Telekom empfiehlt, dass Glas­faser in jedes Haus gehört.

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