Fernsehen

Trennt sich Comcast von Sky?

Für die Über­nahme von Sky zahlte der US-Medi­enkon­zern Comcast im Jahr 2018 rund 33 Milli­arden Euro. Ein Analyst der Groß­bank Wells Fargo rät dem Medi­enkon­zern nun wieder zum Verkauf. Wech­selt Sky erneut den Besitzer?
Von Björn König

Foto: Bruce Emmerling/Pixabay Comcast-Zentrale in Philadelphia
Foto: Bruce Emmerling/Pixabay
Vor einigen Jahren gab es eine Über­nah­meschlacht zwischen den US-Medi­enkon­zernen 21st Century Fox und Comcast. Dabei ging es um die Zukunft von Europas wohl wich­tigstem Pay-TV-Betreiber Sky. Der austra­lisch-ameri­kani­sche Medi­enmogul Rupert Murdoch wollte sein Fox-Impe­rium neu ordnen und Sky anschlie­ßend an Disney durch­rei­chen. Dieser Plan ging aber nicht auf, denn Comcast erhielt für rund 33 Milli­arden Euro den Zuschlag.

Wirk­lich Freude scheint aber bei dem Deal bis heute nicht aufzu­kommen. Kürz­lich äußerte sich beispiels­weise Steven Cahall, Analyst der einfluss­rei­chen US-Groß­bank Wells Fargo und riet dem Comcast-Manage­ment, sich von Sky zu trennen. Der euro­päi­sche Pay-TV-Anbieter passe über­haupt nicht zum Geschäft von Comcast, die einzelnen Akti­vitäten des Konzerns diver­gieren stark. Er verwies beispiels­weise auf den Comcast-Streamer "Peacock", der sich wie auch Sky im Direct-to-Consumer-Geschäft bewege, wobei Peacock jedoch insge­samt deut­lich hinter der Konkur­renz liegt.

Abspal­tung von Kabel­geschäft

Foto: Bruce Emmerling/Pixabay Comcast-Zentrale in Philadelphia
Foto: Bruce Emmerling/Pixabay
Cahall schlug vor, dass Comcast sein Kabel­geschäft von den anderen Konzern­akti­vitäten mit NBCUniversal und Sky abspalten solle. Ziel sei unter anderem eine Erhö­hung des Free Cash Flow bzw. eine Umsatz­stei­gerung. Vor allem könnte sich hier­durch eine Perspek­tive der Wert­stei­gerung für das gesamte Unter­nehmen ergeben. Der Analyst kriti­sierte außerdem, dass die Bedürf­nisse von Sky und Comcast weit ausein­ander­gingen, was zu einem Umsatz­rück­gang von 15 bis 20 Prozent geführt habe.

Wells Fargo ist in den USA eine sehr renom­mierte Groß­bank und die Worte ihrer Analysten haben auch an den Börsen viel Gewicht. Sollten sich darüber hinaus noch weitere Analysten dieser nach­voll­zieh­baren Posi­tion anschließen, könnte ein Verkauf von Sky sogar schnell über die Bühne gehen. Doch wird Comcast kaum Inter­esse haben, seine Betei­ligung mit Verlusten zu verkaufen. Es stellt sich also die entschei­dende Frage, wer über­haupt für Sky mehr als 33 Milli­arden Euro auf den Tisch legen würde. Das Feld poten­zieller Über­nah­mekan­didaten ist zumin­dest aktuell über­schaubar.

Zeit­punkt wäre ungünstig

Dass Disney ausge­rechnet inmitten herber Verluste durch die Corona-Pandemie derart viel Geld für eine Sky-Über­nahme locker macht, gilt als eher unwahr­schein­lich. Der Micky-Mouse-Konzern befindet sich selbst gerade in einem tiefen Umbruch und ordnet sein Geschäft neu. Anstelle der Frei­zeit­parks und Kreuz­fahrten steht aktuell Strea­ming ganz im Mittel­punkt. Da passt das lineare Pay-TV-Geschäft von Sky eigent­lich nicht wirk­lich ins Konzept, zumal auch Disney seine eigenen linearen Kanäle mitt­ler­weile in den Hinter­grund stellt und sich dies­bezüg­lich bereits von Sky verab­schiedet hat.

Auch bei Fox würde Sky vermut­lich keine neue Heimat finden, denn der Konzern hat sich weitest­gehend von seinem Unter­hal­tungs- sowie Studio­geschäft getrennt und dieses bereits an Disney verkauft. Inter­essant könnte ein Deal aber viel­leicht für ViacomCBS sein, denn der Medi­enkon­zern ist auch in Europa mit Marken wie Nick, MTV und Comedy Central nach wie vor stark im linearen Fern­seh­geschäft vertreten und hat auch viel Erfah­rung im Pay-TV-Busi­ness. Rein theo­retisch könnte natür­lich auch ein chine­sischer Inter­net­kon­zern wie Alibaba mit einer Markt­kapi­tali­sie­rung von rund 580 Milli­arden US-Dollar (Stand 2020) Sky aus der Porto­kasse schlu­cken, doch ein solches Szenario erscheint eher unwahr­schein­lich.

Was ist mit Amazon und Netflix?

Bei Amazon und Netflix gab es gerade kürz­lich immer wieder Diskus­sionen über den Start eines linearen Fern­seh­kanals. Die Infra­struktur von Sky würde den beiden Konzernen inner­halb Europas völlig neue Optionen verschaffen. Es ist aber äußerst frag­lich, ob euro­päi­sche Wett­bewerbs­hüter einer solchen Über­nahme über­haupt zustimmen würden. Man stelle sich vor, ein Internet-Gigant wie Amazon betriebe neben all seinen bishe­rigen Akti­vitäten auch noch einen der wich­tigsten Fern­seh­ver­anstalter in Europa. Das könnte sich nicht uner­heb­lich auf die Meinungs­plu­ralität auswirken, schließ­lich gehören Sky zum Beispiel in Groß­bri­tan­nien und Italien wich­tige Nach­rich­ten­sender wie Sky News und Sky TG24.

Zusam­men­fas­send lässt sich beur­teilen: Selbst wenn Comcast Sky aktuell wirk­lich verkaufen will, dürfte es nicht einfach werden, einen solventen Käufer zu finden. Zumal das klas­sische Geschäft mit linearem Pay TV heute so gar nicht mehr zu den Direct-to-Consumer-Stra­tegien der US-Medi­enkon­zerne passt. Und auch ein nicht-stra­tegi­scher Investor hätte wohl nicht lange Freude am aktuell eher defi­zitären Geschäft mit Bezahl­fern­sehen in Europa.

In einem weiteren Inter­view disku­tieren wir, ob das Geschäfts­modell von Sky noch Zukunft hat.

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