Litauen warnt: Sicherheitslücken in 5G-Handys aus China
Litauische Bürger mit Handy in Vilnius. Die Digitalisierung ist weit fortgeschritten.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Die Regierung des Staates Litauen (Seite in litauischer Sprache) hat vor Sicherheitslücken und eingebauten Zensurfunktionen in chinesischen Mobiltelefonen gewarnt. Nach Angaben des staatlichen Zentrums für Cybersicherheit in Vilnius
sind bei einer Untersuchung von drei 5G-Smartphones der Hersteller
Huawei, Xiaomi und OnePlus vier zentrale Cybersicherheitsrisiken festgestellt worden. Zwei davon seien mit vorinstallierten Apps
verknüpft und die anderen beiden mit dem Risiko des Verlusts
personenbezogener Daten und möglichen Einschränkungen der
Meinungsfreiheit, teilte die dem Verteidigungsministerium des
baltischen EU- und Nato-Landes unterstellte Behörde mit.
Geräte analysiert
Litauische Bürger mit Handy in Vilnius. Die Digitalisierung ist weit fortgeschritten.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Bei der Analyse des Xiaomi-Geräts sei etwa festgestellt worden, dass
es technisch die Fähigkeit besitze, die darauf heruntergeladenen
Inhalte zu zensieren. Demnach könne es Begriffe wie „Freies Tibet“
oder „Demokratiebewegung“ erkennen und blockieren, hieß es in der
Mitteilung. Diese Funktion sei bei in Europa verkauften Handys
deaktiviert, könne aber jederzeit auch aus der Ferne eingeschaltet
werden.
Keine Sicherheitslücken bei OnePlus
Bei Huawei-Telefonen gebe es Bedenken in Verbindung mit dem offiziellen App-Store, der zu unsicheren Anbietern weiterleite. Bei OnePlus dagegen seien keine Sicherheitslücken entdeckt worden.
Die Regierung in Vilnius riet den litauischen Verbrauchern, den Kauf von Mobiltelefonen der chinesischen Hersteller zu vermeiden und bereits verwendete Geräte nicht mehr zu nutzen.
Huawei weist Bedenken zurück
Huawei wies nach einem Bericht der Agentur BNS die Bedenken zurück. „Benutzerdaten werden niemals außerhalb des Huawei-Geräts verarbeitet“, teilte der litauische Vertreter des chinesischen Tech-Konzerns mit.
Nach Angaben der Behörde wurden die drei Hersteller für die Studie ausgewählt, weil in öffentlichen Datenbanken Cybersicherheitsrisiken in deren Produkten gefunden worden waren. In Litauen selbst haben rund 200 öffentliche Stellen deren Mobiltelefone mit dem schnellen Mobilfunkstandard 5G erworben.
Update: Xiaomi nimmt ebenfalls Stellung
Im Nachgang zu unserem Artikel meldete sich ein Sprecher von Xiaomi zu Wort: “Die Geräte von Xiaomi zensieren keine Kommunikation mit oder von ihren Nutzern. Xiaomi hat und wird niemals persönliche Aktivitäten seiner Smartphone-Nutzer einschränken oder unterbinden, wie z. B. das Suchen, Anrufen, Surfen im Internet oder die Verwendung von Drittanbieter-Kommunikationssoftware. Xiaomi respektiert und schützt die gesetzlichen Rechte seiner Nutzer in vollem Umfang. Xiaomi erfüllt die Allgemeine Datenschutzverordnung der Europäischen Union (GDPR).” Ende des Updates
Politischer Hintergrund?
Zwischen Litauen und China war es in vergangenen Monaten zu diplomatischen Spannungen gekommen. Hintergrund war die Entscheidung der Regierung in Vilnius, engere Beziehungen zu Taiwan aufzunehmen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Wer ein funkelnagelneues Smartphone einrichtet, wird an verschiedenen Stellen gefragt, ob er seine Daten nicht auch dem Smartphone-Hersteller zur Verfügung stellen will. Die offiziellen Vertragspartner befinden sich zwar in Europa, aber so 100 Prozent sicher fühlt sich mancher Nutzer nicht.
Bei früheren Modellen aus China konnte man mit Virenscanner sogar selbst Sicherheitslücken entdecken. Meist waren es Fernwartungs-Tools, die man zur Hilfe bei Problemen, aber auch zur Spionage der Nutzer verwenden konnte. Eine Löschung war oft nicht möglich, höchstens eine Deaktivierung.
Die Verwendung von AppStores abseits der ausgetretenen Pfade beinhaltet immer ein gewisses Restrisiko. Umgekehrt kann niemand sagen, ob der Google Play Store 100 Prozent sicher ist - vieles spricht dafür, aber neugierig sind alle beteiligten Unternehmen. Ein Smartphone zu bekommen, das wirklich nicht aus China stammt oder Komponenten aus China enthält, ist allerdings derzeit fast unmöglich.
Wer in Nostalgie schwelgen will, kann bei waipu.tv längst vergessene TV-Sendungen der ehemaligen DDR schauen.