ProSiebenSat.1: Mediaset will Kontrolle im Aufsichtsrat
Nun kommt es womöglich zum großen Showdown in Unterföhring. Dem italienischen Großaktionär Mediaset platzt offenbar bei ProSiebenSat.1 der Kragen, laut übereinstimmenden Medienberichten soll nach Willen von Mediaset der Vertrag von CEO Rainer Beaujean nicht mehr verlängert werden.
Außerdem fordere Mediaset-CEO Pier Silvio Berlusconi, dass der ProSiebenSat.1-Aufsichtsrat mit drei Mitgliedern von Mediaset besetzt wird.
Klare Ansage aus Mailand
Mediaset-Zentrale in Cologno Monzese
Foto: Mediaset
Bislang hatte sich ProSiebenSat.1 stets gegen ein stärkeres Engagement von Mediaset gesträubt. Insbesondere die Gründung der europäischen Holding "Media For Europe", unter deren Dach ProSiebenSat.1 in Mediaset integriert werden sollte, sah man in Unterföhring äußerst skeptisch. Bislang hielten die Italiener jedoch still und ließen CEO Rainer Beaujean gewähren. Es schien zunächst beim Burgfrieden zu bleiben.
Grund dafür waren aber vor allem auch interne Konflikte bei Mediaset selbst. Der Medienkonzern führte einen jahrelangen Streit mit seinem eigenen Großaktionär, der französischen Vivendi. Dabei ging es um den Verkauf des italienischen Pay-TV-Geschäfts von Mediaset. Dieser Streit wurde jedoch mittlerweile weitestgehend beigelegt, nun wollen sich die Italiener wieder um den Aufbau der europäischen Free-TV-Allianz "Media For Europe" kümmern. Und in deren Mittelpunkt steht ProSiebenSat.1.
Aufsichtsrat stützt Beaujean
Bisher kann sich ProSiebenSat.1-CEO Rainer Beaujean noch der Unterstützung von Aufsichtsratschef Werner Brandt sicher sein: "Der Aufsichtsrat unterstützt voll und ganz den Vorstand und die Strategie von ProSiebenSat1. Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung des Unternehmens, seitdem Rainer Beaujean mit seinem Team im März 2020 das Unternehmen leitet", so Brandt. Dieses Statement ist allerdings Makulatur, denn der Aufsichtsrat und damit auch der Posten von Brandt selbst hängen maßgeblich an den entsprechenden Stimmrechtsanteilen der Aktiengesellschaft.
Bedeutet im Klartext: Wenn Mediaset genügend Anteile an der SE erwirbt, können die Italiener sowohl den aktuellen Aufsichtsratschef als auch den CEO vor die Tür setzen. Und genau dies scheint offenbar auch mittelfristiges Ziel in Mailand zu sein. Von daher stellt sich eine zentrale Frage: Welchen Sinn hat es für das ProSiebenSat.1-Management überhaupt noch, sich gegen Mediaset zu wehren? Eine Kooperation mit den Italienern könnte eine weitere Schlammschlacht in Unterföhring verhindern.
Unrühmlicher Abgang
Für Rainer Beaujean ist die Lage durchaus verzwickt. Er verfolgte seit Amtsantritt einen eigenständigen Kurs und nahm dabei wenig Rücksicht auf Großaktionär Mediaset. Genau dies könnte nun für ihn zum Verhängnis werden. Es wurde von Anfang an deutlich, dass die Italiener in Unterföhring strategische Ziele verfolgen und es sich nicht nur um eine reine Finanzbeteiligung handelt. Das hat man aber offenbar in Unterföhring nicht besonders ernst genommen und ist davon ausgegangen, dass Mediaset weiterhin nur am Spielfeldrand steht.
Welche Konsequenzen dies in den kommenden Monaten haben wird, ist schwer abzuschätzen. Es ist gut möglich, dass CEO Beaujean das Unternehmen tatsächlich bald gegen seinen Willen verlassen muss und ihn damit ein ähnlich unrühmlicher Abgang wie seinen Vorgänger Max Conze trifft. Dieser hatte auch aufgrund interner Querelen das Vertrauen im Aufsichtsrat verloren. Diesmal steht aber nicht nur der CEO, sondern auch der Aufsichtsrat zur Disposition.
Über die Kritik von ProSiebenSat.1 an Mediaset berichteten wir bereits in einem weiteren Artikel.