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Negative Amazon-Händlerbewertung: Kunde soll 70 000 Euro zahlen

Ein Kunde soll einem Händler 70 000 Euro Schadensersatz bezahlen. Wegen seiner negativen Bewertung sei das Händler-Konto geschlossen worden. Das Landgericht Augsburg muss jetzt über die Zukunft von Bewertungen im Online-Handel entscheiden.
Von Hans-Georg Kluge

Ein Käufer soll einem Händler bei Amazon 70 000 Euro Schaden ersetzen, weil er eine negative Bewertung abgegeben hat. Ein Käufer soll einem Händler bei Amazon 70 000 Euro Schaden ersetzen, weil er eine negative Bewertung abgegeben hat.
Bild: dpa
Die Augsburger Allgemeine berichtet über einen Fall, in dem ein Kunde wegen einer negativen Bewertung eines Produkts 70 000 Euro Schadensersatz bezahlen soll.

Der Fall: Kunde konnte Fliegengitter nicht richtig anbringen

Ein Käufer soll einem Händler bei Amazon 70 000 Euro Schaden ersetzen, weil er eine negative Bewertung abgegeben hat. Ein Käufer soll einem Händler bei Amazon 70 000 Euro Schaden ersetzen, weil er eine negative Bewertung abgegeben hat.
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Der Fall entzündete sich rund um eine möglicherweise missverständliche Anleitung eines Fliegengitters. Dieses hatte der Kunde bei einem Händler über Amazon zu einem Preis von 22,51 Euro erstanden. Das Fliegengitter muss für das Fenster zugeschnitten werden, damit es seine Funktion erfüllen kann. Der Käufer habe sich genau an die mitgelieferte Anleitung gehalten, so der Kunde gegenüber der Zeitung. Das Ergebnis sei aber ein zu kleines Gitter gewesen.

Jetzt begann der Ärger. Der Kunde beschwerte sich zunächst beim Händler. Bei einem Telefonat sei der Verkäufer unverschämt geworden. Dieser bestreitet dies, er habe dem Käufer helfen wollen, das Produkt richtig anzubringen. Die nun folgende Posse führte zu einer Klage gegen den Kunden. Er soll 70 000 Euro Schadensersatz bezahlen:

Kunde bewertet Händler und Produkt negativ

Schließlich stellte der Kunde eine Bewertung des Produkts und des Händlers online. Die Zeitung zitiert den Wortlaut: "Die Lieferung erfolgte schnell. Das war das positive. In der Anleitung steht ganz klar Mann muss den Innenrahmen messen das ist falsch. Damit wird das ganze zu kurz! Die Ware selbst macht guten Stabilen Eindruck, Der Verkäufer nie wieder!"

Per E-Mail an den Kunden wehrte sich der Händler. Er forderte ihn auf, die Bewertung zu löschen. In der Nachricht drohte er außerdem mit einer Anzeige. Der Kunde dagegen beschwerte sich wegen dieser Androhung direkt bei Amazon über den Händler.

Kurz darauf erhielt der Kunde vom Händler eine Abmahnung. Er solle eine Unterlassungserklärung unterschreiben und 800 Euro Anwaltskosten bezahlen. Um seine Ruhe zu haben, erklärte sich der Kunde bereit, die Bewertung zu löschen. Lediglich die Anwaltskosten wollte er nicht übernehmen.

Doch damit war der Fall noch nicht zu Ende. Denn Amazon sperrte das Händler-Konto - und der Händler sah den Kunden in der Verantwortung. Der Händler klagte nun: Auf dem Händler-Konto seien 13 000 Euro gewesen, außerdem sei ein Umsatzverlust von 39 000 Euro entstanden. Zusätzlich verlangte der Händler Ersatz für 20 000 Euro "weitere Schäden".

Eine von der Rechtsschutzversicherung angeregte Mediation scheiterte. Nun muss das Landgericht Augsburg entscheiden. Die Verhandlung soll im Juni beginnen.

Bewertungen sind erlaubte Meinungsäußerung

Der Anwalt des Kunden glaubt nicht an den Erfolg der Klage. Es sei völlig unklar, dass die Bewertung des Käufers zur Sperrung des Händler-Kontos geführt habe. Außerdem handele es sich um eine erlaubte Meinungsäußerung. Auch die Berechnung des angeblich entstandenen Schadens sei "blanker Unsinn", so der Anwalt gegenüber der Augsburger Allgemeinen. Das Urteil könne erhebliche Folgen für den Online-Handel und das bestehende Bewertungssystem haben.

Rechtsanwalt Solmecke kommt zu der Auffassung, dass der Kunde möglicherweise dann Schadensersatz leisten müsse, wenn einzig eine falsche Tatsachenbehauptung des Kunden zur Sperrung des Händler-Kontos führte. Sachlich richtige und nicht beleidigende Bewertungen seien aber von der Meinungsfreiheit gedeckt. Deswegen müsse die Beweisaufnahme zeigen, ob die Bewertung sachlich falsch war und dass die Sperrung auf die Bewertung des Kunden zurückzuführen ist. Der zu ersetzende Schaden sei dann aber weit niedriger, denn nur der verpasste Gewinn könne geltend gemacht werden.

Einen Kommentar von teltarif.de zu diesen Verfahren finden Sie in unserem Editorial.

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