Schluss jetzt

Telekom und Vodafone verabschieden die MMS

Die unge­liebte und teure Multi­media-Nach­richt MMS wird von der Telekom am 31. Dezember 2022 und von Voda­fone endgültig am 17. Januar 2023 in Rente geschickt - die SMS lebt unbe­ein­träch­tigt weiter.
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Nachricht aus einer anderen Zeit: Ericsson T68 mit angesetzter Digitalkamera. Das Bild wurde direkt per MMS verschickt. Nachricht aus einer anderen Zeit: Ericsson T68 mit angesetzter Digitalkamera. Das Bild wurde direkt per MMS verschickt.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Die Abkür­zung MMS steht für Multi­media Messa­ging Service, und der steht im neuen Jahr wohl weit­gehend vor dem Aus. Die Idee war seiner­zeit, die erfolg­reiche Text-SMS und den nie Bedeu­tung erlan­genden Dienst EMS (Enhanced Messa­ging System) um Multi­media-Elemente (Bilder, Töne) zu erwei­tern.

MMS star­tete 2002

Nachricht aus einer anderen Zeit: Ericsson T68 mit angesetzter Digitalkamera. Das Bild wurde direkt per MMS verschickt. Nachricht aus einer anderen Zeit: Ericsson T68 mit angesetzter Digitalkamera. Das Bild wurde direkt per MMS verschickt.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Euro­papre­miere feierte der MMS-Dienst beispiels­weise im Netz von Voda­fone im April 2002. Mit dem Start der MMS entfiel auch die Beschrän­kung auf 160 Zeichen pro SMS, denn die MMS verkraftet bis zu 1000 Zeichen. Auch (klei­nere) farbige Fotos, Musik oder Töne ließen sich als Multi­media-Nach­richt versenden. Etwa ein Jahr später konnten auch kurze Video-Clips verschickt werden. „Mit der Video-MMS sollen Handy­bilder laufen lernen“, verkün­dete Voda­fone damals auf der Messe CEBIT 2003. Voraus­set­zung von Anfang an für den Versand einer MMS war ein MMS-fähiges Handy.

Voda­fone beendet MMS am 17. Januar 2023, Telekom kurz davor

Der Netz­betreiber Voda­fone (Deutsch­land) gab nun bekannt, dass der MMS-Dienst am 17. Januar 2023 im Voda­fone-Netz voll­ständig einge­stellt werden wird.

Die Deut­sche Telekom hatte schon zum 30. Juni 2020 diesen Dienst einstellen wollen, verlän­gerte aber dann doch noch einmal. Nun soll auch bei der Telekom dieser Dienst am 31. Dezember 2022 abge­stellt werden, wie ein Telekom-Spre­cher auf Anfrage von teltarif.de bestä­tigte.

Bei o2 gibt es noch keine Pläne zur Abschal­tung von MMS, wie teltarif.de erfuhr.

Mit der Abschal­tung des MMS-Dienstes, betonen die Netz­betreiber, bleibt der ältere und bewährte SMS-Dienst (Short Message Service) unan­getastet und funk­tio­niert weiterhin.

MMS-Blüte­zeit vor etwa 10 Jahren

Voda­fone erin­nert sich, dass die "MMS-Hoch­phase" im Dezember 2012 gewesen sei: Damals wurden rund 13 Millionen MMS verschickt.

Wer erst kürz­lich in den Mobil­funk einge­stiegen ist, wird sich an die MMS kaum noch erin­nern, bei modernen Android- oder iOS-Handys konfi­guriert sie sich auto­matisch. Wer auf einem iPhone eine Bild­nach­richt verschi­cken will, kann das über iMessage zu anderen Apple-Kunden kostenlos tun. War aber die Gegen­stelle länger nicht im Netz oder hat das Handy­system gewech­selt, kann diese Nach­richt leicht unbe­absich­tigt als kosten­pflich­tige MMS auf die Reise gehen.

MMS war immer zu teuer

Die MMS wurde von Anfang an "über­trieben" bepreist. Weil die Kunden für eine Text-SMS 19 Cent zahlen (mussten), dachten sich die Anbieter, für eine MMS mit maximal 1000 Text­zei­chen oder maximal 300 kB Bild-, Ton- oder Video-Anhang könnte man 39 Cent pro Stück berechnen. Ankom­mende MMS im Ausland schlugen vor den EU-Roaming-Richt­linien auch gewaltig aufs Konto. Kosten­bewusste Kunden machten um dieses Angebot einen großen Bogen.

Da halfen auch Dienste wie die MMS-Post­karte nicht wirk­lich. Hier konnte man eine MMS an ein Service-Center schi­cken, die aus dem über­mit­telten Bild und dem Text eine echte Post­karte druckten und per Brief­post an den Empfänger verschickten. Dies wurde mitt­ler­weile von Post- und Gruß­karten-Apps abge­löst.

Preis nie ange­fasst

Der MMS-Preis wurde von den Anbie­tern nie ange­fasst. Selbst nicht, als die Daten­preise längst implo­diert waren. Damit läuteten die Anbieter (unge­wollt) den allmäh­lichen Nieder­gang des Dienstes ein.

Gerhard Mack, Technik-Chef von Voda­fone, hat bemerkt, "die MMS ist veraltet, ihre Bedeu­tung gering und der Kunden­nutzen minimal. Deshalb gehen Voda­fone und die MMS ab 2023 getrennte Wege.“

Wie funk­tio­niert die MMS?

Tech­nisch erfolgt der Versand einer MMS wie bei einer SMS über das mobile Daten­netz im 2G-, (3G-, wo noch verfügbar), 4G- oder 5G-Netz. Ein spezi­eller Daten­tarif ist dazu nicht notwendig. Das MMS-Bild wird zunächst auf dem Handy kompri­miert (um Daten zu sparen), dann an das zentrale Multi­media Messa­ging Center im Netz weiter­geleitet und von dort an den eigent­lichen Empfänger zuge­stellt.

Während ein Smart­phone-Foto heute mehrere Mega­byte groß sein kann, beträgt die Maxi­mal­größe eines MMS-Fotos in allen deut­schen Netzen nur 300 Kilo­byte, also 0,3 Mega­byte. Fotos, die per MMS versendet werden, kommen somit aufgrund der Kompres­sion in einer gerin­geren Auflö­sung beim Empfänger an.

MMS-Nutzung heute gering

In den Mobil­funk­netzen ist die MMS-Nutzung in den letzten Jahren deut­lich gesunken. Wer heute Bilder, Töne oder Videos verschi­cken möchte, kann das über einen Messenger-Dienst oder per E-Mail tun. Auch die Anzahl der Endge­räte, auf denen die Internet-Nutzung und die Verwen­dung von Apps zum Versand von multi­medialen Inhalten nicht möglich ist, hat stark abge­nommen. Gängige Alter­nativen für die MMS sind popu­läre Messenger wie z.B. WhatsApp, Face­book Messenger, Signal, Tele­gram, etc. oder Kommu­nika­tions­tech­nolo­gien wie die Rich Commu­nica­tion Services (RCS) auf Android-Geräten sowie die „iMessage“ auf iPhones. Als die MMS noch "ange­sagt" war, wurden die meisten MMS-Nach­richten jeweils im Monat Dezember verschickt, wohl um Weih­nachts­baum­fotos zu teilen sowie Weih­nachts- und Silves­ter­grüße in Form animierter Grafiken zu versenden.

Von 13 Millionen auf 650.000

Von den rund 13 Millionen MMS im Dezember 2012 sind heute noch etwa fünf Prozent (rund 650.000) Nach­richten geblieben. Der Netz­betreiber Voda­fone geht beispiels­weise davon aus, dass die Zahl der monat­lich versen­deten MMS-Nach­richten in den kommenden Monaten weiter abnehmen wird.

Zum Vergleich: Im Dezember 2012 wurden im Voda­fone-Netz rund 1,5 Milli­arden SMS verschickt – die MMS hat im Vergleich zur SMS immer ein Schat­ten­dasein geführt, kein Wunder bei den absurden Preisen, die bis heute berechnet wurden.

MMS in anderen Ländern

In anderen Ländern ist die MMS durchaus popu­lärer. Da wurde eine Text­nach­richt immer gleich bepreist, egal, ob sie als SMS oder MMS verschickt wurde. Seitdem es Flat­rates für SMS gibt, wirkt sich das in verschie­denen Ländern auch auf MMS aus, in Deutsch­land trauten sich die Anbieter (bis auf wenige Ausnahmen) das nie.

Wenn die MMS per SMS ange­kün­digt wird

Wer aktuell eine MMS empfangen sollte, obwohl sein Handy dafür gar nicht einge­richtet oder geeignet ist, wird sich schon über eine Text-SMS mit URL und Pass­wort gewun­dert haben. Hier ist erhöhte Vorsicht geboten, da aktuell viele betrü­geri­sche SMS verschickt werden, die zum Down­load und der Instal­lation von gefähr­lichen Apps verleiten sollen.

Wenn eine solche SMS kommt, sollte sie genau analy­siert werden. Bei MMS-Nach­richten der Telekom wird eine URL zum Abruf der echten MMS genannt, die https://www.mms.telekom.de lautet. Auf der aufge­rufenen Webseite muss dann die eigene Rufnummer im inter­natio­nalen Format (+4917112345678) ange­geben und beim Pass­wort (PIN) penibel auf Groß- und Klein­schrei­bung und den Unter­schied zwischen dem Buch­staben "B" und der Zahl "8" geachtet werden.

Zum Abruf solcher MMS sollte am besten ein Desktop-PC verwendet werden, weil es bei Smart­phones oder Tablets zu Problem kommen könnte. Inter­essan­ter­weise funk­tio­nieren die bewor­benen Links der betrü­geri­schen SMS-Nach­richten auf einem PC in den aller­meisten Fällen inter­essan­ter­weise nicht, ein aktu­eller Viren­scanner und ein geup­datetes System voraus­gesetzt.

MMS in Zukunft?

Was nach dem 17. Januar 2023 bzw. 31. Dezember 2022 passieren wird, wenn noch MMS-Nach­richten von "außer­halb" an Telekom oder Voda­fone Kunden geschickt werden (z. B. aus dem o2-Netz oder von auslän­dischen Rufnum­mern), ist derzeit noch nicht bekannt.

Lösungen für Geschäfts­kunden

Voda­fone weist seine Geschäfts­kunden darauf hin, dass bis Ende Dezember 2022 die MMS im Voda­fone-Netz unein­geschränkt genutzt werden könne, am 17. Januar 2023 schaltet Voda­fone den Dienst voll­ständig ab. Für Geschäfts­kunden werde Voda­fone im Bedarfs­fall indi­vidu­elle Lösungen anbieten.

Nach­folger RCS?

Der Welt­ver­band GSMA hatte aufgrund des Erfolges von OTT-Messen­gern wie WhatsApp früh nach einer netz­über­grei­fend genormten Multi­media-Lösung gesucht, die RCSe (Rich Commu­nica­tion Suite enhanced) genannt wurde. Dieser RCS-Dienst, auch unter dem Namen Joyn geläufig, kam nie richtig vom Fleck und führte lange Zeit ein Schat­ten­dasein.

Erst der Android-Hersteller Google verschaffte dem RCS-Dienst einen Schub, indem Google diesen RCS-Dienst seri­enmäßig in seine "Message"-App einbaute, die sonst SMS- und MMS-Nach­richten unter Android verwaltet.

Nutzer mit einem iPhone können diese RCS-Nach­richten nur empfangen, wenn sie auf ihrem Handy eine spezi­elle RCS-App instal­liert haben. Original-Telekom-Kunden können hier beispiels­weise Message+ [Link entfernt] verwenden.

Wenn Android-Nutzer Nach­richten an Apple-Nutzer verschi­cken, kann es passieren, dass diese Nach­richten verloren gehen, wenn der Apple-Nutzer keinen RCS-fähigen Client instal­liert hat. Es kann also durchaus sinn­voll sein, die Gegen­stelle persön­lich oder tele­fonisch zu befragen, ob die Nach­richt ange­kommen ist.

Die Telekom hat für RCS eine Info­seite einge­richtet. Der Messenger Chat auf Basis von RCS stehe den Nutze­rinnen und Nutzern unein­geschränkt zur Verfü­gung. Man werde aber den Fokus weiter auf klas­sische Tarif- und Endge­räte­ange­bote legen.

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