Interview

Joyn: "Können Preis von 6,99 Euro langfristig halten"

Nach dem erfolg­rei­chen Start von Joyn PLUS+ wird das Angebot an exklu­siven Inhalten weiter ausge­baut. Am Preis soll sich jedoch vorläufig nichts ändern, versi­chert Joyn-Geschäfts­führerin Katja Hofem im Gespräch mit teltarif.de.
Von Björn König

Unter den großen Strea­ming-Anbie­tern sticht Joyn durch die Mischung aus kosten­freiem AVoD und Premium-SVoD hervor. Letz­teres Produkt star­tete Ende vergan­genen Jahres unter der Marke Joyn PLUS+. Beim Thema Kunden­wachstum ist man in München mehr als zufrieden, auf der Agenda steht nun ein weiterer Ausbau des Programm­an­ge­bots. Auch am Preis soll sich vorläufig nichts ändern.

teltarif.de: Frau Hofem, Ende vergan­genen Jahres ging Ihr SVoD-Produkt "Joyn PLUS+" zu einem im Markt­ver­gleich durchaus attrak­tiven Monats­preis von 6,99 Euro an den Start. Manche Bran­chen­be­ob­achter blickten gerade aufgrund des inten­siven Wett­be­werbs­um­feldes mit einer gewissen Skepsis auf das Projekt. Welche ersten Erfah­rungen konnten Sie bis jetzt sammeln? Katja Hofem im teltarif-Interview Joyn-Geschäftsführerin Katja Hofem
Foto: Joyn GmbH
Katja Hofem: Joyn PLUS+ ist ein Angebot für alle, die mehr wollen: Mehr Live-TV Sender, u.a. mit Pay-TV Sendern wie Sat.1 emotions oder Disco­very Channel, mehr lokale Origi­nals, noch mehr exklu­sive Filme und Serien. Wir sind davon über­zeugt mit unserem Premium-Angebot, Joyn PLUS+, dem Kunden einen abso­luten Mehr­wert bieten zu können. Und unsere Nutzer scheinen das eben­falls so zu sehen. Wir sind mit dem Start von Joyn PLUS+ sehr zufrieden.

teltarif.de: Zwar sind Sie noch nicht lange am Markt, dennoch ist der Vergleich beim Netto-Kunden­zu­wachs inter­es­sant. Vor allem natür­lich auch mit Blick auf Maxdome, denn Ihre eigenen Wachs­tums­ziele waren ja von Anfang an durchaus ehrgeizig. Sind Sie mit der bishe­rigen Entwick­lung eben­falls zufrieden?
Katja Hofem: Als immer noch sehr junger Player kamen wir im Juni 2019 auf den Markt. Und obwohl das Strea­ming-Geschäft kein "The Winner takes it all" Busi­ness ist, ist es für uns wichtig, Joyn schnell als der lokale "Cham­pion of Choice" auf dem deut­schen Markt zu etablieren. Aktuell verzeichnen wir mehr als 6,5 Millionen Nutzer und mehr als 7,5 Millionen Down­loads unserer App. Das sind Zahlen, auf die wir sehr stolz sind. Wir arbeiten jedoch konti­nu­ier­lich am Ausbau unserer Platt­form, sowie auch unserer Content-Pipe­line um immer wieder neue Impulse setzen zu können und so sowohl Bestands-, als auch Neukunden für Joyn begeis­tern zu können.

teltarif.de: Ihre eigen­pro­du­zierten Joyn-Origi­nals sind insbe­son­dere den PLUS+-Abon­nenten zugäng­lich. Welche Inhalte kamen hier beim Publikum beson­ders gut an?
Katja Hofem: Unsere Eigen­pro­duk­tionen wie die Comedy-Serie "jerks" mit Chris­tian Ulmen und Fahri Yardim, sowie "Check Check" und "Frau Jordan stellt gleich" von Ralf Huss­mann, die alle im zunächst kostenlos auf Joyn verfügbar waren, sind auch auf Joyn PLUS+ sehr beliebt. Zudem haben wir auch für unser deutsch-chile­ni­sches Original "Dignity" sehr posi­tives Feed­back erhalten.
Für die kommenden Wochen haben wir zudem mit der Sadcom "MAPA" sowie "Aus dem Tage­buch eines Uber-Fahrers" mit Kostja Ullmann zwei weitere Joyn-Origi­nals in der Pipe­line. Wir freuen uns, dass gerade diese Inhalte auch bei unseren Joyn PLUS+ Nutzern sehr beliebt sind und freuen uns schon bald weitere tolle lokale Geschichten erzählen zu können.

teltarif.de: Im teltarif-Inter­view äußerte sich Zattoo Content-Chef Jörg Meyer zu Joyn. Er kriti­siert eine mangelnde Nach­hal­tig­keit beim Preis. So sei die Kombi­na­tion von Live TV und On Demand-Inhalten für 6,99 Euro unter dem Gesichts­punkt markt­üb­li­cher Lizenz­kosten nicht darstellbar. Selbst bei reinem TV-Strea­ming bewege man sich mit nied­rigen Margen eher um rund zehn Euro und mehr. Handelt es sich bei Ihrem Preis also um ein "Lock­vo­gel­an­gebot"?
Katja Hofem: Wir haben uns natür­lich vor Markt­ein­tritt sehr intensiv mit diesem Thema ausein­an­der­ge­setzt und sind deshalb über­zeugt, unseren Preis von 6,99 Euro auch lang­fristig halten zu können.

teltarif.de: Etwas über­ra­schend war auch der Start von "Joyn Prime­time". Welche Idee steckt hinter diesem linearen Sender? Immerhin hätte man die Inhalte auch rein On Demand bereit­stellen können.
Katja Hofem: Unser linearer Channel "Joyn Prime­time" bietet uns neue Auswer­tungs­mög­lich­keiten. Das bedeutet, dass wir hier Formate zeigen und anschlie­ßend als Catch-Up in unsere Media­thek mit aufnehmen können, was unter anderen Umständen nicht möglich gewesen wäre. Hier finden hoch­wer­tige Serien ihre Heimat. Auch kommen wir hier dem Bedürfnis nach Lean-Back Konsum nach. Deshalb bietet "Prime­time" einen abso­luten Mehr­wert für unsere Nutzer.

teltarif.de: Eine Part­ner­schaft gibt es zwischen­zeit­lich auch mit Netz­kino. Auf den ersten Blick scheint ein AVoD-Service sich nicht gut mit Ihrem kosten­pflich­tigen Premium-Produkt zu vertragen.
Katja Hofem: Die Kombi­na­tion zwischen AVoD und SVoD ist in der Tat einzig­artig auf dem deut­schen Markt, doch wir sind der Über­zeu­gung, dass sich beides sehr gut ergänzt. Joyn ist werbe­fi­nan­ziert, lässt sich deshalb jedoch kostenlos nutzen und bietet eine große Media­thek an Catch-Up und Preview Inhalten, sowie Live-TV von 60 Sendern und lokale Origi­nals. Dass wir durch unseren Partner Netz­kino nun auch Filme kostenlos anbieten können, freut uns natür­lich sehr. Joyn PLUS+ komplet­tiert unser Angebot mit noch mehr Filmen und Serien, lokalen Origi­nals und exklu­siven Inhalten, sowie Live-TV von mehr als 60 Sendern in HD.

teltarif.de: Vor allem das Thema Origi­nalton ist für viele Seri­en­fans wichtig. Wie sieht es hier aktuell aus?
Katja Hofem: Als sehr junge Platt­form war es uns zunächst wichtig ein sehr gut funk­tio­nie­rendes und einfach zu bedie­nendes Produkt auf den Markt zu bringen. Nachdem wir dies nun geschafft haben, geht es für uns jetzt darum Joyn weiter auszu­bauen und schritt­weise neue Features hinzu­zu­fügen. Hier hören wir auf das Feed­back unserer Kunden. So haben wir beispiels­weise bereits ein paar Wochen nach Launch die Unter­stüt­zung des Google-Chro­me­cast Adapter hinzu­ge­fügt, da die Nach­frage enorm war. Auch Origi­nalton ist ein beliebtes und für uns sehr inter­es­santes Feature. Unser Joyn Exklu­sive "What we do in the Shadows" ist deshalb der erste Inhalt auf unserer Platt­form, den Nutzer auch in Origi­nal­ver­to­nung ansehen können.

teltarif.de: Zumin­dest in der Start­phase schien es bei Joyn noch einige Kinder­krank­heiten zu geben. Manche teltarif-Leser berich­teten zum Beispiel davon, dass die Abos trotz Kündi­gung weiter­liefen und auch wir hatten im Test den Eindruck, dass der Dienst vor allem in den Abend­stunden noch nicht wirk­lich flüssig läuft. Was können Sie uns dazu sagen?
Katja Hofem: Jedes neue Produkt wird konti­nu­ier­lich verbes­sert - so auch Joyn. Bezüg­lich der Abos waren dies nur Einzel­fälle und unser hat hier Kunden­dienst fantas­ti­sche Arbeit geleistet, sodass alle Betrof­fenen eine entspre­chende Entschä­di­gung für die daraus entstan­denen Umstände erhalten haben.

teltarif.de: Ihr aktuell größter Nach­teil im Vergleich zu Magenta TV oder Zattoo ist, dass Sie die Inhalte der RTL-Gruppe nicht an Bord haben. Wie stehen die Chancen, dass sich dies in abseh­barer Zukunft noch ändert?
Katja Hofem: Wir sind immer mit allen poten­zi­ellen Part­nern im Gespräch.

teltarif.de: Sie hatten ange­kün­digt, die App bzw. das Content-Angebot im Laufe der Zeit zu erwei­tern. Welche Punkte stehen aktuell auf der To Do-Liste weit oben?
Katja Hofem: Wir planen für 2020 sowohl unsere Produkt-Features, als auch unsere Content-Pipe­line weiter auszu­bauen. Bezüg­lich unseres Produktes schauen wir uns das Feed­back unserer Nutzer genau an und prio­ri­sieren dementspre­chend.
Zudem haben wir alleine in der ersten Jahres­hälfte noch vier weitere Origi­nals in der Pipe­line, inklu­sive unserer gerade erst abge­drehten Reality-Show "M.o.M. - Milf oder Missy?", "MaPa", "Aus dem Tage­buch eines Uber-Fahrers", sowie "Mask-Off"- ein weiteres Format mit Social Media-Größen. Neben Origi­nals reichern wir unseren Content auch immer wieder mit neuen, exklu­siven Filmen und Serien, wie beispiels­weise der norwe­gi­schen Serie "Exit" oder der zweiten Staffel "The Pier" vom Macher der Erfolgs­serie "Haus des Geldes" an.

teltarif.de: Bestehen konkrete Pläne, die Inhalte von Joyn auch auf anderen Platt­formen bzw. im Bundle mit Kabel- oder Mobil­funk­an­bie­tern zu vermarkten?
Katja Hofem: Wir arbeiten als Joyn natür­lich ständig daran unseren Service möglichst vielen Endkunden über diver­seste Distri­bu­tions-Kanäle und Part­ner­schaften zu ermög­li­chen. So ist unsere App auch bereits auf vielen Smart-TVs, Strea­ming-Sticks und Media-Adap­tern verfügbar. Der Markt nimmt Joyn extrem positiv auf und daher haben wir eine Viel­zahl an Koope­ra­ti­ons­mög­lich­keiten bzw. Koope­ra­ti­ons­an­fragen vorliegen. Diese werden von uns evalu­iert und gemein­same, part­ner­schaft­liche Koope­ra­ti­ons­kon­zepte mit den Part­nern entwi­ckelt.

teltarif.de: Zum Thema US-Lizenz­ware: Diverse Studios bringen mitt­ler­weile eigene Direct-to-Consumer-Produkte auf den Markt. Im vergan­genen Jahr star­tete beispiels­weise STARZ Inc. seinem SVoD-Service "STARZPLAY" in Deutsch­land. Im Gespräch mit teltarif.de versi­cherte Superna Kalle, EVP Inter­na­tional Digital Networks, dass man sich selbst­ver­ständ­lich an die Lizenz­ver­träge mit euro­päi­schen Part­nern halte. Dennoch würden die Inhalte mittel­fristig voraus­sicht­lich exklusiv beim eigenen Dienst laufen. Im Angebot von Joyn ist beispiels­weise aktuell die STARZ-Serie "Power". Wie viele Serien könnte dies in Ihrem Rech­te­ka­talog betreffen?
Katja Hofem: Wir werden auch zukünftig neben unseren eigenen Original-Inhalten US-Lizenz­ware akqui­rieren. Erst vor einigen Wochen konnten wir uns so beispiels­weise die exklu­siven SVOD-Rechte an der Coming-of-Age Drama-Serie "Eine wie Alaska" oder der US Comedy-Serie "What we do in the Shadows" sichern und werden in Part­ner­schaft mit ProSieben Sat.1 auch die Serie "On beco­ming God in Central Florida" exklusiv auf Joyn PLUS+ anbieten können. Auch für Spiel­filme konnten wir uns erneut länger­fris­tige Deals sichern inklu­sive auch exklu­siven Auswer­tungs­fenster für Joyn PLUS+ wie zuletzt für "Wonder Woman" oder auch "Baywatch".
Um unseren Kunden aber das best­mög­liche Angebot an Inhalten zu bieten beschränken wir unsere Akquise nicht nur auf US-Lizenz­ware, sondern werden auch weiterhin hoch­wer­tige euro­päi­sche Formate einkaufen. Wir freuen uns in den kommenden Wochen und Monaten hier noch weitere Serien ankün­digen zu dürfen.

teltarif.de: Bereits fest ange­kün­digt war die Joyn-Expan­sion nach Öster­reich. Stehen noch weitere Länder auf der Agenda?
Katja Hofem: Die Expan­sion nach Öster­reich ist ein großer Schritt für uns, auf welchen wir uns erst einmal konzen­trieren möchten. Jedoch ist die Expan­sion in andere Länder auf lange Sicht für uns nicht ausge­schlossen.

teltarif.de: Selbst wenn Sie sich nicht in einer direkten Konkur­renz zu Disney+ sehen, dürfte dessen Deutsch­land-Start Sie auch nicht völlig kalt lassen. Immerhin ist dort mit Eun-Kyung Park eine ehema­lige ProSieben-Mana­gerin verant­wort­lich, die auch maßgeb­lich am Aufbau von Joyn mitbe­tei­ligt war. Außerdem konnte der Micky Maus-Konzern recht beein­dru­ckende Zahlen vorlegen. Schon in den ersten Monaten gewann man rund 30 Millionen Abon­nenten, sogar Netflix musste deswegen erheb­lich Federn lassen. Es könnte also für den deut­schen Strea­ming-Markt insge­samt noch einmal richtig span­nend werden. Sind Sie darauf vorbe­reitet?
Katja Hofem: Strea­ming ist kein "The-Winner-Takes-It-All" Busi­ness. Der Markt ist derzeit sehr dyna­misch und weitere Player werden dazu kommen. Derzeit erreicht Strea­ming in etwa die Hälfte der erwach­senen Bevöl­ke­rung. Deshalb sind wir davon über­zeugt, dass der Kuchen noch immer groß genug ist. Jedoch ist uns auch bewusst, dass sich jeder Haus­halt nur für eine begrenzte Anzahl an Strea­ming-Diensten entscheiden wird. Umso wich­tiger ist es für uns Joyn als einzig­ar­tiges Produkt im deut­schen Markt zu etablieren, das nicht nur einen SVoD, sondern zudem auch ein sehr attrak­tives AVoD-Modell anbietet.

teltarif.de: Zum Abschluss noch ein Blick in die Zukunft: Wo steht Joyn in fünf Jahren?
Katja Hofem: In diesen dyna­mi­schen Zeiten ist es schwer einen Ausblick zu geben. Jedoch bin ich davon über­zeugt, dass Joyn dann die erfolg­reichste lokale Strea­ming-Platt­form sein wird.

teltarif.de: Frau Hofem, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Katja Hofem

Katja Hofem war bis 2006 Programm­leiterin bei RTL 2. Als Co-Geschäfts­führerin von Disco­very Commu­nica­tions in Deutsch­land verant­worte sie den Sender DMAX. Bei der ProSiebenSat.1 Media SE leitete Hofem den Frau­ensender Sixx und über­nahm im Anschluss die Geschäfts­führung von Kabel Eins. 2016 wech­selte sie als Chief Opera­ting Officer in das Manage­ment von ProSiebenSat.1 TV Deutsch­land und verant­wortete als Geschäfts­führerin der ProSiebenSat.1 TV Deutsch­land den Bereich Small Chan­nels sowie New Channel Deve­lop­ment. 2019 folgte schließ­lich gemeinsam mit Alex­ander Vassilev und Dr. Jochen Cassel der Wechsel in die Geschäfts­führung von 7TV bzw. nunmehr Joyn GmbH.

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