optimistisch

Medien-Macher machen sich mit dem iPad Mut

Kommt der bezahlte digitale Journalismus?
Von Marie-Anne Winter mit Material von dpa

Als am Ostersamstag das iPad von Apple mit großer Fanfare seinen Marktauftritt hatte, bekamen nicht nur Fans der Marke mit dem angebissenen Apfel glänzende Augen. Nach Jahren der Krise sehen nicht wenige US-Medienmacher in dem schicken Tablet-Computer den ersehnten Heilsbringer: Tageszeitungen, Buchverlage, Magazine und Fernsehsender - für sie alle könnte das iPad endlich die Möglichkeit bieten, mit neuen Informationsformen Geld zu verdienen.

"Dieses Gerät wird die Rettung der Zeitungsindustrie sein", sagte Medienmogul Rupert Murdoch unlängst im Nationalen Presseclub von Washington. "Es ist in Ordnung, wenn wir bald mehr iPads als Tageszeitungen haben, denn es ist rentabler", meint der Verleger des Wall Street Journal (WSJ) weiter. Auch Martin Nisenholtz, Vizepräsident im Vorstand der "New York Times Company", sieht im iPad "das Gerät, das letztlich bezahlten digitalen Journalismus möglich machen wird". Ziel des Verlages: Die nächste Generation des digitalen Journalismus' entwickeln, indem das beste aus Print und Online miteinander kombiniert werden soll, erläutert Nisenholtz.

Dramatische Situation bei amerikanischen Medien

Eine aktuelle Studie zur Situation der amerikanischen Medien des Pew Research Center zeigt, wie dramatisch die Lage ist: Seit 2001 sind rund ein Drittel der Jobs bei US-Zeitungen verschwunden, ermittelte das Medien-Forschungsinstitut. Hatte das wöchentliche News-Magazin "Time" 2003 noch über 300 Mitarbeiter, ist es heute nur noch knapp die Hälfte. Bei den Konkurrenten "Newsweek" und "U.S. News & World Report" sieht es ähnlich trübe aus. USA Today auf dem iPad USA Today auf dem iPad
Bild: teltarif.de

Dem Fernsehen geht es nicht viel besser: Bei ABC News wurden zuletzt rund 400 der 1 400 Stellen abgebaut, beim Konkurrenten NBC gab es zwei große Entlassungswellen, und auch CBS strich erst neulich 100 Stellen. Laut der Pew-Studie hat sich die Zahl der Mitarbeiter in der Welt der Fernseh-News seit 1980 halbiert.

Die Medien verdienen nicht mehr genug mit Werbeeinnahmen. Bei Zeitungen fielen sie im vergangenen Jahr erneut um ein Viertel. Neben Entlassungen greifen viele Verleger auf dem amerikanischen Markt zu Preiserhöhungen oder sie reduzierten die Zahl ihrer Ausgaben. Einige mussten ganz dicht machen. Die Branche ringt verzweifelt um Ideen, der Krise Herr zu werden. Und das iPad könnte nun endlich die richtige Plattform sein, um diese neuen Ideen zu verwirklichen.

Branche übt sich in Beschwörungsformeln

Allein in der ersten Verkaufswoche in den USA gingen rund 500 000 Stück des Tablet-Computers über die Ladentheke. Der Flach-Rechner ist eine Mischung aus Smartphone und Laptop. Den Käufern stehen schon jetzt rund 60 Medien-Apps, also kleine Zusatzprogramme, zur Verfügung. Viele Konzerne arbeiten noch an ihren Softwareangeboten, die dann konkret auf die Möglichkeiten des iPads zugeschnitten sein sollen.

Die Zeitung "USA Today" zeigt, wie das Zeitungslesen der Zukunft aussehen könnte. Ihre Gratis-App ist exakt auf das iPad zugeschnitten und kombiniert das visuelle Design einer Tageszeitung mit den interaktiven Möglichkeiten von Onlineangeboten. Das iPad ist schnell, es ist elegant wie ein Hochglanzmagazin, es kann Videos einbinden und es kann Inhalte ständig auf dem aktuellsten Stand halten.

Auch "Time", "New York Times", "Wall Street Jounal", CBS, NBC und ABC liefern brandneue Medien-Apps, teils sogar kostenlos. Alle anderen großen Verlage wie der Zeitschriften-Gigant Condé Nast arbeiten noch an ihren Angeboten. Erstmals enthalten die Apps auch Werbung, wovon sich Verlage und Apple gleichermaßen Profite erhoffen. Condé-Nast-Redaktionsleiter Tom Wallace fasst zusammen: "Das iPad wird dramatisch die Art, wie Magazine gemacht werden, wie sie vermarktet werden und wie sie konsumiert werden, verändern."

Allerdings teilt nicht jeder die Hoffnungen der Blatt- und Rundfunkmacher. So hegt der in den USA bekannte Medienkritiker und Blogger Jay Rosen seine Zweifel an der Heilsbringer-Rolle des iPad. "Schon vor dem iPad war ständig die Rede von XY wird die Medien retten", weil alle verzweifelt nach einem Retter suchen und voraussetzen, dass es ihn überhaupt gibt."

Auch eine Analyse von iBusiness-News kommt zu dem Schluss, dass das iPad die Verlage nicht retten wird. Es sei bestenfalls ein Rettungsring in schwerer See, der zum Überleben beitragen könne, aber an sich keine Überlebensgarantie sei.

Fakt ist, dass sich durch das Internet die Verbreitung von Informationen stark verändert hat - wenn eine Nachricht erst einmal im Netz ist, ist sie faktisch verfügbar, wird also zum Allgemeingut, das man nicht mehr exklusiv verkaufen kann. Und ob sich die aufwendige multimediale Aufbereitung exklusiverer Inhalte, um sie auf Geräten wie dem iPad gegen Bezahlung zu publizieren, tatsächlich rechnet, muss sich erst zeigen.

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