Smart TV: US-Dominanz bei Betriebssystemen
Wer sich einen neuen Fernseher zulegt, hat bei den Marken die Qual der Wahl. Vom High-End-Gerät bis zum Günstig-Panel aus dem Baumarkt finden sich dutzende Hersteller, doch eben diese Vielfalt ist trügerisch. Unter der Haube arbeiten immer die gleichen Betriebssysteme. In der Regel Roku, Google TV, oder Amazons FireOS. Nur wenige Produzenten wie Samsung, LG oder Hisense setzten darüber hinaus noch auf eigene Betriebssysteme. Ähnlich wie bei Smartphones sind somit auch in Wohnzimmern auf Fernsehbildschirmen vor allem US-Konzerne Herr über Daten der Verbraucher. Braucht es Alternativen?
Günstige Fernseher, wertvoller Datenschatz
Smart TVs sind vergleichsweise günstig, grundsätzlich gibt es in Discountern oder bei Versandhändlern wie Amazon bereits Einsteigergeräte für knapp über hundert Euro, eine kostenpflichtige Lizenz für die darauf installierten Betriebssysteme von Google, Roku & Co. müssen Käufer nicht bezahlen. Ganz im Gegensatz zu Betriebssystemen oder Software auf Computern bzw. Laptops, für die Microsoft einmalige oder sogar monatliche Lizenzkosten via Abo in Rechnung stellt. Doch wie so oft im Leben gibt es nichts umsonst, Smart-TV-Betriebssysteme sind ein wahrer Datenschatz, der sich in bare Münze auszahlen lässt.
Roku OS auf TVs der Marke Coocaa
Foto: Roku/Coocaa
Neben demografischen Nutzerdaten geht es dabei vor allem auch um die Sehgewohnheiten von Zuschauern. Welche Apps werden heruntergeladen? Welche Inhalte werden geschaut? Und wer per Fernbedienung über den Smart TV shoppt oder per Browser im Internet surft, verrät auch eine ganze Menge über sich. Aus all diesen Datenfragmenten lassen sich individuelle Nutzerprofile erstellen, die zum Beispiel für Werbung und Handel von großem Interesse sind. Und noch wichtiger: Über den Fernseher erreichen die Datensammler potenzielle Konsumenten, die abseits von Fernsehen vielleicht seltener Smartphones oder andere technische Spielereien nutzen.
Was passiert mit den Daten?
Wie so oft landet der besagte Datenschatz auf den Servern von US-Unternehmen wie Google oder Roku. Doch wie diese Daten konkret weiterverarbeitet werden, mit welchen Partnern sie geteilt oder verkauft werden, bleibt den Nutzern der Smart TVs zunächst völlig unklar. Nicht anders ist es, wenn man auf dem Laptop Google als Suchmaschine benutzt oder seine Daten in sozialen Netzwerken von Facebook Mutterkonzern Meta hinterlässt.
Zumindest bei Webbrowsern gab es Ansätze, mehr Transparenz und Unabhängigkeit von Tech-Konzernen zu schaffen. So existiert abseits von Googles Chrome Browser zum Beispiel unter Linux die Open Source-Alternative Chromium und auch die als gemeinnützig gegründete Mozilla-Stiftung war von Anfang an bestrebt, ihre Unabhängigkeit von großen Konzernen im Silicon Valley zu betonen. Gleiches gilt für viele frei verfügbare Linux-Distributionen. Wäre nicht also eine Art frei verfügbares Open-Source-Betriebssystem für Fernseher wünschenswert?
Entwicklung bleibt unwahrscheinlich
Der Knackpunkt ist wie so oft das Geld - und die Interessen der TV-Hersteller. Würden Smart TVs über Datenhandel kein Geld mehr in die Kassen spülen, hätte das mutmaßlich deutliche Folgen. Einerseits müssten Käufer für die Geräte einen deutlichen Aufpreis zahlen. Andererseits wären die Margen für Hersteller geringer. Und gerade das ist ein Problem, denn bei Unterhaltungselektronik geht es buchstäblich um jeden Cent.
Die Herstellung solcher Geräte ist insbesondere in Europa aufgrund hoher Kosten für Personal und Energie schon längst nicht mehr darstellbar. Nicht nur die Herstellung von Panels und Hardware selbst, sondern auch die folgende Montage läuft überwiegend in Asien, in Europa verbleiben bestenfalls noch Teile der Entwicklung. Entfallen weitere Einnahmen durch den Datenhandel, wären die Produktion für viele Hersteller vermutlich überhaupt nicht mehr rentabel.