Fernsehen

Nachrichtenfernsehen: Wer bricht das Duopol?

Viele euro­päi­sche und globale Medi­enkon­zerne haben sich in den vergan­genen Jahren aus dem Nach­rich­ten­geschäft zurück­gezogen. Nicht immer lag es am ökono­mischen Umfeld.
Von Björn König

Deborah Turness hat sich in der Medi­enbranche einen Namen gemacht. Die briti­sche Jour­nalistin war zwischen 2013 und 2017 Präsi­dentin von NBC News, dem Nach­rich­ten­flagg­schiff im US-Medi­enkon­zern Comcast. Der dama­lige NBC-News-Vorsit­zende Andy Lack hatte große Pläne: Nach einer kost­spie­ligen Über­nahme von Sky durch Comcast wollte man einen globalen Nach­rich­ten­sender etablieren, welcher die Infor­mati­ons­kom­petenz von NBC und Sky unter einem Dach vereinte. Foto: WeltN24 WELT-Moderatorin Tatjana Ohm im Studio
Foto: WeltN24
Medi­enma­nagerin Turness sollte beim Aufbau des neuen Senders eine Schlüs­sel­rolle spielen. Doch dann kam Corona und ein persön­licher Skandal kostete Andy Lack seinen Job bei NBC. Kurzum: Das Milli­arden­pro­jekt NBC Sky World News verschwand wieder sang- und klanglos in der Schub­lade. Ein Einzel­fall, könnte man meinen. Doch Nach­rich­ten­fern­sehen hat welt­weit schon seit langer Zeit keinen guten Stand, das gilt vor allem auch in Deutsch­land.

Nur Springer inves­tiert

Hier­zulande teilen sich zwei Medi­enkon­zerne das Geschäft mit Nach­rich­ten­fern­sehen. Auf der einen Seite n-tv als Teil der Medi­engruppe RTL. Auf der anderen Seite stieg ProSiebenSat.1 2010 aus stra­tegi­schen Gründen bei N24 aus, danach schluckte Axel Springer den Sender und inte­grierte diesen unter seiner cross­medialen Marke WELT.

Auffällig ist jedoch, dass Springer im Gegen­satz zum ProSiebenSat.1-Manage­ment in Unter­föh­ring seiner­zeit felsen­fest vom Nach­rich­ten­fern­sehen über­zeugt war. So floss nicht nur Geld ins Marke­ting, es schlossen sich ebenso erheb­liche Inves­titionen in die Technik an. In Berlin koket­tierte man in einem eigenen Werbe­spot sogar mit "Europas modernstem Nach­rich­ten­studio". Erst kürz­lich folgte dann mit BILD Live noch ein zweiter News­sender unter Deutsch­lands kontro­verser Boule­vard-Medi­enmarke.

Syner­gien als Schlüssel

Doch warum wagt sich abseits von Springer kaum ein Medi­enkon­zern aufs Parkett? Offenbar liegt es nicht nur am ökono­mischen Umfeld, dass zum Beispiel US-Medi­engi­ganten wie Comcast oder Warner Bros. Disco­very bei Nach­rich­ten­pro­jekten immer wieder den Geld­hahn zudrehen. Niemand sollte sich etwas vorma­chen: Nach­rich­ten­fern­sehen gehört zu den kosten­inten­siven Berei­chen in der Medi­enbranche, insbe­son­dere wenn man sogar ein globales Netz­werk wie CNN oder Al-Jazeera aufbauen will. Entschei­dend sind aber letzt­end­lich auch die fehlenden Syner­gien.

Comcast, Warner Bros. Disco­very und in gewisser Weise auch ProSiebenSat.1 sind Medi­enkon­zerne, deren Geschäft in erster Linie Unter­hal­tung ist. Nach­richten sind dabei eher ein sehr kost­spie­liges Beiwerk. Sprin­gers Kern­geschäft hingegen waren immer Infor­mationen: In der gedruckten Zeitung, digital im Netz und letzt­end­lich auch und gerade im Fern­sehen, denn die Flim­mer­kiste bleibt bis heute das unge­schla­gene Massen­medium. Ein Enga­gement im News-TV fügt sich somit nahtlos in die Gesamt­stra­tegie ein und erscheint folge­richtig.

Keine Konkur­renz

Das Nach­richten-Duopol aus RTL und Springer sollte man in jedem Falle mit einer gewissen Skepsis sehen, zumal auch die öffent­lich-recht­lichen Sender trotz jähr­lichen Milli­arden­bud­gets bislang keinen konkur­renz­fähigen Nach­rich­ten­sender im Stil einer BBC World News auf die Beine stellen konnten. Das Bekenntnis von ProSiebenSat.1 wieder Nach­richten im eigenen Haus produ­zieren zu wollen, ist zwei­fels­ohne ein wich­tiger Schritt.

Klar ist aber auch: Der Meinungs­plu­ralismus wird sich nicht alleine durch deut­sche Medi­enkon­zerne stärken lassen. Es bräuchte hier­zulande glei­cher­maßen Invest­ments auslän­discher Unter­nehmen. Und dort richtet sich der Blick wieder zu Comcast, denn die Ameri­kaner haben mit Sky News in Groß­bri­tan­nien sowie Sky TG24 in Italien bewiesen, dass sie den Wett­bewerb im Nach­rich­ten­fern­sehen auch in Europa lang­fristig berei­chern können. Insbe­son­dere in Italien bildet Sky TG24 eine wich­tige Gegen­stimme zur domi­nie­renden öffent­lich-recht­lichen RAI sowie Berlus­conis Media-for-Europe-Konzern. Warum sollte eine vergleich­bare Entwick­lung also nicht auch bei der deut­schen Sky-Tochter möglich sein?

Comcast zieht bei NBC Sky World News den Stecker.

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