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Holpriger Start für das Handy-Fernsehen

Unterschiedliche Standards behindern den Durchbruch
Von dpa / Marie-Anne Winter

Große Sportereignisse haben schon so mancher neuen Technologie in der Unterhaltungselektronik zum Durchbruch verholfen. Die Olympischen Spiele 1964 in Tokio sowie die Fußball-WM 1966 in England etablierten das Fernsehen international als Massenmedium. Das Farbfernsehen setzte sich in Deutschland mit den Sommerspielen 1972 und der Fußball-WM 1974 bei den Verbrauchern durch. Das neue Handy-TV-Angebot zur WM 2006 in Deutschland konnte allerdings nur ein kleines Publikum ausprobieren.

Kunden des Stuttgarter Mobilfunk-Serviceproviders debitel sowie 200 Teilnehmer eines Pilotprojektes der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) in München schauten sich Ballack und Co. auf kleinen 2,2-Zoll-Farbdisplays an - und gaben dem neuen Service anschließend gute Noten. Trotz des Achtungserfolgs zur WM in Deutschland ist für das mobile TV ein schneller Durchbruch nicht sicher. "Handy-TV kommt - aber nicht gewaltig", meint Sven Hansen von der Fachzeitschrift c't.

Verwirrung bei den Kunden

Erschwert wird der Start des Handy-TV durch die Tatsache, dass sich die beteiligten Mobilfunk-Provider und Programmanbieter nicht auf einen einheitlichen Übertragungsstandard einigen konnten. Die großen Anbieter T-Mobile, Vodafone, E-Plus und o2 haben sich für die Norm DVB-H entschieden. debitel dagegen ging mit dem DMB-Standard an den Start, der auch beim bislang nur mäßig erfolgreichen Digitalradio DAB zum Einsatz kommt.

Zwar betonen debitel und der koreanische Handy-Hersteller Samsung, dass sie bei Bedarf leicht von DMB auf DVB-H umstellen könnten. Zur Sicherheit bei den Kunden trägt die Norm-Vielfalt aber nicht bei. Und da die Mobilfunk-Anbieter zusätzlich das bislang nur schwach ausgelastete UMTS-Datennetz für eine TV-Übertragung auf das Handy nutzen wollen, wird es selbst für die Technik-Freunde unter den Handybesitzern ziemlich kompliziert.

Die wenigen Handy-Hersteller, die bislang fernsehtaugliche Mobiltelefone entwickelt haben, fahren mehrgleisig: Samsung bringt mit dem SGH-P900 und P910 je ein DMB- und DVB-H-Gerät auf das Ausstellungsgelände unter dem Funkturm mit. Auch Konkurrent LG Electronics unterstützt beide Normen: Das V9000 kann DMB empfangen, das U900 läuft mit DVB-H. Nokia setzt mit dem N92 auf DVB-H. Außerdem unterstützen einige Nokia-Modelle auch das UMTS-TV. Die Finnen kommen jedoch nicht zur IFA nach Berlin.

Erfolg des Handy-Fernsehens hängt von den Kosten ab

Der Erfolg des Handy-Fernsehens wird auch von den Kosten abhängen, die für den Dienst anfallen. Im Gegensatz zu mobilen DVB-T-Empfängern, die ohne Zusatzkosten eine Vielzahl von digitalen TV-Programmen empfangen können, sollen die Kunden beim Handy-TV künftig zur Kasse gebeten werden. So verlangt T-Mobile für ein UMTS-Fußball-Paket zur Bundesliga 7,50 Euro im Monat pauschal.

Wie viele Handy-Besitzer sich solche Dienste leisten werden, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Bei einer Studie von TNS-Infratest sagten nur 15 Prozent der Befragten, dass sie sich für  Prinzip auch bereit, für Handy-TV zu zahlen. Die Autoren der Studie kamen aber zu dem Schluss, dass es noch dauern werde, bis Handy-TV nennenswerte Erlöse erwirtschaftet. Außerdem seien fast alle Handybesitzer nicht bereit, sich außerhalb der üblichen Zyklen ein neues Mobiltelefon zuzulegen.

Von den vier großen Mobilfunk-Providern sind T-Mobile und o2 auf der Funkausstellung in Berlin präsent. Sie werden vor allem das Streaming von TV-Signalen via UMTS vorführen, das wegen der geringeren Bandbreite qualitativ aber nicht mit den beiden Digital-TV-Standards DVB-H und DMB mithalten kann.

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