Verschlechtert

1&1: Versteckte Tarifverschlechterungen bei der All-Net-Flat

Maximal erlaubtes monatliches Telefonvolumen wurde um zwei Drittel reduziert
Von Marc Kessler

1&1-Logo 1&1: Beim Relaunch der All-Net-Flat
gab es Verschlechterungen im Detail
Logo: 1&1
Das Westerwälder Telekom­munikations­unternehmen 1&1 hat - wie berichtet - seinen im Vodafone-Netz realisierten Mobilfunk-Tarif All-Net-Flat Ende vergangenen Monats einem kleineren Relaunch unterzogen. Seit Ende März gibt es den Tarif nur noch als Version mit Sprach-Flatrate in alle Netze sowie mobiler Surf-Flatrate zum Monatspreis von 39,99 Euro inklusive subventioniertem Smartphone (Mindest­vertrags­laufzeit: 24 Monate). Der Tarif kann auch ohne Hardware abgeschlossen werden und kostet dann 39,99 Euro ohne Laufzeit (aber mit drei Monaten Kündigungsfrist) beziehungsweise 29,99 Euro im ersten und 39,99 Euro im zweiten Vertragsjahr bei Wahl einer 24-monatigen Mindest­vertrags­laufzeit. Bis dahin gab es die 1&1 All-Net-Flat auch als Variante mit 100 Frei-SMS in alle Netze statt der mobilen Internet-Flatrate.

1&1-Logo 1&1: Beim Relaunch der All-Net-Flat
gab es Verschlechterungen im Detail
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Anlässlich der Tarifüberarbeitung hat 1&1 das ungedrosselte Inklusiv-Volumen (HSDPA mit bis zu 7,2 MBit/s nutzbar) der integrierten Surf-Flatrate von 250 auf 500 MB verdoppelt. Gleichzeitig stieg aber auch der Preis für den Versand von Kurzmitteilungen: Statt 9,9 Cent fallen nun 19,9 Cent pro SMS an. Als Zubuchoption hat 1&1 zum Tarif-Relaunch auch eine so bezeichnete SMS-Flatrate (Laufzeit: ein Monat) eingeführt, die für 9,99 Euro pro Monat aktiviert werden kann.

Tarifverschlechterungen im Detail - versteckt in der Leistungsbeschreibung

teltarif.de bemerkte aufgrund eines konkreten Leserhinweises jedoch: 1&1 hat nicht nur diese offenkundigen Änderungen durchgeführt, sondern auch Tarifverschlechterungen im Detail umgesetzt. So finden sich in der seit 25. März gültigen "Leistungsbeschreibung für 1&1 Mobilfunk-Dienstleistungen" gleich zwei Pferdefüße: Bislang galt für die All-Net-Flat eine Grenze von 15 000 Gesprächsminuten im Monat - ab diesem Zeitpunkt behielt sich das Unternehmen aus Montabaur ein außerordentliches Kündigungsrecht vor. Nun wurde dieses Limit drastisch eingedampft und bietet mit höchstens geduldeten 5 000 Minuten pro Monat nur noch ein Drittel des bisherigen Maximalvolumens.

Pro Tag sind rechnerisch maximal 166 Gesprächsminuten erlaubt

1&1-Werbung Wer tatsächlich nie wieder auflegt,
wird von 1&1 wohl zwangsweise stillgelegt...
Screenshot: teltarif.de
Konkret heißt es in der Leistungsbeschreibung: "1&1 darf in der '1&1-All-Net-Flat' bei einer Nutzung von mehr als 5 000 Minuten für nationale Standardgespräche und bei den Tarifen FreePhone bei einer Nutzung von mehr als 5 000 Minuten für Gespräche zu allen 'FreePhone'- und 1&1-Mobilfunk-Anschlüssen im Abrechnungszeitraum das Vertragsverhältnis außerordentlich kündigen."

Im Klartext heißt das für Nutzer der so bezeichneten 1&1-Flatrate für Gespräche in alle Netze (Werbeslogan: "Nie wieder auflegen"), dass pro Tag rechnerisch maximal rund 166 Minuten - also gut zweidreiviertel Stunden - telefoniert werden darf.

Bei mehr als 33 SMS pro Tag droht die Kündigung

1&1-Werbung Auch den Werbeslogan von "unbegrenztem" SMS-Versand sollten 1&1-Kunden besser nicht wörtlich nehmen...
Screenshot: teltarif.de
Die zweite Problematik: Die für 9,99 Euro pro Monat buchbare SMS-Flatrate ist in Wahrheit nur eine Quasi-SMS-Flatrate - und das, obwohl das Unternehmen auf seiner Website plakativ mit dem Slogan "Unbegrenzt SMS in alle Mobilfunknetze versenden" wirbt. In der 1&1-Leistungsbeschreibung findet sich aber die klare Aussage: "1&1 geht weiterhin von einer missbräuchlichen Nutzung bei mehr als 1 000 SMS pro Monat in drei aufeinanderfolgenden Abrechnungszeiträumen aus. In diesem Fall behält sich 1&1 vor, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen." Wer also mehr als durchschnittlich 33 SMS pro Tag versendet, befindet sich bereits in der Gefahr, von 1&1 gekündigt zu werden.

Zum Vergleich: Selbst bei der Vodafone-eigenen Tochter o.tel.o beinhaltet die (Quasi-) SMS-Flatrate 1 500 Kurzmitteilungen pro Monat, beim kürzlich reaktivierten freenet-Discounter debitel light sind es sogar 50 000 SMS. Andere Anbieter wie die E-Plus-Marke BASE oder andere E-Plus-Discounter setzen - zumindest offiziell - gar kein Limit für ihre SMS-Flatrates.

1&1: Limits sind "reine Vorsichtsmaßnahmen"

"Die Maximalangabe der Gesprächsminuten über 5 000 Minuten und die 1 000 SMS beruhen jeweils auf Vermeidung von Missbrauch", schreibt uns 1&1-Pressesprecherin Ingrun Senft, nachdem wir eine Stellungnahme des Unternehmens zu der Angelegenheit angefordert hatten. "Zum Wohle aller Nutzer der All-Net-Flat", so Senft, werde "hiermit die missbräuchliche Nutzung Einzelner ausgeschlossen". Bei den Limit-Angaben handele es sich um "reine Vorsichtsmaßnahmen".

Wenn ein Kunde die gesetzten Limits überschreite, werde nach Angaben von Ingrun Senft seitens 1&1 "eine genaue Prüfung durchgeführt, das heißt, es wird genau geprüft, ob sich ein Missbrauchsverdacht erhärtet". Ein Missbrauch bestehe nach 1&1-Definition etwa dann, "wenn der Verbrauch nicht von einem normalen Endkunden erfolgt ist, sondern z.B. über eine maschinelle Nutzung in einer Telefonanlage / einem Vermittlungssystem in beispielsweise einem CallShop". Senft: "Das in der Leistungsbeschreibung aufgeführte Recht auf Kündigung durch 1&1 ist nur das theoretische finale Mittel, wenn tatsächlich Missbrauch vorliegen sollte."

Im Telefon-Gespräch mit unserer Redaktion verwies die 1&1-Sprecherin zudem darauf, dass die erwähnten Tarifverschlechterungen der 1&1 All-Net-Flat nur Neukunden beträfen, wogegen von der Erhöhung des ungedrosselten Inklusiv-Volumens bei der Handy-Internet-Flatrate auch Bestandskunden profitierten. Zudem, so Senft, müssten Besteller vor dem finalen Absenden des Bestellformulars stets die jeweils gültigen 1&1-AGB akzeptieren.

Der Kommentar von teltarif-Redakteur Marc Kessler
teltarif-Redakteur Marc Kessler Es ist bedauerlich, dass viele Anbieter relevante Tarifdetails noch immer in AGB, Leistungsbeschreibungen und anderen Dokumenten verstecken, die Interessenten erst mühsam auf der Website finden und in den oft umfangreichen Dateien anschließend nach etwaigen Pferdefüßen fahnden müssen.
Für mich gilt: Wenn ein Tarif nur eine bestimmte Inklusivleistung als Höchstgrenze erlaubt, möchte ich das als potenzieller Kunde vorab klar genannt bekommen - und nicht übersehen, weil es nur in irgendeiner Klausel eines mehr oder minder versteckten AGB-Dokuments zu finden ist.

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