Vodafone-Studie: Netzausbau belebt die Wirtschaft
Regelmäßig berichten wir über den (als "langsam" empfundenen) Netzausbau im Land. Manche Kostenrechner in der Branche finden wohl, dass das alles viel zu teuer sei und dafür kein Geld vorhanden sei und überhaupt bringe das doch gar nichts oder sei nicht notwendig.
Mitnichten, das hat eine Studie im Auftrag von Vodafone herausgefunden. Der Netzausbau sei in der Krise "ein wichtiger Stabilisator für die Wirtschaft" lautet die Überschrift. So wurden fast 1000 zusätzliche Patente in einem Jahr aufgrund verbesserter Netze angemeldet. Die Forscher fanden heraus, dass "kreisfreie Städte" vom Ausbau am stärksten profitierten und nennt die Stadt Jena in Thüringen.
Die Studie hat das renommierte Schweizer Institut "Prognos" durchgeführt, das schon 1959 an der Universität Basel gegründet wurde. Welche Effekte zeigt der Netzausbau auf die Wirtschaft & Innovationskraft?
Inflation, hohe Energiepreise, weniger Konsum - wie geht es weiter?
Die Forscher sprechen Klartext. Wird es auch umgesetzt?
Grafik: Vodafone
Die aktuelle Inflation, hohe Energiepreise und weniger Konsum bremsen die deutsche Wirtschaft, das ist nicht neu. Zwar ist das für die Wirtschaftsforscher wichtige Bruttoinlandsprodukt zwischen Juli und September überraschend noch schwach gewachsen - es legte um 0,3 Prozent zu.
Für den Winter erwarten Experten aber, dass die Wirtschaftsleistung schrumpft. Für eine Erholung brauche es Konstanten, die auch in der Krise einen positiven Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leisten können, schreiben die Forscher.
Konstanter Netzausbau
Und eine dieser Konstanten ist der Netzausbau, der weiter voranschreitet und schon in der Vergangenheit erhebliche Effekte auf die Wirtschaft gezeigt habe: Der Netzausbau leiste mit durchschnittlich mehr als 5 Milliarden Euro im Jahr einen fast doppelt so hohen Wachstumsbeitrag für das deutsche Bruttoinlandsprodukt wie der Maschinenbau.
Etwa 5 Prozent des jährlichen Wirtschaftswachstums im Beobachtungszeitraum seien auf den Netzausbau zurückzuführen. Das geht aus dem Innovationsindex 2022 hervor, den das Vodafone Institut in diesen Tagen veröffentlicht hat.
Nachgelagerte Effekte durch Netzausbau
Die unabhängige Studie der Schweizer Prognos AG hat sich mit dem Netzausbau in Deutschland intensiv beschäftigt. Sie beziffert die "nachgelagerten Effekte auf Arbeitskräfte, Ideen und wirtschaftlichen Erfolg" und zwar bundesweit und auch in bestimmten Regionen.
In den vergangenen Jahren hätten kleinere und mittlere Städte überdurchschnittlich stark vom Netzausbau profitiert, fanden die Forscher heraus. Die Bruttolöhne der Arbeitnehmer im ländlichen Raum beispielsweise stiegen in Folge des Netzausbaus durchschnittlich um 37 Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Der bundesweite Schnitt liegt bei einem Plus von 32 Euro.
Jena in Thüringen profitiert am meisten
Das Ergebnis: Beim Innovationsindex schaffen es besonders Städte und Landkreise aus Bayern in die Spitzengruppe. Den Platz ganz vorne sichert sich Thüringens 110.000-Einwohner-Stadt Jena.
Für Dr. Georg Klose, Leiter Digital Development bei Prognos, bringt diese Studie zusammen, was bislang nur vermutet werden konnte: „Schnelle Netze sind ein zentraler Baustein für einen erfolgreichen Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland“.
Christina Arens, die Leiterin des Vodafone Instituts, erklärt dazu: „Gerade in Zeiten der Instabilität, sind Konstanten, die zur Stabilisierung der Wirtschaft beitragen können, besonders wichtig. Der Netzausbau kann einen wichtigen Beitrag leisten. Der Innovationsindex zeigt, dass jedes zusätzliche Megabit pro Sekunde einen positiven Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leistet. Nicht nur in den Metropolen, sondern vor allem in den kleineren und mittelgroßen Städten.“
Positive Effekte auf wissenschaftliche Forschung
Neben der Wirtschaft profitiere auch die wissenschaftliche Forschung vom Fortschritt bei der Netzinfrastruktur: Über 1000 zusätzliche Publikationen und fast 1000 zusätzliche Patente im Technologiebereich jedes Jahr ließen sich im Beobachtungszeitraum auf die verbesserten digitalen Rahmenbedingungen zurückführen.
Der voranschreitende Netzausbau sei ein wichtiges Argument auch für Hochqualifizierte, Studierende und Fachkräfte im Bereich Forschung und Entwicklung. Rund 7100 zusätzliche Studenten im Jahr stünden in Zusammenhang mit dem Netzausbau in den Universitäts-Städten. Rund 16 Prozent des Studierenden-Zuwachses im Beobachtungszeitraum gingen damit mit dem Netzausbau einher.
Auswirkungen von zehn Megabit pro Sekunde und mehr
Neben den jährlichen Effekten vom Netzausbau haben die Experten von Prognos auch analysiert, wie stark die Effekte von jeweils zehn zusätzlichen Megabit pro Sekunde auf Wirtschafts- und Innovationskraft sind. So wurden im Beobachtungszeitraum je weiteren zehn Megabit pro Sekunde 4,6 Milliarden Euro zusätzliches Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet und 25.000 neue Gewerbe angemeldet, fanden die Forscher heraus.
Wie ging Prognos vor?
Der von Prognos durchgeführte Innovationsindex Deutschland basiert auf einem Zeit- und Regionenvergleich der deutschen Kreise und Städte zwischen 2010 und 2019. Hierbei werden Veränderungen in den Wirtschafts- und Innovationsindikatoren durch Veränderungen des Netzausbaugrades erklärt. Durch eine "ökonometrische Analyse" mit einem Paneldatensatz ergebe sich eine "robuste Schätzung" des durchschnittlichen Zusammenhangs zwischen Netzausbau und Wirtschafts- bzw. Innovationsindikator über alle Jahre und Kreise hinweg.
Zur Darstellung der Ergebnisse wurde eine Gruppierung der Kreise nach Größe und Profil des Netzausbaueffekts vorgenommen, woraufhin die Regionen in sieben verschiedene Gruppen (Cluster) mit unterschiedlicher Gesamteffektstärke eingeteilt wurden. Die durchschnittliche Effektstärke nimmt dabei von Cluster 1 (größter Effekt) bis Cluster 7 (geringster Effekt) ab. Den gesamten Report haben Vodafone und Progonos ins Netz gestellt.
Wer ist das "Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation"?
In der Öffentlichkeit wenig bemerkt, gibt das Vodafone-Institut seine Studien heraus
Grafik: Vodafone-Institut / Screenshot teltarif.de
In der breiten Öffentlichkeit dürfte das Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation kaum bekannt sein. Es hat sich die "digitale und grüne Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft" in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt.
Die Mitarbeiter betrachten Chancen, Nutzen und Herausforderungen der Digitalisierung und möchten gemeinsam mit unseren wissenschaftlichen Partnern Handlungsempfehlungen liefern, die einen "sozial verantwortlichen und ökologisch nachhaltigen Wandel" ermöglichen sollen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Man kann nur hoffen, dass Vodafone Group Chef Nick Read diese Studie gelesen und wirklich verstanden hat. Gerade Vodafone hat beispielsweise in Deutschland in puncto Netzausbau Nachholbedarf, das notwendige Geld wurde in der Vergangenheit viel zulange für Rendite "geopfert".
Neben dem besseren Netzausbau, der nicht nur aus neuen Sendern, sondern auch aus schnelleren und stabileren Verbindungsleitungen ("Backbones") bestehen muss, ist bei Vodafone auch eine Verbesserung des Kundenservices am Telefon oder in den Shops erforderlich.
Tritt beim Kunden eine unvorhergesehene Störung auf, dann sollten Hotline-Mitarbeiter grundsätzlich auch klare Aussagen machen und die Entstörung voranbringen. Sonst kann es für den Kunden unter Umständen zur Tortur werden. Ein Wettbewerb darf nicht nur beim Preis, sondern muss auch bei Netzqualität und Kundenservice - dem "Kundenerlebnis" - erfolgen.
In einer weiteren Meldung geht es um Lauterbach: Vodafone-Kunden nach Brand 3 Wochen offline.