Anonym

Chat per QR-Code: Neuer Messaging-Dienst TIGGID ausprobiert

QR-Code kann auf Papier ausgedruckt und anonym verteilt werden
Von Kaj-Sören Mossdorf

Nach dem Scannen des QR-Codes öffnet sich diese Internetseite Internetseite, die sich nach dem QR-Scan öffnet
Screenshot: teltarif.de
Netzunabhängige Messenger wie Whatsapp oder Blackberrys BBM sind sehr erfolgreich. Immer mehr Menschen nutzen sie. Die Netzbetreiber setzen auf ihren eigenen Konkurrenten Joyn. Doch alle diese Messenger haben eines gemein: Man braucht für Identifizierung und Anmeldung eine Rufnummer, einen Nutzernamen oder eine E-Mail-Adresse.

Das will das Düsseldorfer Start-Up TIGGID [Link entfernt] nun ändern. Hier kommt ein Chat mit Hilfe von gescannten QR-Codes zustande. Auf der Internetseite des Dienstes kann der Nutzer sich ein Set von insgesamt zehn TIGGIDs ausdrucken, ausschneiden und mitnehmen. Auf der ausgedruckten Seite finden sich nun fünf TIGGID-Paare, die in der Mitte getrennt werden können.

Nach dem Scannen des QR-Codes öffnet sich diese Internetseite Internetseite, die sich nach dem QR-Scan öffnet
Screenshot: teltarif.de
Die Idee: Trifft der Nutzer auf der Straße, in der Bahn oder abends in einer Bar auf jemanden, der ihn oder sie interessiert, kann er ein TIGGID abreißen und verteilen. Die andere Hälfte behält er dann für sich. Wird der QR-Code auf dem gerade erhaltenen bzw. vergebenen TIGGID gescannt, öffnet sich der Browser des Smartphones. Kann der Nutzer keine QR-Codes scannen, gibt es eine Kurz-URL, die abgetippt werden kann und zum gleichen Ziel führt.

Die Internetseite, auf die der Nutzer weiter geleitet wird, zeigt nun eine Standardnachricht, die den Dienst kurz erklärt und darauf hinweist, dass sich im nächsten Schritt ein Chat-Fenster öffnet. Innerhalb dieses Fensters kann nun ein Gespräch gestartet werden. Laut den AGB des Dienstes ist die Nutzung zwar anonym, jedoch wird die IP-Adresse gespeichert. Des Weiteren heißt es, dass "öffentlichen Institutionen Zugriff auf Inhalte" eingeräumt werden würde, sollte der Dienst dazu verpflichtet sein.

Im Chat-Fenster selbst können dann beispielsweise Nutzer gemeldet werden, die gegen die Netiquette verstoßen, Konversationen per E-Mail versandt oder gelöscht werden. Zu Letzterem findet sich in den AGB der Hinweis, dass das Gespräch offline genommen wird und nicht mehr zugänglich ist. Ob der Inhalt aber trotzdem auf den Servern des Start-Ups bleibt, beispielsweise aus rechtlichen Gründen, ist den AGB nicht zu entnehmen.

Die Frage nach der Seriosität

Es stellt sich tatsächlich die Frage, ob es dem Dienst gelingt, seine Seriosität zu wahren. Anonyme Interaktion mag ihre Vorteile haben, doch es öffnet auch Tür und Tor für persönliche Angriffe, Beleidigungen oder andere missbräuchliche Nutzungen. Immerhin: Es ist keiner verpflichtet, das Chat-Fenster zu öffnen und Konversationen können gelöscht werden. Ob es etwas bringt, dass Nutzer gemeldet werden können, ist fraglich. Schließlich können die TIGGIDs in theoretisch unbegrenzter Masse ausgedruckt werden. Bleibt die Frage der Finanzierung. Der Dienst ist kostenfrei - doch das lässt sich nicht auf Dauer durchhalten. Denkbar wäre stattdessen zum Beispiel der Verkauf von Werbeflächen auf den TIGGID-Ausdrucken oder aber auf den Internetseiten des Dienstes.

Ob der Dienst sich durchsetzt bleibt abzuwarten. Die Idee, etwas physisches weiterzureichen, um dann einen anonymen Chat zu starten, hat in einer Welt, in der grundsätzlich auf das Smartphone gestarrt wird, Potenzial. Probleme dürften dem Dienst aber missbräuchliche Nutzung und ein dauerhaft tragfähiges Finanzierungskonzept machen. Letztlich: Wer den Mut hat, ein Schnipsel Papier zu überreichen, der kann auch gleich nach dem Namen (oder der Handynummer) fragen.

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