Vectoring-Ausbau

Wettbewerber werfen Telekom vor, "massiv zu lügen und betrügen"

Geschütze im VDSL-Vectoring-Streit werden schwerer
Von Thorsten Neuhetzki

Die Telekom streut Informationen zum VDSL-Vectoring-Ausbau Die Telekom streut Informationen zum VDSL-Vectoring-Ausbau
Foto: teltarif.de
Seit September hält ein Thema die Tele­kommunikations-Branche auf Trab: Der geplante Breitband­ausbau der Telekom. Unter dem Stichwort VDSL Vectoring will die Deutsche Telekom ihr VDSL-Netz ausbauen und schneller machen. Für die Wett­bewerber bedeutet das jedoch - vereinfacht gesagt -, dass sie in bestimmten Regionen Deut­schlands kein eigenes Netz mehr aufbauen können, sondern auf die Vorleistungen der Telekom angewiesen sind. Da es bei dem Vorhaben um eine Investitions­summe von sechs Milliarden Euro und die Zukunft des Festnetz-Breitband­marktes in Deutschland geht, ist die Bedeutung entsprechend groß. Nun geht die (öffentliche) Diskussion in die nächste Runde. Grund ist ein Positions­papier der Deutschen Telekom.

In diesem Papier stellt die Telekom auf drei DIN-A4-Seiten aus ihrer Sicht die Pläne zu Vectoring dar, vergleicht das Vorhaben mit anderen europäischen Ländern und enttarnt nach eigenen Angaben vermeintliche Fakten der Wettbewerber, wirft ihren Mitbewerbern Polemik und eine Scheindebatte vor. Die Reaktion der Wett­bewerber: Sie werfen der Telekom vor, "massiv zu lügen und zu betrügen". Die gegenseitigen Vorwürfe und die Geschütze werden größer.

Positionspapier der Telekom zu Vectoring

Die Telekom streut Informationen zum VDSL-Vectoring-Ausbau Die Telekom streut Informationen zum VDSL-Vectoring-Ausbau
Foto: teltarif.de
In ihrem Positionspapier fasst die Telekom einen von ihr kurz vor Weihnachten gestellten Antrag zu VDSL bei der Bundesnetzagentur zusammen. Der Antrag stelle klar, dass die Kvz-TAL (Kabel­verzwei­ger-Tei­lnehmer­anschluss­leitung) weiterhin zur Verfügung stehe und die Mitbewerber somit dort, wo die Telekom keinen Vectoring-Ausbau plant, weiter die letzte Meile vom Kabelverzweiger zum Kunden nutzen könne. Auch soll es einen Bestandsschutz für ausgebaute Kabel­verzweiger geben, so dass die Investitionen der Mitbewerber nicht entwertet werden. Allerdings müssen auch sie dann Vectoring einsetzen. In diesem Zusammenhang verwendet die Telekom allerdings die Formulierung "können ausbauen". Im Antrag hingegen heißt es, dass die Mitbewerber binnen eines Jahres ausbauen müssen, so ihnen der Zugang andernfalls gekündigt werde.

In einer Art Faktencheck will die Telekom in ihrem Positionspapier zudem einzelne Punkte Wettbewerberverbände zusammenfassen. Es gehe den Wettbewerbern um die Absicherung eigener regionaler Monopole und den Schutz vor Infrastrukturwettbewerb in ihren Ausbaugebieten, ist dort zu lesen. Dem widerspricht der Breko, einer der Wettbewerbsverbände, in einer Pressemitteilung. Im Gegensatz zur Telekom hätten die Wettbewerber in der jüngsten Vergangenheit den Breitbandausbau nennenswert vorangetrieben. Insbesondere sei das der Fall in Regionen, wo die Telekom aus wirtschaftlichen Gründen nicht ausgebaut habe.

Telekom wirft Wettbewerbern Rosinenpickerei vor

Umgekehrt wirft die Telekom ihren Wettbewerbern vor, die Telekom taktisch zu behindern. Sie würden sich darauf konzentrieren, "lukrative Kvz in einer Ortschaft zu erschließen, zu Lasten eines flächendeckenden Ausbaus des Ortsnetzes." Bei einem Windhundrennen sieht die Telekom die Gefahr, dass Unternehmen lediglich wenige finanziell lukrative Kvz im Ortskern und in Gewerbegebieten erschließen. "Für jeden weiteren Netzbetreiber wäre der Ausbau umliegender Wohngebiete kaum wirtschaftlich", so die Telekom. Der Glasfaserausbau sei immer eine Mischkalkulation aus attraktiven innerörtlichen Gebieten und Randgebieten.

Der Wettbewerb hingegen widerspricht dem wenig überraschend. Man behindere die Telekom in keiner Weise, da diese sich "ohnehin hauptsächlich auf Ballungszentren konzentriert". Der parallele Ausbau liege bei 0,2 Prozent, die beantragte Änderung würde der Telekom jedoch ein Infrastrukturmonopol zurück übertragen mit dem Effekt, dass die Wettbewerber der Telekom weichen müssten. Zudem erfolge ein Ausbau oft in Abstimmung mit den Kommunen und dann primär in schlecht versorgten Außenbezirken, während die Telekom sich bisher vorwiegend in den Zentren der Großstädten bewege. Man betreibe keinen Rosinenpickerei, so der Breko.

Streit um Potential von VDSL Vectoring

Die Telekom wirft ihren Mitbewerbern ferner vor, dass die Auswertungen zum Ausbau der Kabelverzweiger falsch sei. Der Ex-Monopolist habe aktuell fast 45 000 Kabelverzweiger mit Glasfaser erschlossen, die Wettbewerber nur 8 500, die nach Telekom-Angaben nicht nur im ländlichen Raum sondern auch in Städten wie Kiel, Osnabrück, Wolfsburg oder Würzburg stünden. Auch werde vom Breko das Potential von Vectoring "kleingeredet". Nach Angaben vom Breko können nur 9 Millionen Haushalte mit Vectoring versorgt werden. "Dies ist falsch", heißt es von der Telekom. "Mit VDSL werden [...] 50 MBit/s nur in einem Radius von bis zu 200 Metern um den Kvz erreicht, bei Vectoring erhöht sich der Radius auf 550 Meter. Damit steigt die Anzahl der Haushalte drastisch, die mit 50 MBit/s gesichert versorgt werden können." So wären mit einem bundesweiten VDSL-Ausbau nur 1,8 Millionen Haushalte erreichbar, mit Vectoring stiege diese Zahl jedoch auf 30 Millionen.

In einer Stellungnahme des Lokalanbieters Eifel-net heißt es dazu: "Die Telekom versucht die vom Breko erstmals in einer politischen Diskussion derart konkret immer wieder genannten Ausbauzahlen der Telekom und der alternativen Anbieter als unwahr darzustellen und die technischen Möglichkeiten bezüglich möglicher Bandbreiten extrem 'schön zu reden'." Dabei vergesse die Telekom, dass alle Zahlen, die der Breko verwendet, ausschließlich auf offiziellen Daten der Telekom, die diese der Bundesnetzagentur und den alternativen Carriern zu Verfügung stellen muss, basieren würden.

Eifel-net: "Telekom lügt und betrügt"

Eifel-net ist es auch, die in ihrer Stellungnahme derart direkt werden, wie es in vergleichbaren öffentlichen Diskussionen ausgesprochen selten ist. Wörtlich heißt es in einer E-Mail des Anbieters: "Offensichtlich sieht die Telekom die zur Recht große Gefahr, dass Ihre Anträge auf Änderung der Regulierungsverfügung nicht im gewünschten Umfang seitens der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Damit würde das Ziel der Telekom, den vollständigen oder zumindest größten Teil des Infrastrukturausbaus zu stoppen, nicht erreicht werden. Die Telekom versucht daher in einer für uns in einem bisher nicht gekannten Umfang die Tatsachen derart falsch darzustellen und aus unserer Sicht massiv zu lügen und zu betrügen."

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